Nachfolge von Nicola Sturgeon: Humza Yousaf wird neuer Regierungschef in Schottland

In Schottland ist die innerparteiliche Abstimmung über die Nachfolge der langjährigen Regierungschefin Nicola Sturgeon beendet. Der bisherige Gesundheitsminister Humza Yousaf wird neuer Parteivorsitzender der SNP und damit auch neuer „First Minister“ Das wurde am Montagnachmittag in Edinburgh mitgeteilt. Die Personalie gilt als wegweisend im Ringen um Schottlands Streben nach Unabhängigkeit.
Bis 12 Uhr schottischer Zeit (13 MESZ) am Montag hatten die etwa 72.000 Mitglieder der regierenden Schottischen Nationalpartei (SNP) Gelegenheit, sich zwischen Gesundheitsminister Humza Yousaf (37), Finanzministerin Kate Forbes (32) und der früheren Ministerin Ash Regan (49) zu entscheiden. Auf Regan entfielen in der ersten Runde der Wahl 5599 Stimmen. Forbes kam in der ersten Runde auf 20.559 Stimmen und in der zweiten Runde auf 23.890 Stimmen. Yousaf erhielt in beiden Runden mit 24.336 und 26.032 jeweils die meisten Stimmen. In einer ersten Stellungnahme erklärte Yousaf, er fühle sich „wie der glücklichste Mann der Welt“ und geehrt, dass die SNP-Mitglieder im das Vertrauen ausgesprochen hätten.
Wie Regan und Forbes will auch Yousaf das erklärte Ziel der SNP vorantreiben, Schottland aus dem Vereinigten Königreich und als unabhängigen Staat zurück in die Europäische Union zu führen. Allerdings ist der Weg dahin unklar: Ein neues Referendum ist nach einer Entscheidung des obersten britischen Gerichts nur mit Zustimmung der Zentralregierung in London möglich – diese lehnt einen solchen Schritt strikt ab. In Umfragen sank die Zustimmung zu einer Unabhängigkeit nach Sturgeons Rückzug.
Brisante Themen auch abseits der Unabhängigkeitsfrage
In den vergangenen Wochen hatte sich Forbes neben Yousaf als Favoritin für die Sturgeon-Nachfolge herauskristallisiert. Beide stehen für unterschiedliche Lager in der Partei. Während Yousaf mit einer progressiven Agenda eher der Linie von Sturgeon folgt, hat Forbes deutlich konservativere Ansichten. Sie ist unter anderem ein überzeugtes Mitglied der calvinistischen schottischen Freikirche (Free Church of Scotland).
Sturgeon hatte Mitte Februar überraschend ihren Rückzug als „First Minister“ sowie Parteivorsitzende der SNP angekündigt. Die 52-Jährige war die erste Frau im höchsten Regierungsamt des nördlichsten britischen Landesteils und gilt als treibende Kraft einer Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich. In Schottland leben etwa 5,5 Millionen Menschen – ein Zehntel der Einwohnerzahl Englands.
Auf die neue schottische Führung kommen auch jenseits der Unabhängigkeitsfrage weitere schwierige Themen zu: Sturgeon hatte zuletzt mit einem liberalen Gender-Gesetz in Partei und Gesellschaft für Spannungen gesorgt. Vorgesehen ist, dass die Pflicht für ein medizinisches Gutachten als Voraussetzung für eine Änderung des Geschlechtseintrags entfällt. Das Mindestalter für einen Antrag sinkt von 18 auf 16 Jahre. Als Transmenschen werden Personen bezeichnet, die sich dem Geschlecht, das ihnen bei Geburt zugeschrieben wurde, nicht zugehörig fühlen.
Source: faz.net