News: Ukraine-Russland-Krieg, USA, Volker Wissing, Umweltbundesamt, Fifa, Gianni Infantino
Abfangmanöver mit Folgen
Auch Krieg, so man nicht unmittelbar selbst davon betroffen ist, kann zur Routine werden. Zur grausamen Routine. Der Krieg in der Ukraine ist zwar auch hierzulande jeden Tag präsent, in den Nachrichtensendungen, in den politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Debatten. Aber mehr als ein Jahr nach Russlands Überfall auf seinen Nachbarn verdrängt die Macht der Gewohnheit die Fassungslosigkeit, Sorgen und Ängste immer mehr.

Amerikanische Reaper-Drohne (Archivbild des US-Militärs)
Foto: William Rosado / AFP
Aber dann sind da diese Momente, die einen daran erinnern, wie nah dieser Krieg ist; wie groß das Risiko einer weiteren Eskalation – gewollt oder ungewollt. Momente, die einem klarmachen: Es gibt keine Routine im Krieg.
Über dem Schwarzen Meer ist eine amerikanische Drohne vom Typ Reaper (»Sensenmann«) abgestürzt. Die USA sagen, ein russischer Kampfjet habe in internationalem Luftraum den Propeller des unbemannten Elf-Meter-Fluggeräts berührt. Der Kreml weist das – wenig überraschend – zurück und behauptet, die Drohne sei nach einem scharfen Ausweichmanöver außer Kontrolle geraten.
Grundsätzlich sind Abfangmanöver (ohne Kollision) gerade in diesen Zeiten gar nicht einmal ungewöhnlich. Aber der Zwischenfall zeigt, wie gefährlich solche Aktionen sind, wie schnell sie zu »Fehleinschätzungen und unbeabsichtigten Eskalationen« führen können, wie es das US-Militär ausdrückte.
Was, wenn beim nächsten Mal Waffen zum Einsatz kommen? Was, wenn es Tote gibt? Wenn es nicht mehr reicht, den Botschafter des jeweils anderen Landes einzubestellen? Man mag es sich nicht ausmalen.
Mehr Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier:
-
»In einer entscheidenden Zeit werden die Ukrainer zu Kriegern«: Die Schlacht um die Stadt Bachmut tobt weiter. Präsident Selenskyj und seine Militärs rufen zum Durchhalten auf – und beschwören die Stärke der Ukraine.
-
Putin nennt Sprengung durch unabhängige Gruppe »totalen Unsinn«: Der Kreml weist jede Verantwortung für die Sabotage der Ostseepipelines von sich. In einem Interview spekulierte Russlands Präsident nun darüber, dass die USA ein Interesse an der Zerstörung der Leitungen gehabt haben könnten.
-
Kritik an russischen Söldnern steht nun auch unter Strafe: Moskau will die »Verleumdung« russischer Soldaten härter ahnden. Zudem wird künftig die »Diskreditierung« der Söldnertruppe Wagner sanktioniert. Deren Kommandeur muss nun auch selbst stärker bei kritischen Aussagen aufpassen.
-
Deutschland laut Putin »weiter von den USA besetzt«: Wer in Russland Fernsehen schaut, sieht Verschwörungserzählungen. Die aktuelle Geschichte des Kremlherrschers: Die Deutschen werden von den Vereinigten Staaten kontrolliert.
Wissing verfehlt die Klimaziele – wieder einmal
Mit »Klima-Blabla« könne man das Land nicht voranbringen, so hat Volker Wissing jüngst auf dem Parteitag seiner Heimat-FDP in Rheinland-Pfalz gelästert. Die heutige Präsentation des Umweltbundesamtes, das lässt sich erahnen, zählt der Bundesverkehrsminister dazu.

Volker Wissing
Foto:
CHRISTIAN MANG / REUTERS
Nur: Alberne Sprüche ändern nichts daran, dass Wissing an diesem Mittwoch einmal mehr sein eigenes Versagen vor Augen geführt wird.
Die zentrale Umweltbehörde des Landes legt am Vormittag ihre Schätzung zum Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase im vergangenen Jahr vor. Nach allem, was zu hören ist, dürften die Emissionen 2022 zwar leicht zurückgegangen sein. Im Verkehrssektor aber, Wissings Verantwortungsbereich, steigen sie weiter an. Wie schon 2021. Das verstößt gegen das Klimaschutzgesetz, das Ziele für die einzelnen Sektoren festlegt. Einen Plan, wie er die Ziele endlich einhalten will, hat Wissing nicht.
Es ist trotzdem nicht davon auszugehen, dass der FDP-Minister angesichts der neuen Zahlen in Hektik verfallen wird. Er weiß ja, was ihn erwartet, und wird trotz aller Kritik auf Kurs bleiben: Nein zum schnellen Verbrenner-Aus, Ja zu mehr Autobahnen.
Nach Wahlniederlagen in Serie glauben Wissing und die Liberalen, so endlich wieder punkten zu können. Meine bescheidene Prognose: Auto-Blabla wird die FDP nicht voranbringen.
Warum töten Kinder Kinder?
Wenn Menschen, egal welchen Alters, irgendwo Opfer einer sinnlosen Gewalttat werden, bleibt den Trauernden oft nur dieses eine fragende Wort: warum?

Blumen in der Nähe des Tatorts
Foto: Roberto Pfeil / dpa
Wohl selten aber möchte man dieses Wort lauter und verzweifelter ausrufen als im Fall der getöteten Luise aus Freudenberg. Erst zwölf Jahre alt war die Schülerin, auf dem Heimweg nach dem Besuch bei einer Freundin wurde sie in einem Waldstück erstochen. Die mutmaßlichen Täterinnen: Kinder, zwei Mädchen, 12 und 13, man kannte sich offenbar.
Warum? Warum musste Luise sterben? Warum sind Kinder zu einer solchen Tat fähig?
Ob es jemals Antworten auf diese Fragen geben wird? Wahrscheinlich kann es gar keine akzeptable Erklärung für eine solche Tat geben. Wie soll man begreifen, was einfach nur unfassbar ist? »Was für Kinder möglicherweise ein Motiv ist für eine Tat, würde sich einem Erwachsenen möglicherweise nicht erschließen«, sagt Mario Mannweiler, der Leitende Oberstaatsanwalt in Koblenz.
Kinder, davon geht das Gesetz aus, können in diesem Alter gar nicht abschätzen, welche Folgen ihr Handeln hat. Darum gelten sie auch grundsätzlich als schuldunfähig, wenn sie jünger als 14 Jahre sind. Die beiden mutmaßlichen Täterinnen sind also zu jung, um bestraft zu werden. Über andere Folgen müssen nun die Jugendbehörden entscheiden.
Hier geht’s zum aktuellen Tagesquiz
Verlierer des Tages…

Gianni Infantino mit Ruandas Präsident Paul Kagame
Foto: JEAN BIZIMANA / REUTERS
…ist der Fußball. Dass die nächste Weltmeisterschaft noch größer werden soll, stand schon eine Weile fest. 48 Nationalmannschaften werden 2026 beim Dreiländerturnier in den USA, Kanada und Mexiko um den Titel kicken – in Katar waren es noch 32 Teams.
Nun hat die Fifa den Modus festgelegt: Die Vorrunde wird in zwölf Vierergruppen ausgespielt, 32 Teams qualifizieren sich für ein Sechzehntelfinale – was Deutschlands Chancen auf ein Weiterkommen natürlich steigert. Die WM hat damit künftig 104 Spiele. Das sind 40 mehr als beim letzten Turnier!
Dass die Bläh-WM spannender wird, ist eher nicht zu erwarten. Aber darum geht es Gianni Infantino, 73, auch nicht. Schon gar nicht um das Wohl der Spieler, die in einem immer engeren Terminkalender immer näher am Belastungslimit sind.
Für den Fifa-Präsidenten sind Macht und Geld die ausschlaggebenden Kriterien. Von der Aufstockung der Teilnehmerzahl profitieren kleinere Fußballnationen, die Infantino zum Dank unterstützen. Mehr Spiele bedeuten zudem mehr TV-Gelder und mehr Werbeeinnahmen, die an die Fifa-Mitglieder verteilt werden können. Noch ein Grund zur Freude für viele Verbände, die dafür Infantinos Macht nicht infrage stellen.
Am Donnerstag wird sich Infantino beim Fifa-Kongress im ruandischen Kigali wiederwählen lassen.
Die jüngsten Meldungen aus der Nacht
-
Schriftsteller David Grossman und 999 weitere israelische Künstler fordern Absage von Netanyahus Berlinbesuch: Mit drastischen Worten warnen sie die Ampelkoalition vor einem Treffen mit Israels Premier.
-
Verfassungsschutz stuft »Letzte Generation« derzeit nicht als extremistisch ein: Die Gruppe agiere teilweise kriminell – sei aber aktuell nicht als extremistisch einzuschätzen: Das erklärt das Bundesamt für Verfassungsschutz. Man schaue aber täglich, wie sich die Situation entwickle.
-
ChatGPT bewirbt Chatbot als teilweise »auf menschlichem Niveau«: Der Hersteller von ChatGPT verpasst seinem Chatbot eine neue Programmversion. Im beruflichen und akademischen Kontext kann das System angeblich teils mit Menschen mithalten – im realen Leben weniger.
Die SPIEGEL+-Empfehlungen für heute
-
Von den Menschen da draußen: Johannes Arlt vertritt im Bundestag den flächenmäßig größten Wahlkreis für die SPD, Canan Bayram den kleinsten für die Grünen. Beiden ist ihr Direktmandat wichtig, die Wahlrechtsreform ihrer Parteien sehen sie daher skeptisch.
-
»Ein Kind kaufen?« Was zur Hölle soll das heißen? Das Schwanger-Werden hat mich 19.000 Euro gekostet. Wer kann sich das schon leisten? Aber sollten Krankenkassen daher künstliche Befruchtung bezahlen? Und wenn ja: Wie viele Kinder darf sich ein Paar wünschen?
-
So gelingt der Einstieg in die Welt der teuren Uhren: Mechanische Zeitmesser von Luxusmarken stehen bei Sammlern hoch im Kurs. Doch wenn die teuren Stücke mehr sein sollen als Liebhaberobjekte, müssen Anleger einige Punkte beachten.
-
Wie kann ich mein Gehirn im Alltag trainieren? Susanne Hippauf hat einen Rekord aufgestellt: Bei einem Wettbewerb sagte sie 15.637 Nachkommastellen der Zahl Pi auf. Hier verrät sie ihre Eselsbrücken – und wie Merkfähigkeit mit Emotionen zusammenhängt.
Kommen Sie gut in den Tag.
Herzlich,
Ihr Philipp Wittrock, Chef vom Dienst in Los Angeles