„Pearl“ : Bösartiges Märchen

Bisweilen muss ein Genre von seinen
Grenzbereichen und unteren Rängen aus neu entworfen werden. Stellt man sich
den Horrorfilm als eine düstere Gewölbestruktur vor, in der die
Großproduktionen zum Zierrat an Decken und Säulen erstarrt sind, spielt sich
das Interessante gerade am Boden ab, bei den kleinen und kleinsten Filmen. Dort
pulsiert es, dort harrt Unaussprechliches darauf, die Last des Gemäuers über
sich zum Einsturz zu bringen.

Ti Wests Pearl
ist ein solches Werk, kostengünstig und parallel
gedreht zum Vorgänger X von 2022. Darin
lief ein bedauernswertes Grüppchen Pornofilmer einem weißhaarigen
Farmerpärchen in die Arme, das ob der lockeren Sexualmoral der Jüngeren zur
Axt griff. Ein Pastiche an den texanischen Hinterwäldlerhorror Tobe Hoopers, an The
Texas Chainsaw Massacre
oder Eaten Alive.
Die Antagonistin aus X, Pearl,
bekommt nun ein synonymes Prequel spendiert. Obwohl als Mittel- und
Mutterstück konzipiert (ein Nachfolger ist bereits angekündigt), kann man sich
auch ohne Vorwissen in Wests Fiebertraum von Film entführen lassen.