Ostmark: ÖVP nimmt Gesprächsangebot jener rechten FPÖ an

In Österreich hat der neue ÖVP-Parteichef Christian Stocker die Gesprächseinladung der rechten FPÖ angenommen. „Ich wurde zu einem Gespräch eingeladen, ich werde
dieses Gespräch auch führen“, sagte Stocker. Es handle sich aber noch nicht um konkrete Koalitionsverhandlungen, sagte ein ÖVP-Sprecher.
Die erste Gesprächsrunde zwischen FPÖ-Chef Herbert Kickl und Stocker werde zeitnah erfolgen.

Stocker sagte, er selbst werde das erste Gespräch führen. In einer Pressekonferenz nannte er Bedingungen für eine Fortsetzung dieser
Gespräche: „Souveränität Österreichs statt
Einflussnahme aus dem Ausland, Partnerschaft in Europa statt
Abschottung“. Zudem müsse der Rechtsstaat gesichert sein, ebenso
wie die Grundrechte, freie Meinungsäußerung, die Erinnerung an
die eigene Geschichte, der Kampf gegen Antisemitismus sowie eine
vielfältige und unabhängige Medienlandschaft.

„Ehrliche Antworten“ der FPÖ

In den kommenden Gesprächen werde er ausloten,
ob die FPÖ „ehrlich dazu bereit ist, in diesem Staat
Verantwortung für alle Menschen zu übernehmen“, sagte Stocker. „Es muss ehrlich beantwortet
werden, ob wir ein konstruktiver und verlässlicher Teil der
Europäischen Union sein wollen oder das Gegenteil.“ Auch müsse
klar sein, „ob wir uns an der freien Welt orientieren oder an
Diktaturen“ und „ob wir das Staatsganze über Parteiinteresse
stellen wollen“.

Erst am Vortag hatte Kickl den Auftrag zur Regierungsbildung in Österreich durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen angenommen. Er kündigte an, mit der ÖVP in Gespräche gehen zu wollen. Dabei benannte auch er zentrale Bedingungen für Gespräche, wie etwa den Grundsatz der „ehrlichen Politik“, den er aufgestellt hatte.

FPÖ hat gute Chancen in Verhandlungen

Zuvor hatte sich der ÖVP-Vorstand einstimmig für Gespräche mit der FPÖ ausgesprochen. Eine Regierungsbildung unter Führung der FPÖ ist in der ÖVP allerdings umstritten. So sagte der designierte Übergangskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) bereits, sich nicht an einer Regierung zu beteiligen, die von der FPÖ angeführt wird.

Die FPÖ hatte die Parlamentswahlen mit knapp 29 Prozent vor der konservativen ÖVP
mit etwa 26 Prozent klar gewonnen. Nach der Wahl sprachen zunächst ÖVP, SPÖ und die liberalen Neos sowie ÖVP und SPÖ über eine mögliche Regierung, alle Gespräche scheiterten jedoch. Danach war Karl Nehammer als ÖVP-Chef und Bundeskanzler zurückgetreten. Nun wollen die Konservativen anders als zunächst angekündigt doch mit der FPÖ sprechen.

Die Rechtspopulisten haben eine sehr gute Chance, mit FPÖ-Chef Kickl erstmals den Regierungschef zu
stellen. In die Gespräche mit der ÖVP gehen sie mit einer starken Position: Sollten diese scheitern, könnte es Neuwahlen geben, die der FPÖ als einziger Partei zugutekämen. Insofern wird erwartet, dass die ÖVP zu Zugeständnissen bereit sein wird.