Marina Owsjannikowa: Unter Verdacht
Das Demonstrieren ist für sie noch ungewohnt, etwas unschlüssig steht Marina Owsjannikowa in der Gegend herum und schaut auf die Menge, die sich über den Boulevard ergießt. In dem Kosmos, aus dem sie kommt, galt es als suspekt, für eine Sache auf die Straße zu gehen. Bilder von Demonstrationen, auch von solchen, die weit weg waren und rein gar nichts mit Russland zu tun hatten, sortierten sie und ihre Kollegen schon mal gleich aus. Hätten die Leute auf Gedanken bringen können.
Nun, im Dauerregen auf dem Boulevard Voltaire in Paris, hält Marina Owsjannikowa Ausschau nach einer Lücke in der Menschenmenge. Sie will in die erste Reihe. Das wäre gut für das Foto, das sie posten will. Es ist aber kein Durchkommen zwischen all den Demonstrantinnen, die „Solidarität mit den Frauen in Afghanistan, Iran und Kurdistan“ fordern, „Nieder mit dem Patriarchat!“ und „Girls’ Power“. Es trommelt, ein Meer von lila Plakaten, die „Wütenden Feministinnen“ grölen. Man kann nicht mal sehen, wo die Spitze des Zuges ist.