Polen und Bulgarien klagen über zu viel Getreide aus der Ukraine – Gefahr für den eigenen Markt

Protestierende Landwirte in Bulgarien: »Wir sind hier, weil Brüssel unsere Stimme nicht hört«
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Polen verlangt eine deutliche Verringerung der Einfuhr ukrainischen Getreides. »Wir fordern den Einsatz aller ordnungspolitischen Instrumente – Quoten, Zölle –, die die Einfuhr ukrainischen Getreides nach Polen begrenzen oder blockieren«, sagte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki an die Adresse der Europäischen Union gerichtet. Die Importe aus der Ukraine würden den polnischen Getreidemarkt destabilisieren.
Eigentlich fördert der Westen gerade im Zuge der russischen Invasion ukrainische Getreideexporte, die zu den wichtigen Einnahmequellen des Landes gehören. Die Ukraine ist einer der weltweit größten Getreideexporteure.
Bulgarische Landwirte protestieren
In Bulgarien begannen unterdessen Hunderte von Landwirten am Mittwoch mit einer dreitägigen Blockade der wichtigsten Kontrollpunkte an der Grenze zu Rumänien, um gegen die zollfreie Einfuhr von ukrainischem Getreide zu protestieren. Die Landwirte gaben demnach an, dass etwa 40 Prozent ihrer Ernte aus dem vergangenen Jahr angesichts des riesigen Angebots unverkauft geblieben seien. Nur wenige Monate vor Beginn der kommenden Ernte gebe es keinen Lagerraum. »Wir sind hier, weil Brüssel unsere Stimme nicht hört«, sagte ein Vertreter des südbulgarischen Thrakischen Verbands der Getreideproduzenten.
Die bulgarischen Getreideproduzenten fordern seit Wochen, dass die viel preisgünstigeren Importe von Agrarerzeugnissen aus der Ukraine – etwa von Weizen und Sonnenblumenkernen – eingestellt werden. Allein die Verluste durch nicht abgesetzte Sonnenblumenkerne beliefen sich den Angaben der Erzeuger zufolge auf umgerechnet gut 400 Millionen Euro.
Agrarminister Jawor Getschew sagte, Bulgarien werde von der EU Hilfsmaßnahmen fordern. Die Getreideerzeuger wollten am Donnerstag mit Staatschef Rumen Radew zusammentreffen. Den aktuellen Protesten der Getreideproduzenten schlossen sich jetzt auch Obstbauern und Schafzüchter an. Die Aktionen sollen in den nächsten Tagen weitergehen.
Getreideabkommen jüngst verlängert
Erst vor wenigen Tagen hatten Russland und die Ukraine unter türkischer Vermittlung ihr Getreideabkommen verlängert. Es sieht vor, dass die Ukraine trotz des Krieges durch Korridore im teilweise von der russischen Flotte kontrollierten Schwarzen Meer Getreide verschiffen kann. Große Mengen des Agrarproduktes kann die Ukraine nur über den Seeweg exportieren.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung dieser Meldung hieß es, in Rumänien rege sich Protest gegen ukrainisches Getreide. Tatsächlich protestieren Landwirte in Bulgarien.