Marktbericht: Stimmungsknick am Aktienmarkt

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Wie gewonnen, so zerronnen: Die Marke von 16.000 Punkten hat der DAX heute wieder nach unten durchbrochen. Die Anleger verlieren beim Warten auf eine Einigung im US-Schuldenstreit die Geduld.
Bei rund 15.880 Punkten notiert der deutsche Leitindex am Mittag, das entspricht einem Minus von 1,6 Prozent. Nachdem der DAX in der vergangenen Woche noch einen Rekordstand von 16.332 Zählern erreicht hatte, gerät die Bestmarke nun schon wieder außer Sicht.
„Die Verunsicherung unter den Anlegern ist groß. Da in den USA Republikaner und Demokraten weiterhin keine Einigung im Schuldenstreit erzielen können, bringen sie ihre Schäfchen zunächst ins Trockene und nehmen die Gewinne aus der 40-Prozent-Rally seit vergangenem Oktober mit“, resümiert Marktanalyst Jürgen Molnar von RoboMarkets die Abwärtsbewegung der vergangenen Handelstage.
Nach Prognosen des Finanzministeriums droht ab Anfang Juni ein Zahlungsausfall der US-Regierung, sollte die Schuldenobergrenze in den USA nicht erhöht werden. Das jüngste Spitzentreffen zwischen Präsident Joe Biden und dem Verhandlungsführer der Republikaner, Kevin McCarthy, war gestern Abend erneut ohne Ergebnis zu Ende gegangen.
Nach herben Verlusten an den US-Aktienmärkten am Abend und auch an der japanischen Börse am Morgen, ist damit derzeit noch keine Erleichterung in Sicht. Die Wall Street wird in etwa auf dem Niveau des gestrigen Handelsschlusses eröffnen. Die Unsicherheit wird auch in New York bestehen bleiben, bis eine Entschärfung des Schuldenstreits gelingt.
Auch am Devisenmarkt warten die Marktteilnehmer derzeit gespannt ab. Die europäische Gemeinschaftswährung notiert kaum verändert bei 1,0780 Dollar. Am Mittag kostet ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juli 77,95 Dollar, ein Plus von 1,5 Prozent gegenüber gestern. Eine erneute Warnung des führenden Ölförderlandes Saudi-Arabien vor der Spekulation auf weiter fallende Ölpreise am Markt zeigt laut Experten nun Wirkung. Zudem werden die Ölpreise durch einen Rückgang der US-Lagerbestände an Rohöl gestützt.
Erstmals seit einem halben Jahr hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft im Mai wieder eingetrübt. Das ifo-Geschäftsklima fiel zum Vormonat um 1,7 Punkte auf 91,7 Zähler. Die künftigen Geschäfte werden von den 9000 befragten Unternehmen deutlich schlechter als im Monat zuvor eingeschätzt. Auch die aktuelle Lage bewerten die Unternehmen im Mai weniger gut. In der Industrie und in der Bauwirtschaft hat sich das Geschäftsklima merklich verschlechtert. Im Dienstleistungssektor ist der entsprechende Indexwert hingegen nahezu unverändert geblieben.
Zu den wenigen Kursgewinnern am Mittag im Leitindex gehören die Aktien des Biotech-Unternehmens Qiagen und des Bayer-Konzerns. Bayer hatte am Abend die erfolgreiche Platzierung von Anleihen über insgesamt drei Milliarden Euro gemeldet. Die Emission habe aus drei Tranchen mit Laufzeiten von 3,25 bis zehn Jahren bestanden und sei rund vierfach gezeichnet worden, so das Unternehmen. Die Erlöse sollen für allgemeine Unternehmenszwecke verwendet werden.
Die britische Wettbewerbsaufsicht CMA verdächtigt die Deutsche Bank und andere Geldhäuser der Missachtung von Wettbewerbsregeln bei Geschäften mit Staatsanleihen. Händler der Institute hätten in Chats wohl sensible Informationen wie beispielsweise Anlagestrategien ausgetauscht, hieß es heute von der CMA. Es sei bislang allerdings unklar, ob Gesetzesverstöße vorlägen. Die Behörde will vor einer Entscheidung über das weitere Vorgehen die Stellungnahmen der Institute prüfen. Neben der Deutschen Bank stehen laut der Behörde auch Citigroup, HSBC, Morgan Stanley und die Royal Bank of Canada unter Verdacht.
Der Autokonzern Mercedes-Benz hat das Windenergie-Projekt auf seinem Testgelände im norddeutschen Papenburg besiegelt. Mit dem Energieparkentwickler UKA ist nach Unternehmensangaben ein langfristiger Vertrag in dreistelliger Millionenhöhe über rund 20 Anlagen mit über 120 Megawatt Leistung jährlich ab 2026 geschlossen worden. Damit will der Konzern rund 20 Prozent seines Strombedarfs in Deutschland produzieren. Derzeit stammten 45 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen, Ziel für 2030 sind 70 Prozent.
Die wiedergewonnene Lust der Menschen auf Konzerte und Veranstaltungen haben dem Ticketverkäufer und Veranstalter aus dem MDAX einen Schub gegeben. Im ersten Quartal konnte das Unternehmen seinen Gewinn laut endgültiger Zahlen unter dem Strich auf 43,7 Millionen Euro vervierfachen. Der Umsatz stieg im Berichtszeitraum auf gut 366 Millionen Euro. Der Ausblick des Unternehmens, nach dem ein stabiles Ergebnis 2023 erwartet wird, reicht Anlegern aber offenbar nicht, die Aktie fällt am Morgen deutlich.
Aktien von Varta haben am Mittag mit 16,95 Euro ihr Rekordtief vom März 2018 unterschritten. Weitere Anleger nehmen Reißaus, nachdem Analyst Philipp Konig von Goldman Sachs in einer aktuellen Studie bei einem halbiertem Kursziel von 15 Euro zum Verkauf geraten hat. Der Experte sieht Risiken für die Umsatz- und Ergebnisziele des Unternehmens. Im profitablen Geschäft mit den Lithium-Ionen Knopfzellen habe das Unternehmen 2022 Marktanteile verloren. In anderen Bereichen sieht der Analyst gleichzeitig kaum Ergebnisdynamik.
Höhere Werbeeinnahmen im heimischen Markt haben der italienischen Mediengruppe MFE – MediaForEurope im ersten Quartal ein Gewinnplus eingebracht. Das operative Ergebnis (Ebit) stieg um ein Viertel auf 19,3 Millionen Euro, wie der Großaktionär des deutschen Fernsehkonzerns ProSiebenSat.1 mitteilte. Die Bruttowerbeeinnahmen auf dem italienischen Markt, der den Großteil des Gesamtumsatzes der Gruppe ausmacht, stiegen um 0,4 Prozent auf 463 Millionen Euro. MFE wird vom ehemaligen Regierungschef Silvio Berlusconi und seiner Familie kontrolliert.
Für Netflix-Nutzer in Deutschland, die einen Account über einen Haushalt hinaus teilen, wird es ernst. Der Streaming-Riese wies seine Kunden gestern darauf hin, dass er dafür bald zusätzliches Geld verlangen wird. Für jede Person, die nicht mit dem zahlenden Account-Inhaber unter einem Dach wohnt, sollen 4,99 Euro im Monat fällig werden. Netflix erhofft sich davon höhere Einnahmen. Das US-Unternehmen geht davon aus, dass in rund 100 Millionen Haushalten der Service mit Login-Daten anderer genutzt wird.
Source: tagesschau.de