NS-Raubkunst: Stiftung Preußischer Kulturbesitz prüft Ansprüche hinauf Welfenschatz
In dem jahrelangen Streit über den Welfenschatz
will die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) neue Forderungen möglicher
Erben prüfen. Die Stiftung sehe sich „konkurrierenden Ansprüchen
mehrerer Antragsteller ausgesetzt“, teilte die SPK mit. Bevor der Fall an die Beratende Kommission zur Rückgabe von
NS-Raubgut übergeben werden könne, müssten allerdings noch Fragen „zur
Berechtigung der einzelnen Anspruchsteller“ geklärt werden.
Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung
zufolge verschleppt die SPK damit das Verfahren. Sie müsse Untersuchungen
durch die Beratende Kommission „unverzüglich“ zustimmen, zitiert die SZ aus einem Zuwendungsbescheid des
Bundes, der seine Zahlungen an die SPK an diese Bedingung knüpft.
Demnach ist die Kommission zuständig für die Prüfung der Ansprüche,
nicht die SPK als eine der Parteien.
Der sogenannte Welfenschatz
umfasst kostbare Altaraufsätze, Schmuckkreuze und Schreine aus dem
Braunschweiger Dom – Goldschmiedearbeiten aus dem 11. bis 15.
Jahrhundert im Schätzwert von dreistelligen Millionensummen. Er gehörte Ende der 1920er Jahre einer Gruppe von jüdischen Besitzern. Seit Jahren wird darüber gestritten, ob diese den Welfenschatz unter den Nationalsozialisten zwangsweise
verkaufen mussten. Daraus könnten sich Ansprüche auf Rückgabe oder Entschädigung ergeben.
Neue Dokumente aufgetaucht
2008 machten Nachfahren der jüdischen Verkäufer Ansprüche auf Restitution geltend.
Damals prüfte die Beratende Kommission und kam 2014 zu dem Schluss, der Verkauf sei nicht „verfolgungsbedingt“ gewesen. Die Nachfahren hätten keine Ansprüche.
Inzwischen sind neue Archivdokumente aufgetaucht. Konkret geht es um
eine jüdische Frau namens Alice Koch, die zu den Besitzern gehörte. Einem Bericht des Spiegels zufolge presste ihr der NS-Staat für die
Erlaubnis zur Ausreise in die Schweiz die sogenannte Reichsfluchtsteuer
in Höhe von 1,155 Millionen Euro ab. Diese
habe Koch nur aus dem Verkauf des Welfenschatzes
aufbringen können.
Ein Nachfahre von Koch macht der
SPK zufolge seit 2022 Ansprüche geltend. Daneben gebe es weitere, konkurrierende
Ansprüche. Insgesamt sei man mit drei Gruppen im Gespräch. Inzwischen haben Anwälte, die nach eigenen
Angaben Erben der Kunsthändler vertreten, einen Antrag auf Akteneinsicht
zum Welfenschatz bei der Stiftung und der Verwaltung von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) gestellt.