„Mickey 17“: Diesen Mann kann man wegwerfen
Vielleicht müsste man alle Verspätungen als Chancen
begreifen. Endlich einmal das Casino am Hauptbahnhof von Hannover von innen
sehen, endlich einmal mit leerem Handyakku das echte Leben spüren. Mickey 17
jedenfalls, der neue Film des südkoreanischen Regisseurs Bong Joon Ho, ist
nun ein ganzes Jahr nach dem ursprünglich verkündeten Termin in die Kinos
gekommen und hat dadurch nur gewonnen. Der Film zeigt eine Zukunftsvision, die
seit Beginn der zweiten Präsidentschaft von Donald Trump kaum noch nach Science-Fiction
aussieht.
Das war wohl nicht die Intention hinter den
Verschiebungen: Anfang des Monats verlor Hollywood bei der Verleihung der
Oscars schließlich auch nur indirekte Worte zu Trump, Kritik am Präsidenten scheint
dort derzeit nicht gefragt zu sein. Bei den Oscars im Jahr 2020 hatte Joon Ho
überraschend abgeräumt, mit dem düsteren Film Parasite, der den Begriff
Klassenkampf beim Wort nahm. Erstmals ging die Trophäe für den besten Film
damals an eine nicht englischsprachige Produktion. Seitdem wurde Joon Hos Nachfolgeprojekt
heiß erwartet. Mickey 17 ist nun merklich ein Hollywoodfilm, bunter und
lustiger als der in Südkorea gedrehte Vorgänger. Dennoch bohrt er, gerade
aufgrund seiner Verspätung, den Finger in aktuelle Wunden.