„Menschenfeindliche Abschiebepolitik“ – Grüne kritisieren Habecks 10-Punkte-Plan

Robert Habecks Zehn-Punkte-Plan in der Migrationspolitik stößt in der eigenen Partei auf Widerstand. Die Grüne Jugend Niedersachsen warf ihm „rechte Narrative“ und „Hass und Hetze“ vor, ruderte dann aber zurück. Mehr im Liveticker.
Am 23. Februar findet die Bundestagswahl statt, die heiße Wahlkampfphase hat begonnen. Nach der Niederlage für Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz bei einer Abstimmung im Bundestag bleibt die Migrationspolitik das bestimmende Thema.
Alle Entwicklungen zum Wahlkampf im Liveticker:
20:41 Uhr – Scholz offen für Koalition mit CDU und CSU
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schließt auch nach den Unions-Anträgen zur Migrationspolitik im Bundestag eine Zusammenarbeit mit der CDU und CSU nach der Wahl nicht aus. Seine Haltung sei immer gewesen: „Es darf keine Zusammenarbeit mit der AfD geben“, sagte Scholz bei einem Wahlkampftermin in Marl (NRW). „Mit der AfD nicht. Alles andere kann schwer werden, kompliziert – mal sehen.“ Darüber könne man erst nach der Wahl entscheiden.
20:05 Uhr – Grüne Jugend Niedersachsen kritisiert Habecks 10-Punkte-Plan als „menschenfeindliche Abschiebepolitik“ – und löscht Post
Die Grüne Jugend Niedersachsen hat sich mit einem Beitrag auf Instagram und Facebook entschlossen gegen Robert Habecks 10-Punkte-Plan zur Migrationspolitik gestellt. Im Zentrum des Plans des Grünen Kanzlerkandidaten stehe „eine ‚Vollstreckungsoffensive‘ die im Kern nichts anderes beinhaltet als eine menschenfeindliche Abschiebepolitik, die sich an rechten Narrativen orientiert“, heißt es darin.
Und weiter: „Zuversicht heißt nicht, die eigenen Werte für ein paar Prozent bei einer Wahl über Board zu werfen und rechte Narrative zu befeuern“ – eine Anspielung auf Habecks Wahlkampagne, die mit dem Slogan „Zuversicht“ wirbt.„Wer Fragen zur Sicherheitspolitik zu Fragen der Migrationspolitik macht“, schüre „Hass und Hetze“, schließt die niedersächsische Jugendorganisation ihren Beitrag ab. Später löschten die Grüne Jugend den Beitrag – zunächst auf Instagram, dann auch auf Facebook.
17:40 Uhr – Merz bei Besuch von Uni-Klinik von Demonstranten blockiert
Mehrere hunderte Demonstranten haben eine Ausfahrt der Kölner Uni-Klinik blockiert. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) besuchten die Klinik am Nachmittag. Die Polizei forderte die Menschen zunächst vergeblich auf, den Platz zu räumen. Dann schob die Polizei eine Gasse frei, und schwarze Limousinen verließen das Gelände.
17:38 Uhr – Schweitzer gegen „Ausschließeritis“ von Koalitionen
Alexander Schweitzer, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, wirbt für eine möglichst schnelle Regierungsbildung nach der Bundestagswahl. „Ich habe eine echte Sorge, dass sich jetzt alle Aufmuskeln“ und „Ausschließeritis formulieren“, sagte der SPD-Politiker in Mainz.
„Das muss man ja auch irgendwann wieder zurückholen.“ Markus Söders Angriffe auf die Grünen seien aus seiner Sicht bereits „grenzüberschreitend“. Er halte es auch nicht für richtig, wenn die FDP beschließe, eine Koalition mit den Grünen auszuschließen. „Koalitionsverhandlungen werden so nicht funktionieren“, mahnte er und verwies auf die Regierungsbildung in Österreich.
14:10 Uhr – Jusos erhöhen Druck auf Merz und SPD-Spitze
Juso-Chef Philipp Türmer lehnt eine Koalition mit der Union unter Friedrich Merz zunehmend ab. „Kooperation mit Faschos, Erpressung statt Kompromisssuche und das sichere Gefühl, dass wir es hier mit einem affektgetriebenen Politikamateur ohne Impulskontrolle zu tun haben, lassen sehr ernsthaft an der Regierungsfähigkeit der Union in diesem Zustand zweifeln“, sagte der Vorsitzende der SPD-Nachwuchsorganisation dem „Spiegel“. Jeden Tag bekomme er „Dutzende Nachrichten von Jusos und aus anderen Teilen der Partei“, die fordern, eine Koalition mit der Union unter Merz zu verweigern.
Innerhalb der SPD wird jedoch auch davor gewarnt, eine Koalition mit Merz kategorisch auszuschließen – führende Sozialdemokraten mahnen, dass Demokraten immer gesprächsbereit sein müssten.
12:45 Uhr – Linnemann kritisiert Migrationspläne von FDP und Habeck
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann glaubt nicht, dass der jüngste Vorschlag der FDP für einen „Migrationspakt der Mitte“ Erfolg haben wird. Die FDP wolle das Gesetz zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem mit dem Zustrombegrenzungsgesetz verbinden. Im Gespräch mit WELT TV erklärte er: „Es ist ja zum Teil eine Wiederholung dessen, was am Freitag war. Und es gab ja keine Mehrheit.“ Hinter dem Vorschlag vermute er „Wahltaktik“ der FDP. Auch der 10-Punkte-Plan von Robert Habeck werde aus Linnemanns Sicht keine Veränderungen bringen: „Ich finde es schon amüsant, dass jetzt auf einmal eine Woche später alle Parteien kommen und sagen: Wir haben doch noch mal Vorschläge, worüber ihr mit uns reden wollt.“
11:41 Uhr – Vermummte Demonstranten versuchen CDU-Treffen zu stören
Vermummte Demonstranten haben nach Polizeiangaben versucht, ein CDU-Treffen in einem Lokal in Berlin-Dahlem zu stören. Die Gruppe sei unvermittelt auf Polizisten vor der Gaststätte losgerannt und habe versucht, in das Gebäude einzudringen. Einsatzkräfte gingen dagegen vor und setzten Reizgas ein, wie die Polizei mitteilte. Zehn Menschen wurden kurzzeitig festgenommen, um deren Identität zu klären. Die Polizei ermittelt wegen Landfriedensbruchs. Nach den Angaben schützten rund 100 Polizistinnen und Polizisten das Treffen eines CDU-Kreisverbandes zu den Themen Asylrecht und Migrationspolitik.
Während der Versammlung der Parteimitglieder verwehrten Polizisten nach den Angaben insgesamt sechs Menschen den Zutritt zu der Gaststätte. Daraufhin wurde laut Polizei spontan eine Demonstration angezeigt mit dem Titel „Gegen rassistische Abschiebepolitik“. Daran hätten sich in der Spitze etwa 60 Menschen beteiligt. Eine Gruppe vermummter Teilnehmer habe dann versucht, ins Lokal zu kommen. Bei der Auseinandersetzung erlitten nach Polizeiangaben 11 Einsatzkräfte Augen- und Atemwegsreizungen. Ob auch Demonstranten verletzt wurden, war demnach nicht bekannt.
10:14 Uhr – Ricarda Lang kritisiert rot-grüne Schadenfreude über Merz
Die frühere Grünen-Chefin Ricarda Lang kritisiert ihre eigene Partei für den Umgang mit Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz. Der Unionsfraktionschef habe „große Fehler im Umgang mit den Rechtsextremen gemacht (…). Aber dieses fast hämische ‚wollte er nicht die AfD halbieren höhöhö‘ von manchen aus meiner Partei und der SPD finde ich ziemlich befremdlich“, schrieb die Bundestagsabgeordnete auf X. Man könne nicht in Regierungsverantwortung sein, während sich die AfD verdoppele und dann „so tun, als ob dafür alleine die Opposition verantwortlich wäre“, schrieb sie weiter.
Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, dessen Partei ebenfalls Teil der vorzeitig geplatzten Ampel-Regierung war, pflichtete ihr bei. „Ricarda Langs Analyse teile ich. (…) Wer so ignorant mit den eigenen Fehlleistungen und Versäumnissen umgeht und dabei andere, die sich um die Problemlösung kümmern, als ‚rechtsextrem‘ brandmarkt, hat den Schuss nicht gehört“, schrieb er auf X.
Nach den umstrittenen Abstimmungen zur Migration im Bundestag in der vergangenen Woche bleibt die AfD in Umfragen weiter knapp über 20 Prozent. In einer jüngsten Insa-Umfrage im Auftrag der „Bild“-Zeitung liegt die AfD bei 22 Prozent hinter CDU/CSU mit 30 Prozent. Im aktuellen ZDF-Politbarometer verliert die Union leicht auf 29 Prozent, die AfD kommt auf 21 Prozent.
09:42 Uhr – FDP verliert weiter Mitglieder
Die Zahl der FDP-Mitglieder ist zum Jahreswechsel auf 68.170 gesunken, teilte ein Parteisprecher mit. Zur Jahreswende 2023/2024 zählten die Liberalen noch 71.820 Mitglieder – auch bereits 4.280 weniger als ein Jahr zuvor. Allerdings versicherte der Sprecher, dass nach dem Ampel-Aus die Mitgliederzahl wieder steige. Die Partei habe aktuell rund 69.000 Mitglieder.
Die FDP hatte bereits 2022 Mitglieder eingebüßt, jedoch war dieses Minus mit rund 900 noch relativ klein ausgefallen. Zuvor hatten die Liberalen mehrere Jahre lang einen Mitgliederzuwachs erfahren.
07:12 Uhr – „Populistische Parolen“ – Baerbock kritisiert Migrationspläne der Union
Außenministerin Annalena Baerbock kritisiert die migrationspolitischen Pläne der Union scharf. „Wir müssen Migration mit Humanität und Ordnung steuern – nicht mit Illusionen“, sagte die Grünen-Politikerin dem Berliner „Tagesspiegel“. Das CDU-Sofortprogramm, dass die Partei auf ihrem Parteitag beschlossen hat, hält sie für unausgegoren. „Wer stabile Lösungen will, braucht europäische Zusammenarbeit, nicht populistische Parolen“, sagte sie.
Die Unionsvorschläge für eine „Generalabschottung“ ignorierten Deutschlands europäische Nachbarn. Es sei eine Mammutaufgabe, die ungeordnete Migration nach Europa wirksam und nachhaltig zu reduzieren und gleichzeitig den europäischen Binnenmarkt als Triebkraft des Wohlstands zu sichern. Das könnten die Europäer nur gemeinsam bewältigen. Baerbock warb für die Zustimmung der Union zur Reform des europäischen Asylsystems GEAS, das auch in Deutschland noch umgesetzt werden muss. Die Reform sei „pragmatisch, verantwortungsvoll und umsetzbar“.
04:48 Uhr – FDP macht Vorschlag für „Migrationspakt der Mitte“
Die FDP will mit einem neuen Anlauf Union, SPD und Grüne für einen „Migrationspakt der Mitte“ gewinnen. Dazu sollen nach dem Vorstoß der Liberalen die Inhalte des am Freitag im Bundestag gescheiterten Zustrombegrenzungsgesetzes in das Gesetz für die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems überführt werden.
23:24 Uhr – Union stellt Europas Asylsystem infrage
In der Debatte über die Migrationspolitik stellt die Union die gemeinsamen europäischen Asylregeln infrage. „Dublin 3 hat in der Vergangenheit nicht funktioniert, und es funktioniert auch heute nicht“, sagte der Parlamentsgeschäftsführer der Union im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), in der ARD-Sendung „Hart aber fair“. Nach dem sogenannten Dublin-Verfahren ist in der Regel das europäische Land für einen Flüchtling zuständig, über das er in die EU eingereist ist. „Unser Vorschlag ist deshalb eine sichere Drittstaatenregelung“, betonte Frei.
dpa/AFP/Reuters/sos/jml/sebe
Source: welt.de