Polyester stinkt, Leinen ist vorteilhaft: Welche Kleidung c/o Hitze ratsam ist
Wie Sie vermutlich bemerkt haben: Es ist verdammt heiß. Nicht nur in Westeuropa. Eine Hitzewelle hat auch weite Teile des Ostens der Vereinigten Staaten erfasst, und die britische Gesundheitsbehörde hat gerade eine Hitzewarnung für weite Teile Englands herausgegeben.
Das wirft so einige Fragen auf. Was bedeutet dies für die Zukunft unseres Planeten? Wie können wir den Klimawandel am besten bekämpfen? Und außerdem: Was zieht man an, wenn es draußen brütend heiß ist?
„Genau diese Frage kommt ständig auf“, sagt Sophie Strauss, eine selbsternannte „Stylistin für normale Menschen“ in Los Angeles. „Jeder hat Probleme damit, sich anzuziehen, wenn es draußen heiß ist.“
Im Allgemeinen sind zwei der größten Probleme beim Anziehen bei warmem Wetter a) die Maximierung des Komforts und b) das Abdecken von Schweiß, damit man nicht wie ein wandelnder Haufen triefnasser Wäsche aussieht.
Darum haben wir Expert:innen um Rat gefragt.
Chambray und Leinen: Tragen Sie bei Hitze leichte Naturfaser
Wenn Sie sich für wärmeres Wetter kleiden, sollten Sie die Kleidung aus Ihrem Kleiderschrank ziehen, die Wärme und Feuchtigkeit vom Körper ableitet. Im Allgemeinen empfehlen Experten, Baumwolle und Leinen zu tragen. Sie gehören zu den Naturfasern. Abgesehen davon sind Passform und Form vor allem aber eine Frage der persönlichen Vorliebe. „Die meisten Menschen mögen es lieber etwas lockerer und fließender“, sagt Strauss.
Leinen sind „einer der coolsten Stoffe für den Sommer“, so Dr. Saetbyul Park, Assistenzprofessor für Bekleidungs- und Textildesign an der Michigan State University. Sie sind atmungsaktiv und absorbieren die Feuchtigkeit. Außerdem sind sie leicht und zugleich fest, so dass sie nicht an der Haut kleben bleiben, erklärt Park.
Park empfiehlt zudem Baumwolle, weil sie „saugfähig, atmungsaktiv, pflegeleicht und langlebig ist“. Aber Baumwolle hat auch ihre Nachteile. „Sie kann Feuchtigkeit absorbieren und schwer werden, wenn man stark schwitzt“, sagt Park. Obendrein können schwerere Baumwollstoffe, wie Jeans, die Wärme stauen. Sie empfiehlt stattdessen einen Chambray-Stoff, der ähnlich wie Denim aussieht, aber viel leichter ist.
Seide ist zwar eine Naturfaser, die man aber lieber meidet. „Seidenfasern sind ziemlich isolierend“, sagt Strauss. „Wenn ein großer Teil des Körpers mit Seide bedeckt ist, beginnt man zu glühen.“
Polyester: Synthetik stinkt
Synthetische Stoffe, wie Polyester, Nylon oder Acryl, sind eher eine gemischte Sache. Materialien wie Polyester und Nylon haben feuchtigkeitsabweisende Eigenschaften, d. h. sie nehmen den Schweiß am Körper auf und leiten ihn von der Haut weg. Jedoch können sie bei extremer Hitze weniger komfortabel sein, so Park. In der Regel sind sie enger gewebt, weniger atmungsaktiv und neigen dazu, die Wärme am Körper einzuschließen.
Dies kann die Fähigkeit des Körpers, seine Temperatur zu regulieren, beeinträchtigen und manchmal sogar zu einem Hitzeausschlag führen, sagt Dr. Doris Day, eine zertifizierte Dermatologin und außerordentliche Professorin für Dermatologie am New York University Langone Medical Center.
Polyester kann außerdem stinken, sagt Strauss. In einer Studie aus dem Jahr 2014 wurde festgestellt, dass Polyester geruchsverursachende Bakterien anzieht und deutlich strenger nach saurem Schweiß riecht, im Gegensatz zu Baumwolle.
Ein weiterer Grund, solche Stoffe zu vermeiden, sind die Auswirkungen auf die Umwelt. Ein exklusiver Bericht des Guardian enthüllte, dass im Jahr 2020 4.000 Tonnen Mikrofasern aus synthetischer Kleidung in die natürliche Umwelt Kaliforniens gelangt waren. Während synthetische Stoffe in Sportkleidung leicht zu erkennen sind, sagt Strauss, sind diese in anderen Kleidungsstücken weiter verbreitet, als man vielleicht vermutet. „Den Leuten ist gar nicht bewusst, wie viel Kleidung heutzutage aus Polyester oder einem Polygemisch besteht“, sagt sie.
Wenn Sie in Ihrer Kleidung schwitzen, sollten Sie sie laut Day bald darauf wechseln. Wenn man sie zu lange an behält, sagt sie, „kann das einen Hitzeausschlag, Akne oder Pilz-Akne-Ausbrüche verursachen“ – eine Infektion der Haarfollikel, die kleine, rote, juckende Beulen auf der Haut verursacht.
Hoher Kontrast: Farbe Grau macht Schweiß deutlich sichtbar
Wenn es darum geht, Schweiß zu verbergen, sind einige Farben nachsichtiger als andere. „Ihr ärgster Feind ist ein erdiges Grau“, sagt Strauss. Da es schwarze Untertöne hat, wird es dunkel, sobald es nass wird. Der Kontrast zwischen der trockenen und der nassen Farbe ist enorm.
Im Allgemeinen, sagt sie, verbergen dunklere Farben, die nicht auf Grau basieren, wie Marineblau oder Dunkelgrün, Schweiß besser, weil der Kontrast nicht so gravierend ist.
Dunkle Farben allerdings absorbieren die Wärme mehr als hellere, sodass man sich schneller aufheizt. Allerdings bieten dunklere Farben mehr Sonnenschutz: Ein schwarzes T-Shirt wird Ihre Haut vor deutlich mehr schädlichen Sonnenstrahlen schützen als ein weißes.
Zudem könne ein großes Muster die Schweißflecken besser verbergen als eine einzelne Farbe, sagt Strass. „Wie eine wild gemusterte Tischdecke verdeckt es einfach mehr Sünden.“
Botox kann gefährlich sein: Schwitzen ist gesund
Vor ein paar Jahren besuchte ich ein Musikfestival in Austin, Texas, einer Stadt, in der regelmäßig die gleichen Temperaturen wüten wie auf der Oberfläche der Sonne. Ich trug einen lockeren, roten Leinenoverall, in dem ich wie ein erwachsenes Baby aussah, der mich aber kühl halten sollte. Nach einer Stunde färbte der Jumpsuit sich bereits in ein tiefes Burgunderrot, der Schweiß sammelte sich an meinem Bauch und ich sah aus wie Teletubby.
Aber so sehr wir uns auch danach sehnen, unansehnliche Schweißflecken zu vermeiden, sind sie doch ein Zeichen dafür, dass unser Körper genau das tut, was er tun soll. „Schwitzen ist ein gesunder Prozess und sollte nicht völlig eliminiert werden“, sagt Day.
Sie weist darauf hin, dass immer mehr Menschen Neuromodulatoren wie Botox verwenden, um das Schwitzen zu verhindern. Dies kann jedoch gefährlich sein, wenn es den Körper daran hindert, seine Temperatur wie erforderlich auszugleichen. Stattdessen, so Day, sollte man versuchen, sich auf andere Weise abzukühlen, etwa durch eine kühle Dusche.
Und meiden Sie Musikfestivals bei 40 Grad.