Michel Friedman in Klütz: Fast ein kleinster Teil Versöhnung
In seinem Ende August erschienenen Buch Mensch! Liebeserklärung eines verzweifelten Demokraten schreibt der Publizist Michel Friedman: „Ich lebe in einer Demokratie, in einem demokratischen Rechtsstaat. Was für ein Privileg. Liegt es da nicht nahe, dass ich mit glühenden Augen ein Streiter für diesen Humanismus bleiben will?“
Am Abend des 29. Septembers steht Michel Friedman auf einer eilig aufgebauten Bühne auf dem Marktplatz der 3.000-Einwohner-Stadt Klütz, und er scheint gewillt, sein Wort zu halten. Eigentlich wollte man ihn hier nicht haben, man hat ihn sogar ausgeladen. Und nicht trotzdem, sondern gerade deswegen ist Friedman mit dem Schriftstellerverband PEN Berlin in Eigenregie nach Klütz gekommen. Um darüber zu diskutieren, was für eine Gesellschaft das sein soll, in der eine Lesung von einem jüdischen Intellektuellen, also ihm, abgesagt wird – ohne plausiblen Grund. Friedman ist nicht angereist, um aus seinem Buch zu lesen, sondern um Streit über seine Ausladung anzuzetteln, demokratischen Streit. Die Hauptrollen vergibt er an diesem Abend an die Bürger der Stadt Klütz, ihren Bürgermeister, ihren Literaturhauschef – und ein bisschen an sich selbst.