Pistorius spricht von 48 zugesagten Leopard-2-Panzern für die Ukraine
Die EU- und Nato-Staaten haben der Ukraine nach Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius bisher 48 Leopard-2-Panzer fest zugesagt. Dies betreffe ein Bataillon von Leopard-2-A4-Kampfpanzer sowie 17 modernere Leopard-2-A6-Panzer aus Deutschland (14) und Portugal (3), sagte er nach dem Treffen der Verteidigungsminister der Nato-Länder in Brüssel. Die Niederlande könnten zwar keine Panzer liefern, wollten aber 20.000 Schuss Munition für die A4-Panzer bereitstellen. Ein ukrainisches Bataillon besteht aus 31 Panzern.
Pistorius mahnte, den Blick nicht zu sehr nur auf die Stückzahl zu lenken, sondern auch darauf zu achten, dass ausreichend Munition und Ersatzteile geliefert werden können. Die deutschen Panzer würden bis Ende März geliefert, andere dann bis Ende April. Er werde am Freitag auch mit Industrievertretern etwa über die Wartung reden.
Pistorius verwies darauf, dass die Ukraine auch mit mehr als 120 Leopard-1-Panzern rechnen könne. Der Verteidigungsminister hatte sich am Dienstag unzufrieden damit gezeigt, dass EU- und Nato-Staaten zu wenige Panzer für die Ukraine zusagen.
Strengeres Nato-Ziel für Verteidigungsausgaben
Pistorius sprach sich zudem für ein deutlich schärferes Nato-Ziel für Verteidigungsausgaben aus – unterstützt von Kanzler Olaf Scholz. Er teile die Einschätzung von Bündnispartnern, dass Ausgaben von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) künftig die Untergrenze sein sollten, sagte der SPD-Politiker in Brüssel.
Dies sei seine Position, die des Kanzlers und die des SPD-Parteivorsitzenden Lars Klingbeil. „Sich allein dem Zwei-Prozent-Ziel annähern zu wollen, wird nicht reichen“, unterstrich er. „Das muss die Basis sein für alles Weitere.“
Pistorius spielte damit auf das aktuelle Ziel der Nato an. Dieses sieht vor, dass sich alle Bündnisstaaten bis 2024 dem Richtwert annähern, mindestens zwei Prozent ihres BIP für Verteidigung auszugeben. In der Nato werden derzeit Gespräche über das künftige Ziel geführt, die bis zum nächsten Gipfel im Juli abgeschlossen sein sollen.
Zuletzt hatten sich nach Angaben von Diplomaten vor allem östliche Bündnisstaaten wie Polen und Litauen sowie Großbritannien dafür ausgesprochen, angesichts von Russlands Krieg gegen die Ukraine strengere Vorgaben zu vereinbaren.
Für Deutschland würde eine Verschärfung des Nato-Ziels Stand heute eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben um einen zweistelligen Milliardenbetrag erfordern. Bislang gibt die Bundesrepublik deutlich weniger als zwei Prozent des BIP für Verteidigung aus. Für 2022 wurde nach vorliegenden öffentlichen Zahlen zuletzt nur eine Quote von 1,44 Prozent erwartet – auf Grundlage von Verteidigungsausgaben nach Nato-Standard in Höhe von 55,6 Milliarden Euro.
Zur Frage, ob seine Position die deutsche Position für die Nato-Verhandlungen ist, sagte Pistorius am Mittwoch: „Wir sind innerhalb der Bundesregierung in der Abstimmung dazu und werden die sicherlich bald abschließen.“ Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), kündigte bereits Unterstützung an. „Der Minister hat unsere volle Unterstützung“, sagte sie der „Rheinischen Post“ (Donnerstag).
Sollte sich Deutschland in der Nato dem Lager derjenigen Länder anschließen, die aktiv für ein klares und ambitioniertes Ziel bei den Verteidigungsausgaben eintreten, wäre das ein klarer Kurswechsel. Nach Angaben von Diplomaten bemühte sich die Bundesregierung bislang, Vorgaben so vage wie möglich zu halten.
Dabei wurde argumentiert, dass die BIP-Quote nur wenig über die Leistungsfähigkeit von Streitkräften aussage und Nato-Ziele etwa für militärische Fähigkeiten und ihre Einhaltung deutlich wichtiger und aussagekräftiger seien. Als ein Beleg dafür wird genannt, dass die Quote nicht fällt, wenn ein Land bei einem Rückgang der Wirtschaftsleistung seine Verteidigungsausgaben entsprechend kürzt.
Ein möglicher Streitpunkt innerhalb der Bundesregierung könnte die Frage werden, was eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben in zweistelliger Milliardenhöhe für andere Politikbereiche bedeuten würde. Aus dem Finanzministerium hatte es so zuletzt geheißen, dass es bei Ausgaben in Höhe von zwei Prozent des BIP sehr schwierig werden könnte, gleichzeitig das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel für die Unterstützung von Entwicklungsländern zu erfüllen. Dieses sieht vor, jährlich mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. Insbesondere den Grünen war das bis zuletzt sehr wichtig gewesen.
Beschlossenes Sondervermögen ändert nichts am Grundproblem
Das schon beschlossene Sondervermögen für Verteidigung in Höhe von 100 Milliarden Euro dürfte nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) an dem Grundproblem nichts ändern. Den Berechnungen zufolge könnte die Zwei-Prozent-Quote der Nato mit dem Geld nur in den Jahren 2024 und 2025 erreicht werden. In den beiden Folgejahren könnte der Anteil am BIP nach den bisherigen Finanzplänen und Wachstumsprognosen schon wieder auf 1,8 und 1,2 Prozent zurückfallen.
Spitzenreiter im Verhältnis von Wirtschaftskraft und Verteidigungsausgaben sind innerhalb der Nato die USA. Sie lagen nach Bündniszahlen zuletzt bei einer Quote von 3,47 Prozent. Mit 822 Milliarden US-Dollar (765 Mrd. Euro) zahlte Washington zuletzt mehr als doppelt so viel Geld für Verteidigung wie alle anderen Bündnisstaaten zusammen. Zum Vergleich: Großbritannien als Nummer Eins in Europa gab 2022 umgerechnet rund 61,1 Milliarden Euro aus. Neben den USA und Großbritannien erreichten nur Griechenland, Polen, Litauen, Estland, Lettland, Kroatien und die Slowakei das Zwei-Prozent-Ziel.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte am Mittwoch in der Abschlusspressekonferenz zum Verteidigungsministertreffen, es liege auf der Hand, dass mehr Geld für Verteidigung ausgegeben werden müsse und dass Ausgaben in Höhe von zwei Prozent des BIP das Minimum sein sollten. In Europa gebe es gerade einen großen Krieg, erklärte er. Hinzu kämen die anhaltenden Gefahren durch Terrorismus und die Sicherheitsherausforderungen durch China.
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Source: welt.de