Niedersachsen: Gendern soll in Schularbeiten nicht als Fehler zählen


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Uli Deck / dpa


Gendersternchen oder Binnen-I: In der Schule soll eine geschlechtergerechte Sprache auch in Prüfungen erlaubt sein, findet die niedersächsische Landesregierung. Schülerinnen und Schülern sollen nach demnach keine Nachteile entstehen, wenn sie gegenderte Begriffe verwenden. Das geht aus einer Antwort des Kultusministeriums auf eine Anfrage der AfD im Landtag hervor.

In dem Schreiben heißt es, die Regierung unterstütze es, »eine geschlechtersensible Sprache in Wort und Schrift im Unterricht sowie in außerunterrichtlichen Kontexten zu beachten«. Das Gendern solle nicht als Verstoß gegen die Sprachrichtigkeit sanktioniert werden. Es könne von Prüferinnen und Prüfern allerdings auch nicht angeordnet werden.

Die Frage um das Gendern an Schulen hat in mehreren Bundesländern Kontroversen ausgelöst. In Berlin wollte ein Vater die genderneutrale Sprache an den Gymnasien seiner beiden Kinder vor Gericht mit einem Eilantrag verbieten lassen. Er scheiterte jedoch. Das Berliner Verwaltungsgericht wies den Antrag zurück.

Seinen Kindern sei es grundsätzlich zuzumuten, mit den Auffassungen und Wertvorstellungen einer pluralistischen Gesellschaft konfrontiert zu werden – auch wenn diese möglicherweise im Widerspruch zu eigenen Überzeugungen stünden, hielt das Gericht dem Kläger entgegen. Die SPIEGEL-Recherche zu dem Fall lesen Sie hier. 

In Sachsen hingegen hatte das Kultusministerium vor zwei Jahren dazu aufgefordert, auf Gendersternchen, Doppelpunkt oder Unterstrich an Schulen zu verzichten.

Ministerium: »Neographien« statt »Gendersprache«

Für Niedersachsen erklärte das Kultusministerium, dass zum Beispiel in Abiturklausuren längst auch Texte bearbeitet werden, in denen gegendert wird. Es sei daher nicht vermittelbar, wenn diese Schreibweise in den Texten der Prüflinge dann als Fehler gewertet würde.

Gleichwohl dürften Schülerinnen und Schüler nicht dazu aufgefordert werden, obligatorisch auf Sonderzeichen im Wortinnern zurückzugreifen, um geschlechtersensibel zu schreiben, so das Ministerium.


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Der AfD-Bildungspolitiker Harm Rykena, der die Anfrage gestellt hatte, kritisierte die Position der Regierung. »Die deutsche Rechtschreibung wird beliebig. Unserer historisch gewachsenen deutschen Kultursprache wird durch diese verquere Praxis des Kultusministeriums ein Bärendienst erwiesen«, sagte er.

Die Landesregierung hatte in ihrem Schreiben auch den von der AfD verwendeten Begriff der »Gendersprache« zurückgewiesen. Dabei handele es sich um eine negativ konnotierte Wortschöpfung, die nahelege, dass staatliche Einrichtungen eine andere als die deutsche Sprache einführten. Das Ministerium schreibt stattdessen von »Neographien«, also Abweichungen von einer vorherrschenden Schreibart.


fok/dpa