Politik, Ökonomen, Industrie und Aktienmärkte reagieren hinaus Trumps Zollpläne
Wirtschaftsminister Robert Habeck warnt vor den Folgen höherer US-Zölle auf ausländische Waren. Am Ende würden alle verlieren, auch die USA, sagte der Grünen-Politiker auf einer Industriekonferenz in Berlin. Der designierte US-Präsident Donald Trump hatte zuvor zusätzliche Zölle auf Waren aus Mexiko und Kanada sowie zusätzliche Zölle auf Waren aus China angekündigt.
Habeck sagte, er kenne nur die Aussagen Trumps aus dem Wahlkampf und werde nicht spekulieren, wie es weitergehe. „Wobei natürlich die Entscheidungen der letzten Nacht möglicherweise einen Hinweis geben, dass das alles sehr ernst gemeint ist.“ Die EU müsse darauf geschlossen reagieren, „sich nicht zerlegen in zwei oder drei Länderblöcke, sondern als Europa gemeinsam sprechen“, sagte Habeck.
Trump hat schon mit höheren Zöllen für Importe gedroht – auch aus Europa. Das könnte die exportstarke deutsche Wirtschaft schwer treffen. „Wir sind stärker, wenn wir kooperieren, und wir schwächen uns, wenn wir konkurrieren, beziehungsweise so konkurrieren, dass wir jeweils die ökonomische Substanz der anderen Länder schwächen“, sagte Habeck.
„Weckruf auch nach Brüssel“
Auch Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, erwartet, dass Europa bald in die Zollpläne eingeschlossen wird: „Trumps Pläne zu neuen Zöllen haben heute Nacht Nordamerika, Kanada, Mexiko getroffen, haben China getroffen“, sagte Russwurm. „Wir können im Prinzip darauf warten, bis die EU, bis Deutschland auf der Liste erscheinen. Das würde uns massiv schaden.“
Es werde allerdings auch, davon sei er fest überzeugt, der US-Wirtschaft massiv schaden. Die Pläne Trumps würden den Wettbewerbsdruck auf Deutschland und Europa zusätzlich erhöhen. „Deswegen muss dieser Weckruf auch nach Brüssel gehen, auch an die EU“, sagte Russwurm.
Neuer Handelskrieg?
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell fürchtet einen Handelskrieg. Wenn jeder Zölle gegen jeden erhebe, werde dies Reaktionen hervorrufen, warnte Borrell am Rande eines Treffens der Außenminister sieben führender Industrienationen (G7) im italienischen Fiuggi. „Wir sind bereit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen“, sagte er.
Borrell, der der scheidenden EU-Kommission angehört, erinnerte daran, dass er ab Montag nicht mehr im Amt sein wird. Er könne nicht für die künftige EU-Kommission sprechen. Aber wenn Trump einen neuen Handelskrieg beginnen wolle, werde das allen Schwierigkeiten bereiten, angefangen mit den Amerikanern selbst.
Ökonomen warnen nach den Zolldrohungen des designierten US-Präsidenten ebenso vor einem Handelskrieg mit erheblichen Folgen für Deutschland. „Trump zeigt, dass er es ernst meint und bei seiner handelspolitischen Agenda auf Verbündete keine Rücksicht nimmt“, sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick, am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. „Europa muss sich auf einen Handelskonflikt vorbereiten und darf sich nicht auseinanderdividieren lassen.“
Deutsche Exporte könnten um 15 Prozent fallen
Trump will die Nachbarn Kanada und Mexiko mit einem Zoll von 25 Prozent auf alle Produkte belegen. Für Waren aus China soll der aktuelle Zollsatz um zusätzlich zehn Prozent erhöht werden. Sollten zehnprozentige Zölle auch auf europäische Güter erhoben werden, dann dürften die deutsche Exporte in die USA mittelfristig um 15 Prozent fallen, sagte IfW-Präsident Schularick. Die Vereinigten Staaten sind der mit Abstand größte Abnehmer von Waren „Made in Germany“: 2023 wurden Güter im Wert von 157,9 Milliarden Euro dorthin geliefert, was 9,9 Prozent der deutschen Exporte entspricht.
„Sollte es zu amerikanischen Zöllen auf EU-Produkte kommen, wird die deutsche Wirtschaft leiden“, sagte daher ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. „Jeder noch so kleine Zollanstieg sollte reichen, um aus der aktuellen Stagnation der deutschen Wirtschaft eine Rezession zu machen.“ Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, auch die EU-Importe mit höheren Zöllen zu belegen. Trumps Zollhammer sei aber erst einmal mit Vorsicht zu genießen, fügte Brzeski hinzu. Dessen Nominierungen für das Handels- und Finanzministerium würden signalisierten, dass seine Minister eher gemäßigt seien und keinen aggressiven Handelskrieg vom Zaun brechen wollten.
„Die USA sind für viele europäische Länder der wichtigste Handelspartner, das machen Strafzölle hierzulande besonders heikel“, warnte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. „Die angeschlagene europäische Industrie muss sich also noch wärmer anziehen.“
Anleger an den Aktienmärkten befürchteten am Dienstag ebenso erhebliche Schäden durch die US-Zölle. Aktien deutscher Fahrzeughersteller standen am Dienstagvormittag unter Druck.
Mit den Zöllen würden „die Marktteilnehmer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt“, schrieb Finanzmarktexperte Andreas Lipkow. Noch am Montag hatte die Nominierung des als vergleichsweise gemäßigt wahrgenommenen Hedgefonds-Managers Scott Bessent zum US-Finanzminister für Erleichterung gesorgt – an den Börsen und vor allem in der Autobranche.
Auto-Aktien leiden in ganz Europa
Der Autokonzern Volkswagen (VW) und seine Sportwagentochter Porsche AG zählten am Dienstag mit Kursabschlägen von 2,3 beziehungsweise 2,9 Prozent zu den größten Dax-Verlierern. Auch für BMW und Mercedes-Benz ging es klar bergab. Der Lkw-Bauer Daimler Truck verbuchte einen Kursverlust von 3,5 Prozent, während die Aktien der VW-Nutzfahrzeugholding Traton im M-Dax 2,4 Prozent einbüßten.
In Europa sah es kaum besser aus, obwohl die anderen europäischen Hersteller weniger abhängig von den Vereinigten Staaten als Exportmarkt sind. Der zuletzt erholte Automobilsektorindex rutschte mit minus 1,9 Prozent ans Ende des Branchentableaus. Auch im bisherigen Jahresverlauf ist er mit einem Rückgang um 16,5 Prozent der größte Verlierer. Im französischen Cac 40 führte Stellantis mit minus 4,6 Prozent am Dienstag die Verliererliste an, während sich Renault mit einem Kursrückgang um 0,9 Prozent besser hielt.
Zölle treffen Produktion in Mexiko
„Gerade die Zölle gegen Mexiko würden auch die deutsche Automobilindustrie treffen“, kommentierte Thomas Altmann, Leiter des Portfoliomanagements beim Vermögensverwalter QC Partners. „Denn hier wird häufig in Mexiko produziert, um die fertigen Fahrzeuge anschließend in die USA zu verkaufen.“
Dein Einfluss der Pläne auf den Gesamtmarkt hält Altmann zwar für begrenzt, da die Märkte einen solchen Schritt schon erwartet und eingepreist hätten. Nach Trumps Wahlsieg hätten sich die Aktienindizes der Länder mit einem hohen US-Exportanteil schon am schlechtesten entwickelt. Entwarnung geben wollte der Experte indes nicht: „Sollte es, insbesondere zwischen den USA und China, zu einem regelrechten Handelskrieg kommen, dann könnte das empfindliche Folgen für die Börsen weltweit haben.“
Aufkündigung des Freihandels
„Donald Trump schockt die Nachbarn“, überschrieb Investmentanalyst Frank Klumpp von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) einen Kommentar. Die angekündigten zusätzlichen Zölle von 10 Prozent auf chinesische Waren erschienen „angesichts der im Wahlkampf kolportierten 60 Prozent zwar überschaubar“. Doch das harsche Vorgehen gegen Mexiko und Kanada überrasche und bedeute faktisch eine Aufkündigung des Freihandelsabkommen mit den beiden Nachbarländern, das Trump in seiner ersten Amtszeit unterzeichnet habe.
Ein Sprecher der chinesischen Botschaft in Washington warnte als Reaktion auf Trumps Ankündigung vor den Folgen eines Handelskonflikts. „Niemand wird einen Handelskrieg oder einen Zollkrieg gewinnen“, schrieb Liu Pengyu auf der Plattform X. Die Wirtschafts- und Handelskooperation zwischen China und den USA sei für beide Seiten von Vorteil. Die kanadische Regierung betonte in einer auf X verbreiteten Stellungnahme die enge Verflechtung der beiden Volkswirtschaften. Es handle sich um eine „ausgewogene und für beide Seiten vorteilhafte Beziehung“.