„Mutig – oder dumm“: Großbritannien vereinfacht Bau neuer Atomkraftwerke

Fünf Atomkraftwerke sind in Großbritannien derzeit in Betrieb, ein sechstes wird gerade errichtet. Wenn es nach Premier Starmer geht, reicht das nicht aus. Er will derartige Neubauprojekte vereinfachen und hofft dadurch auf eine florierende Wirtschaft und Tausende neue Jobs.

Die britische Regierung fördert im Gegensatz zu Deutschland mit einer Reihe von Reformen den massiven Ausbau der Atomenergie im Land. In England und Wales sollen weitere Atomkraftwerke genehmigt werden. Die Energiesicherheit sei zu lange „eine Geisel“ des russischen Präsidenten Wladimir Putin gewesen, sagte Premierminister Keir Starmer. „Ich setze dem ein Ende.“ Starmer bringe das Land „zurück ins weltweite Rennen um die Kernenergie“, schrieb die Regierung.

Konkret soll auch der Bau kleinerer und einfacher zu errichtender Kernreaktoren – sogenannter Small Modular Reactors (SMR) – erleichtert werden, die es in Großbritannien bisher nicht gibt. Die Regierung verspricht sich Tausende zusätzliche Arbeitsplätze und erhofft sich günstigeren Strom und eine höhere Energiesicherheit bei weniger Emissionen. Die kleineren Reaktoren waren auch in der deutschen Debatte zum Atomausstieg als Alternative genannt worden. In Deutschland waren die letzten drei Atomkraftwerke im April 2023 abgeschaltet worden.

In Großbritannien war 1995 das bislang letzte Atomkraftwerk gebaut worden. Die Industrie sei durch Vorschriften „erstickt“ worden, teilte die Regierung mit. Investitionen seien deshalb ausgeblieben. Im Bau ist derzeit das Kraftwerk Hinkley Point C.

Umweltschützer äußern Kritik

Die Labour-Partei geht davon aus, dass die Lockerung der Vorschriften und der Bau sogenannter Small Modular Reactors die schwächelnde Wirtschaft ankurbeln wird. Aktuell ist der Aufbau einer Infrastruktur für Kernenergie auf acht Standorte begrenzt. Die neuen Pläne sollen das aufheben, gleichzeitig aber strenge Regeln für Standorte von Kernreaktoren aufrechterhalten. In dicht besiedelten Gebieten und im Bereich von Armeestandorten wird der Aufbau demnach weiter eingeschränkt.

Die Umweltorganisation Greenpeace zeigte sich angesichts der Pläne skeptisch. Premier Starmer und seine Regierung stellten ihre Vorstellungen zu niedrigeren Kosten, schnellen Lieferung und zur Sicherheit als Fakten dar. Das sei „mutig – oder dumm“, da bisher noch kein einziger Mini-Reaktor in Großbritannien gebaut wurde, erklärten die Umweltschützer.

Aktuell sind fünf Kernkraftwerke in Großbritannien in Betrieb, von denen vier ihre Laufzeit laut Ankündigung des französischen Betreibers EDF verlängern werden.

Source: n-tv.de