Millionenumsatz auf 64 Quadratmetern: Auf diese Thüringer Firma setzt einer der ersten Gorillas-Investoren

Mit selbstgemachten Brühen will J. Kinski zu einem der größten Bio-Produzenten Europas werden. Auch einer der ersten Gorillas-Investoren ist an dem Startup aus Thüringen beteiligt.

J. Kinski-Gründer Jörg Daunke: Mit selbstgemachten Brühen hat sein Startup 2022 einen Millionenumsatz gemacht.
J. Kinski

In fast 20 Jahren in der Gastronomie hat Jörg Daunke vieles erlebt: Eigene Restaurants und Clubs, Street Food-Stände in ganz Europa. Als er mit seiner Frau Yvonne eine Familie gründet, wird schnell klar: Mit dem bewegten Lebensstil kann es so nicht weitergehen. Daunke zieht einen Schlussstrich und gibt sein Restaurant in Berlin auf. Eine neue Idee muss her, eine, die besser mit dem Familienleben im kleinen Dorf in Thüringen vereinbar ist.

Gerade zur rechten Zeit hört Daunke von einem Trend, der damals aus den USA nach Deutschland schwappte: Knochenbrühe. Der Suppenfond aus langsam gekochten Fleischknochen gilt als besonders gesund, viele Stars und Influencer schwören darauf. Daunke sieht seine Chance: Innerhalb weniger Wochen steht das Konzept und das Design für J. Kinski. Der ungewöhnliche Name, verrät er, hat den Ursprung in seinem Spitznamen aus jungen Jahren.

Im Juni 2018 gründet er schließlich die Goodvenience.BIO GmbH, unter der er die Produkte von J. Kinski vertreibt. Dafür holt sich der Gründer mehrere institutionelle Investoren und Business Angels an Bord – darunter etwa Klaus Zinsmeister, Gründer der veganen Eisdiele Tribeca in Berlin, und ab 2021 der Berliner VC Shio Capital, der als einer der ersten in den Food-Lieferdienst Gorillas investierte.

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Nachhaltige und regionale Produktion

Inzwischen hält Shio Capital mehr als 40 Prozent der Anteile an der GmbH, Daunke selbst noch rund 26 Prozent. Neben den finanziellen Mitteln für den Aufbau der Produktion habe die frühe Beteiligung von Investoren auch strategische Gründe gehabt, sagt Daunke. Themen wie Online-Marketing seien Neuland für ihn gewesen.

Weil es zum Zeitpunkt der Gründung bereits andere Anbieter auf dem deutschen Markt gibt, setzt J. Kinski auf ein Alleinstellungsmerkmal: Alle Produktionsschritte finden vor Ort in Thüringen statt – von der Herstellung der Glasflaschen über das Kochen und Abfüllen der Brühe bis hin zum Versand. Dafür bauen die Daunkes ihre ehemalige Gastro-Küche im kleinen Ort Magdala in der Nähe von Jena um, improvisieren auf nur 64 Quadratmeter zunächst mit einer recycelten Brauanlage.

Nachhaltigkeit sei bei all dem der wichtigste Maßstab für das Startup, erklärt Daunke: Die Zutaten kommen von Bio-Bauern und kleinen Schlachthöfen aus der unmittelbaren Umgebung und werden in der Erde eingegraben gelagert, um Ressourcen für Transport oder Kühlung zu sparen. Und: Die Wärmeenergie, die bei der Herstellung der Produkte entsteht, wird gespeichert und wieder in den Kreislauf eingespeist, um den Prozess möglichst effizient zu machen.

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„Klar ist so ein Brühwürfel viel günstiger“

Die Qualität hat ihren Preis: 6,99 Euro kostet eine 525ml-Flasche Brühe, das entspricht 13,31 Euro pro Liter. Zum Vergleich: Gemüsebrühe von Alnatura in Pulverform kostet rund 27 Cent pro Liter. Für Jörg Daunke kein fairer Vergleich: „Klar ist so ein Brühwürfel viel günstiger. Aber das hat nichts mehr mit Essen zu tun.“ Der hohe Preis entstehe neben den hochwertigen Zutaten auch durch die hohen Lohnkosten und die geringe Stückzahl in der Produktion.

„Wir wollen nicht drei Stellen nach dem Komma kalkulieren müssen. Das geht immer zulasten der Qualität“, sagt der Gründer. Und: „Unser Wachstum gibt uns recht.“ Inzwischen gehören neben Brühen auch Soßen, Gewürze und Toppings zum Sortiment. Beobachter der Branche scheinen von dem Konzept des Startups überzeugt: Im vergangenen Jahr gewinnt J. Kinski als bestes mittelständisches Bio-Unternehmen den Organic Award der EU-Kommission.

Die Glasflaschen von J. Kinski werden klimaneutral von einem Unternehmen in der Region produziert.
Nicky Hellfritzsch/J.Kinski

Ein Selbstläufer ist das Geschäft trotzdem nicht. „Der Handel hat sich am Anfang extrem schwergetan“, erinnert sich Gründer Daunke. Erst 2020, also zwei Jahre nach der Gründung, habe das Unternehmen nennenswerte Umsätze geschrieben. Dazu beigetragen habe neben den hohen Stückpreisen vor allem die Corona-Pandemie: Durch den Lockdown seien einige aussichtsreiche Gespräche über Listungen bei Händlern und Supermärkten gescheitert – die Gründer waren gezwungen, auf den Online-Handel auszuweichen.

Mit Erfolg: innerhalb eines Jahres verdoppeln sich die Umsätze auf mehr als eine Million Euro, 2022 steigen sie weiter auf 1,7 Millionen Euro; profitabel ist das Unternehmen allerdings bisher nicht. Heute, lange nach Ende des letzten Lockdowns, stammen noch immer 80 Prozent der Einnahmen aus dem Online-Handel. Und noch immer produzieren und vertreiben Daunke und seine elf Mitarbeitenden die Produkte aus der winzigen Küche und dem rund 600 Quadratmeter großen Lager.

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Ziele des Gründers sind hoch gesteckt

Pro Jahr entstehen dort nach Angaben des Gründers rund 360.000 Liter Brühe, die neben Deutschland auch in die Schweiz, die Niederlande, nach Österreich und Frankreich verkauft werden. „Das ist wie ein Paar viel zu enge Schuhe“, klagt Daunke. „Wir sind an unserer Kapazitätsgrenze.“ Einen externen Produzenten zu beauftragen, komme für ihn dennoch nicht infrage: „Dadurch würde unser Alleinstellungsmerkmal komplett flöten gehen.“

Stattdessen will der Thüringer Gründer die Baustellen mithilfe neuer Investoren angehen; erste Gespräche seien bereits im Gang. Das Problem: „Viele VCs verstehen das Thema Nachhaltigkeit nicht“, sagt Daunke. „Für die ist unsere eigene Produktion, die ich persönlich als Stärke sehe, ein Problem.“ Mit einer neuen Finanzierung solle nicht nur der Umzug auf eine größere Produktionsfläche gestemmt, sondern auch die Präsenz im stationären Handel deutlich ausgebaut werden.

Die Ziele des Gründers sind hoch gesteckt: „Ich sehe schon, dass wir das Potenzial haben, einer der größten Bio-Produzenten Europas zu werden“, sagt er. An einem Punkt sei jedoch nicht zu rütteln: Das Unternehmen soll vor Ort in Thüringen bleiben. „Wir wohnen hier seit über 20 Jahren, sind gut vernetzt. Nach Berlin gehen? Bloß nicht, das wäre fatal!“

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Source: businessinsider.de