Nachrichten löschen oder verändern: Wie Chat-Dienste sich unterscheiden – WELT
Der Schlüssel zu einer guten Beziehung liegt in der Kommunikation. Eine Binsenweisheit so alt wie der Turm von Babel, der immer noch nicht steht. Doch seit der babylonischen Sprachverwirrung haben wir Fortschritte gemacht, Technik sei Dank. Es gibt Übersetzungs-Apps, googlebare Anleitungen zu gewaltfreier Kommunikation und Autokorrektur. Wobei letzteres ein Zwischending aus Fluch und Segen ist: Plötzlich wurden aus Schlabberhosen Schlabberhoden, und anstatt auf Burgerking hatte man Lust auf Bürgerkrieg.
WhatsApp geht das Problem jetzt an. Der Messenger-Dienst hat die Editier-Funktion angekündigt: In den kommenden Wochen soll jeder seine Nachrichten noch 15 Minuten nach Abschicken bearbeiten können. Das etwas geändert wurde, bleibt jedoch sichtbar.
WhatsApp ist spät dran mit der Neuerung. Die Nachrichten-Dienste Telegram und Signal bieten das Editieren schon länger an. Auf Twitter darf hingegen nur ändern, wer dafür bezahlt. Auch beim Löschen von Nachrichten folgt jeder seinen eigenen Regeln. Löschen kann man auf WhatsApp nur innerhalb von „etwa zwei Tagen“ nach Absenden der Nachricht. Danach darf man das Geschriebene für sich selbst entfernen, aber die Chatpartner können es noch lesen.
Das verstehe, wer kann. Löscht man die Nachricht rechtzeitig, bleibt dennoch sichtbar, dass etwas gelöscht wurde. Eine perfide Erfindung, die neue Wege des passiv-aggressiven Schreibens eröffnet. Denn was ist in einer Diskussion interessanter als eine gelöschte Nachricht? Bei WhatsApps Schwesterfirma Instagram hingegen kann man selbst jahrealte Nachrichten noch verschwinden lassen. Editieren geht nicht. Jeder Messenger folgt seiner eigenen Logik.
Bei WhatsApp jedenfalls werden Chatverläufe bald ordentlicher aussehen. Korrekturen werden nicht mehr nachgeschoben, sondern direkt im Text geändert. Vielleicht mildert man auch noch den Ton oder fügt einen Zwinker-Emoji hinzu. Damit nichts falsch verstanden wird. 15 Minuten hat man ja.
Wer länger braucht, der gehe zu Telegram, dort sind es sogar zwei Tage. Wer es authentisch mag, der gehe, ähm, zu Instagram. Vielleicht sagt am Ende nicht was wir schreiben viel über uns aus, sondern welche App wir dafür benutzen.
Source: welt.de