Märkte: Warum Pharma-Werte an den Börsen straucheln

Auch ein möglicherweise höher als erwarteter Verkaufserlös von mehr als 650 Millionen für eine Produktionsanlage in Toulouse konnte dem Hamburger Biotechunternehmen Evotec am Mittwoch an der Börse nicht nachhaltig helfen. Das im S-Dax und an der amerikanischen Nasdaq gelistete Unternehmen, das seit Längerem in der Krise steckt, rutschte zwischenzeitlich rund zwölf Prozent ins Minus – und bildete mit großem Abstand das Schlusslicht des Index, der gut ein Prozent im Minus lag.

Letztlich waren es die enttäuschenden operativen Ergebnisse, die Anleger und Analysten abschreckten. In den ersten neun Monaten des Jahres musste Evotec einen Umsatzrückgang und einen operativen Verlust verkraften. Das Unternehmen begründet die enttäuschenden Ergebnisse mit einer anhaltend schwachen Nachfrage im Geschäft mit frühen Wirkstoffforschungsdienstleistungen. Ein Blick auf den Kursverlauf im vergangenen Jahr zeigt im Vergleich zum S-Dax dementsprechend auch wenig Erhellendes für Anleger. Analysten waren ebenfalls enttäuscht. Der Umsatz von Evotec im dritten Quartal habe die Konsensschätzung um 13 Prozent unterboten, merkte Analyst Charles Weston von der Bank RBC an. Er resümierte ein „trostloses drittes Quartal“.

Der Gesundheitskonzern Fresenius aus Bad Homburg konnte am Mittwoch hingegen bessere Ergebnisse abliefern und hob dank starker Geschäfte in der Arzneisparte die Gewinnprognose an. „In unvorhersehbaren und zum Teil auch unberechenbaren Zeiten haben wir Stärke und Verlässlichkeit bewiesen“, sagte Vorstandschef Michael Sen. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) stieg im dritten Quartal um vier Prozent auf 574 Millionen Euro und übertraf damit die Analystenerwartungen. Der Umsatz legte um drei Prozent auf 5,48 Milliarden Euro zu. Unter dem Strich stand ein Konzernergebnis von 351 nach 312 Millionen Euro im Vorjahr.

Analysten zeigten sich dementsprechend positiv. Die Schweizer Großbank UBS hat die Einstufung mit einem Kursziel von 57 Euro auf „Kaufen“ belassen. Die Bad Homburger hätten die Erwartungen getoppt und die Ziele höher gesteckt, schrieb Graham Doyle. Ähnlich äußerte sich die Analystin der US-Bank Citigroup, die die Einstufung für Fresenius mit einem Kursziel von 52 Euro ebenfalls auf „Kaufen“ belassen hat. Fresenius habe im dritten Quartal die Erwartungen übertroffen, schrieb Veronika Dubajova. Sie sieht darin eine Fortsetzung des positiven Berichtstrends. Die Aktie lag in einem negativen Umfeld dennoch im Minus.

Fresenius blickt derweil gespannt auf die USA. Konzernchef Sen hofft, dass die amerikanischen Arzneizölle nicht für Nachahmermedikamente (Generika) gelten, die Fresenius über seine Tochtergesellschaft Kabi herstellt. Fresenius macht zwar den Großteil seiner Geschäfte in Europa, doch Nordamerika ist ein wichtiger Markt. Aufgrund von Trumps Zollpolitik gewinnen geostrategische Fragen auch für Pharmakonzerne zunehmend an Bedeutung. Lokal produzierte Arzneimittel werden aus Sicht der Fachleute von Fitch künftig der entscheidende Hebel in Preisverhandlungen mit Regierungen sein, heißt es in einer kürzlich veröffentlichten Studie.

Deshalb sorgte die Mitteilung von Novo Nordisk, dass sich das Unternehmen mit der staatlichen US-Krankenversicherung Medicare auf einen Preis für seine Schlüsselmedikamente Ozempic und Wegovy geeinigt hat, unter Anlegern zunächst für Erleichterung. Einige Analysten werteten die Vereinbarung als weniger belastend als befürchtet. Der neue Preis soll von 2027 an gelten.

Allerdings konnte diese positive Nachricht nicht über enttäuschende Quartalsergebnisse hinwegtäuschen. Die Dänen mussten ihre Prognose abermals kappen. Der Konzern, der dank des Erfolgs seiner Abnehmspritze Wegovy zeitweise zum wertvollsten börsennotierten Unternehmen Europas aufgestiegen war, bekommt zunehmend stärkeren Wettbewerb zu spüren. Seit dem Höchststand im Juni 2024 ist der Börsenwert um rund 70 Prozent gefallen. Nach anfänglichen Verlusten drehte die Aktie am Mittwoch leicht ins Plus.