Nach Zerwürfnis: Tesla-Aktie nun ohne Trump-Bonus

Im Herbst sah die Welt für Tesla -Aktionäre noch rosarot aus. Die Freundschaft zwischen dem mächtigsten und dem reichsten Mann der Welt sollte den Tesla-Gründer, Großaktionär und Vorstandsvorsitzenden Elon Musk tatsächlich geradewegs ins Weiße Haus und ganz nah an die Seite von Donald Trump führen. Doch nun „ist Elon sauer“, wie US-Präsident Trump am Donnerstag im Oval Office die Weltöffentlichkeit und den neben ihm sitzenden Bundeskanzler Merz (CDU) wissen ließ. „Es werden jetzt härtere Zeiten für ihn, da wir ihm die Subventionen gestrichen haben“, zeigte Geschäftsmann Trump Verständnis für Musk, um sogleich anzufügen, dass natürlich alle in ein gewisses Loch fielen, wenn sie nicht mehr regelmäßig in diesem Raum bei ihm sein dürften, wo auch „Elon“ sehr gerne gewesen sei.
Dass das mit einem Elektroautohersteller und einem ölfixierten Präsidenten nicht gut zusammenpassen könnte, ließ sich früh ahnen. Der Aktienkurs schoss im Herbst trotzdem auf ein Rekordhoch von gut 480 Dollar, eine Verdopplung binnen weniger Wochen und ein Anstieg im Börsenwert um rund 900 Milliarden Dollar. Kann so viel eine enge Beziehung zum Präsidenten wert sein?
Nur mit Blick auf die Geschäftszahlen von Tesla war der Bewertungsaufschlag nie gerechtfertigt. Trump hätte schon das ganze Land zu Tesla-Käufern verpflichten und alle Welt mit Extrem-Zöllen belegen müssen, die nicht auch eine Tesla-Pflicht einführen, um die hohe Bewertung zu rechtfertigen. Doch dass Trump mehr Öl im Blut hat als Strom, wurde auch am Donnerstag klar, als er gleich zweimal zum Maßstab des Erfolgs seiner Präsidentschaft machte, wie günstig doch (neben Eiern) nun auch wieder eine Gallone Benzin sei. Fast schon wieder so günstig wie in seiner ersten Amtszeit, bevor sein Nachfolger Biden den russischen Angriff und die Inflation zugelassen habe. Insofern ist es ordnungspolitisch zu begrüßen, dass Trump diese Woche ein Ende von Elektroauto-Subventionen über seine Männerfreundschaft mit Musk stellt.
„Die Marke leidet“
Den Anlegern dämmerte schon bald nach der anfänglichen Euphorie, dass Trump auf Dauer einen ebenso macht- und öffentlichkeitsgierigen Musk nicht neben sich dulden würde. Der kämpfte indes weniger für Tesla und mehr gegen Entwicklungshilfe, Beamte und Südafrika. Schon im Januar befand Analyst Jay Van Sciver von Hedgeye, „die Marke leidet“, und riet, auf fallende Tesla-Kurse zu setzen. Der Schaden für die Marke ließ sich auch hierzulande an den zahlreichen entschuldigenden Aufklebern von Tesla-Besitzern ablesen. Das ist verheerend für einen Konzern, der bis dahin vor allem vom starken Markenimage lebte, als Elektroauto-Kultmarke schlechthin. Nur dadurch ließ sich die weit höhere Aktienbewertung gegenüber allen anderen Autoherstellern auf der Welt begründen.
Der Aktienkurs hatte seinen Trump-Bonus schon in den Monaten bis März weitgehend verloren. Bestrebungen, die Macht von Musk im Konzern zu begrenzen, brachten zuletzt Hoffnung in den Kurs, ein stärkerer Fokus auf Verbesserungen des Produkts und auf Kosteneffizienz würden den Konzern operativ wieder in die Spur bringen. Im ersten Quartal 2025 sackten die Tesla-Verkaufserlöse um 20 Prozent ab. Für ein Unternehmen, in das die Börse viel Wachstumshoffnung steckt, ein desaströser Wert. Sinkende Umsätze, Gewinne, Margen – aber immer noch ein Börsenwert von gut 900 Milliarden Dollar selbst an diesem Freitag, nachdem der Kurs nach dem öffentlichen Zerwürfnis am Donnerstag nochmals um 14 Prozent abgesackt war – ein Börsenwert von 150 Milliarden Dollar ging verloren und Leerverkäufer, die gegen Tesla spekuliert hatten, meldeten vier Milliarden Dollar Tagesgewinn.
Immer noch 900 Milliarden Dollar für ein Unternehmen, das unterm Strich nicht mal eine Milliarde Dollar Quartalsgewinn geschafft hat. Im Kurs steckt also immer noch sehr viel Hoffnung, dass alles deutlich besser wird in nächster Zeit – und das mit einem US-Präsidenten, der mindestens so gerne herkömmliche Antriebstechniken auf der Straße sehen will wie Elektrofahrzeuge, und einer stockenden Verbreitung auch im wichtigen europäischen Absatzmarkt sowie angesichts ernst zu nehmender deutscher, aber auch chinesischer und japanischer Konkurrenz auf den Absatzmärkten für Tesla.
Ungewöhnlich negative Analystenkommentare
Von den rund 60 Aktienanalysten, die sich zuletzt zu Tesla geäußert haben, rät ein Viertel auch auf dem aktuellen Kursniveau zum Verkauf der Aktie. Das ist ein ungewöhnlicher hoher Wert – traditionell haben Analysten eine klare Neigung zu Kaufempfehlungen. Der Konsens der Analysten sieht vom aktuellen Kursniveau aus ein jämmerliches Potential von im Schnitt vier Prozent für die nächsten zwölf Monate. In der Abwägung von Chancen und Risiken muss sich jeder selbst ein Bild machen, aber die meisten professionellen Beobachter sehen für Tesla derzeit ganz überwiegend Risiken. Auf Platz zwei der Autohersteller hinter den gut 900 Tesla-Börsenmilliarden folgt mit sehr großem Abstand Toyota mit rund 300 Milliarden Dollar Börsenwert.
Wo die Märkte mehr Chancen sehen, ist ganz offensichtlich in China: Den 30 Prozent Kursminus im Jahresverlauf von Tesla stehen 50 Prozent Plus für den Mischkonzern BYD , der auch Elektroautos und Batteriespeicher herstellt und nun auf rund 150 Milliarden Dollar Börsenwert kommt und damit auf Platz drei liegt. Ein größeres Kursplus unter den Autoaktien hat dieses Jahr mit 70 Prozent nur Xpeng aufzuweisen, ein weiterer chinesischer Elektroautohersteller mit nun 19 Milliarden Dollar Börsenwert. Wertvoller sind nach Ferrari auf Rang vier der Weltrangliste auch Mercedes, BMW und Volkswagen auf den Rängen fünf bis sieben noch vor General Motors und Honda sowie den aufstrebenden indischen Herstellern Maruti Suzuki und Mahindra gefolgt von Porsche und Ford.
Alle genannten auf den Rängen zwei bis zwölf sind zusammen in etwa so viel wert wie Tesla derzeit immer noch alleine, trotz Produktionsrückgängen in den Gigafactories und der Absatzschwierigkeiten für die beschädigte Marke. Der harte Wettbewerb und die große Ungewissheit, wer sich in den nächsten Jahren technologisch, im Preis-Leistungs-Verhältnis und als Marke durchsetzt, lässt viele Investoren generell ein Fragezeichen hinter die gesamte Branche setzen. Es gibt wesentlich besser kalkulierbare Geschäftsmodelle, wie das der Versicherer zum Beispiel, oder sehr viel marktmächtigere Konzerne wie Microsoft oder Visa.
Doch diesen Risikoabschlag tragen einige Autoaktien schon seit Jahren mit sich herum. Ferrari ist eine Ausnahme. Selbst Porsche verlor seinen Luxus-Bonus und liegt mit gut 25 Prozent Minus im Jahresverlauf unter allen Autowerten mit Tesla am Ende. Im F.A.Z.-Index waren 2025 nur die diese Woche nach der Dividendenkürzung abgestraften Gerresheimer und Puma schwächer. Eine neue Chance? Derer gab es für die Autoaktien schon viele – sie blieben bisher für deutsche Titel ungenutzt. Nicht nur Elon ist sauer.
Dass sich mit deutschen Aktien rund um Autos auch Geld verdienen lässt, zeigt indes das Kursplus von 60 Prozent dieses Jahr für Auto1. Hinter den Rüstungsprofiteuren Renk (plus 330 Prozent), Hensoldt (plus 205 Prozent), Rheinmetall (plus 200 Prozent) und Thyssenkrupp (plus 120 Prozent), dem M-Dax-Aufsteiger Ionos (plus 93 Prozent), Siemens Energy, Commerzbank und Bilfinger (je gut 70 Prozent) folgen die Berliner Gebrauchtwagenhändler (wirkaufendeinauto.de, autohero.de). Mit Autodoc hat am Freitag zudem der große Berliner Autoersatzteilhändler seinen Börsengang für das laufende Quartal in Frankfurt angekündigt – den Tesla-Turbulenzen zum Trotz.
Source: faz.net