„Nur teure Milch mit Zusätzen“? Millionenseller Yfood wehrt sich gegen Werbelügen-Vorwurf

„Höhle der Löwen“-Start-up „Nur teure Milch mit Zusätzen“? Millionenseller Yfood wehrt sich gegen Werbelügen-Vorwurf

Kandidat 3: Yfood Die Trinkmahlzeit Yfood hatte einst einen Auftritt in der "Höhle der Löwen" und vermarktet sich seitdem erfolgreich als vollwertige Mahlzeit für alle, die keine Zeit zum Essen haben. Foodwatch hingegen sieht die hohe Kaloriendichte und den eingesetzten Süßstoff des hochverarbeiteten industriellen Produktes kritisch. Zudem enthalte etwa die Sorte Vanille trotz des Hinweises "ohne Zuckerzusatz" 22 Gramm Zucker aus der verwendeten Kuhmilch. Auch der Preis von 3,99 Euro für eine Flasche sei "ziemlich happig für Milch mit Wasser und ein paar zugesetzten Vitaminen, Mineralien und Süßstoff". Yfood erklärt dazu, den Süßstoff einzusetzen, um auf Zuckerzusatz verzichten zu können. Den in der Milch enthaltenen Zuckeranteil hält Yfood für nicht problematisch. Die Produkte böten eine vollwertige Mahlzeit mit ausgewogenem Nährwertprofil zu einem guten Preis.

Yfood wurde von Foodwatch für den „Goldenen Windbeutel“ nominiert

© Foodwatch

Die Münchner Firma Yfood verspricht vollwertige „Trinkmahlzeiten“ und verdient damit viele Millionen. Foodwatch hält es für eine Werbelüge. Was die Verbraucherorganisation dem einstigen „Höhle der Löwen“-Start-up vorwirft und was dieses antwortet.

Viele Produkte, die in der „Höhle der Löwen“ für Aufmerksamkeit sorgen, sind auch schnell wieder vergessen. Nicht so die Trinkmahlzeit Yfood, deren Genuss all denen eine vollwertige Mahlzeit ersetzen soll, die keine Zeit zum Essen finden. Als Benjamin Kremer und Noel Boellmann 2018 in der Gründershow auftraten, war Yfood noch ein kleines Start-up. Heute werden die Flaschen in unzähligen Supermärkten und weiteren Geschäften verkauft.

Der Umsatz lag laut „Lebensmittelzeitung“ im vergangenen Jahr bei enormen 120 Millionen Euro. Das überzeugte auch den Nestlé-Konzern, der kürzlich knapp 50 Prozent der Anteile an Yfood übernommen hat. Investor Frank Thelen, der im Zuge der „Höhle der Löwen“ eingestiegen war, hat seine Anteile derweil wieder verkauft. Die beiden Gründer leiten nach wie vor das operative Geschäft.

Yfood für Goldenen Windbeutel nominiert

Die Verbraucherorganisation Foodwatch kann dem Erfolg der Trinkmahlzeit allerdings nichts abgewinnen. Sie hat Yfood in dieser Woche als eines von fünf Produkten für den „Goldenen Windbeutel“ nominiert. Mit diesem Schmähpreis zeichnet Foodwatch die „dreisteste Werbelüge des Jahres“ aus, abgestimmt wird online von den Verbrauchern. 

In den Augen von Foodwatch handelt es sich bei Yfood im Grunde nur um „teure Milch mit ein paar Zusätzen“. Und für gesund hält Foodwatch das Produkt überhaupt nicht. Die Organisation zitiert die Ernährungswissenschaftlerin Alice Luttropp, die kein gutes Haar an Yfood lässt.

„Aus meiner Sicht ist es absurd, Yfood als vollwertiges Essen zu verkaufen“, sagt Luttropp. „Es ist ein hochverarbeitetes industriell hergestelltes Produkt. Es enthält eine ganze Menge Zucker und hat eine sehr hohe Kaloriendichte. Eine 500ml-Flasche enthält immerhin 500 Kilokalorien. Sie ist schnell getrunken. Ein Sättigungsgefühl stellt sich aber erst nach etwa 20 Minuten ein. In der kurzen Zeit, die es dauert, den Drink zu trinken, nehme ich also möglicherweise mehr Kalorien zu mir, als ich eigentlich hungrig bin.“

Die zugesetzten Vitamine und Mineralstoffe seien zudem kein vollwertiger Ersatz für frische Lebensmittel, weil es für den Körper besser sei, Vitamine au natürlichen Lebensmitteln aufzunehmen. 

Wie Yfood antwortet

Diese Breitseite musste das erfolgsverwöhnte Start-up erst mal sacken lassen. Einen Tag nach der Windbeutel-Nominierung hat Yfood in einem ausführlichen Blogbeitrag auf die Vorwürfe geantwortet. „Wir waren zugegebenermaßen ziemlich überrumpelt, als wir über die Medien von unserer Nominierung dafür erfahren haben“, heißt es darin eingangs. Im Folgenden versucht Yfood die Vorwürfe im Einzelnen zu widerlegen.

Auf den Vorwurf, das Produkt sei überteuert, antwortet Yfood, die Trinkmahlzeiten seien das „Ergebnis jahrelanger Forschung und Entwicklung“. Sättigen und gut schmecken zu diesem Preis (eine Halbliterflasche kostet im Laden rund 4 Euro) könnten sonst nur Fastfood-Alternativen wie der Döner.

Von der Zusammensetzung des Drinks ist Yfood nach wie vor überzeugt. So enthalte ein Fläschchen mindestens 25 Prozent des täglichen Mikronährstoffbedarfs. Gleichwohl sagt auch Yfood ausdrücklich: „Yfood ist von uns nicht dafür gedacht, Ernährung vollständig zu ersetzen. Eine vielfältige und abwechslungsreiche Ernährung mit frischen und hochwertigen Lebensmitteln ist das Nonplusultra und sollte immer deine erste Wahl bleiben.“ Das Produkt sei eine Alternative für stressige Alltagssituationen, „in denen wir aufgrund von Zeitmangel in schlechte Essgewohnheiten zurückfallen“. 

Ein weiterer Diskussionspunkt ist der Nutri-Score. Laut Foodwatch wird Yfood die Einstufung mit dem grünem „A“ im Zuge geänderter Bewertungsregeln schon bald verlieren und ein rotes „E“ verpasst bekommen. Yfood schreibt dazu, dass das Produkt nach den Maßstäben für Getränke tatsächlich die schlechteste Kategorie „E“ verdient hätte. Würde es dagegen als Lebensmittel eingestuft, könne es die Note „A“ behalten.

Für nicht problematisch hält Yfood den enthaltenen Zucker und Süßstoff. Beim Zucker handle es sich um natürlichen Zucker, nicht um zugesetzten. Entscheidend sei, dass das Produkt wegen des niedrigen glykämischen Index den Blutzuckerspiegel nicht schnell ansteigen lasse. Zum Abnehmen sei Yfood aber keinesfalls gedacht. Yfood warnt selbst: „Trinkmahlzeiten sind keine Diätdrinks.“

Source: stern.de