Madagaskar: Was ist los in Madagaskar?

Politisches Chaos in Madagaskar: Nach wochenlangen Protesten hat sich Präsident Andry Rajoelina ins Ausland abgesetzt, zurücktreten will er aber nicht. Das Militär hat ihm die Unterstützung entzogen und mitgeteilt, die Macht übernommen zu haben. Das Parlament hat derweil ein Amtsenthebungsverfahren gegen Rajoelina eingeleitet.

Was hat die jüngste Eskalation in Madagaskar ausgelöst?

Noch ist die Lage unübersichtlich. „Wir ergreifen die Macht“, sagte Oberst Michael Randrianirina, Kommandant der Spezialeinheit Capsat, am Dienstagnachmittag. Die Verfassung sei ausgesetzt, ein Präsidentschaftsrat aus Angehörigen von Armee und Gendarmerie eingesetzt. Man werde einen Premierminister ernennen, der rasch eine Zivilregierung bilden solle. Die Eliteeinheit Capsat hatte sich bereits am Wochenende den Protesten gegen die Regierung angeschlossen.

Der bisherige Präsident Andry Rajoelina hatte zuvor in sozialen Medien ein Dekret veröffentlicht, mit dem er das Parlament aufgelöst hatte. Die Opposition erklärte das für rechtswidrig. Das Parlament leitete ein Amtsenthebungsverfahren ein, was Rajoelina wiederum als verfassungswidrig bezeichnete. Rajoelina hatte sich bereits am Wochenende ins Ausland abgesetzt, einen Rücktritt aber abgelehnt. Wo genau er sich aufhält, ist unklar.

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Wie geht es jetzt weiter?

Das Oberste Gericht des Landes lud Randrianirina dazu ein, das
Präsidentenamt zu übernehmen und bat ihn darum, innerhalb von 60
Tagen Neuwahlen zu organisieren. Der bisherige Präsident könne seine
Aufgaben nicht mehr wahrnehmen, so das Gericht.

Randrianirina selbst kündigte eine Übergangsphase von „maximal zwei Jahren“ an, während der es ein Referendum über eine neue Verfassung geben solle. Erst danach solle neu gewählt und sollten neue Institutionen eingesetzt werden.

Der bisherige Präsident Rajoelina bezeichnete die Entscheidung des Obersten Gerichts in einer auf Facebook verbreiteten Erklärung als „illegal“ und „verfassungswidrig“. Er sieht sich weiterhin als Präsident. 

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Was hat die Krise ausgelöst?

Seit Ende September gibt es Proteste, insbesondere junger Menschen, in Madagaskar, einem der ärmsten Länder der Welt. Ausgelöst wurden sie durch Wasser- und Stromknappheit. Die Demonstrationen entwickelten sich zu einer Protestbewegung gegen Korruption, schlechte
Regierungsführung und mangelnde Grundversorgung. Einsatzkräfte gingen gewaltsam gegen die Proteste vor. Dabei wurden nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens 22 Menschen getötet und mehr als 100 verletzt.

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Wer ist Präsident Rajoelina?

Der 51-jährige Rajoelina kam 2009 erstmals in dem Inselstaat an die Macht. Mit 34 Jahren war er zu seinem Amtsantritt der jüngste Regierungschef der Welt. Schon vor seinem Wechsel in die Politik war Rajoelina in Madagaskar bekannt – als DJ unter dem Namen TGV und als Besitzer eines Radiosenders. 2007 wurde er zum Bürgermeister der madagassischen Hauptstadt Antananarivo gewählt.

Präsident wurde Rajoelina durch einen Putsch: Die Eliteeinheit Capsat, die jetzt die Macht übernommen hat, setzte damals den amtierenden Präsidenten Marc Ravalomanana ab und brachte Rajoelina ins Amt, obwohl er gemäß der madagassischen Verfassung eigentlich zu jung dafür war.  

Bis 2014 war Rajoelina Präsident einer Übergangsregierung, 2018 gewann er dann eine Präsidentschaftswahl und kam wieder an die Macht. Vor seiner Wiederwahl 2023 gab es wochenlange Proteste gegen ihn.

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Welche Rolle spielt Frankreich?

Madagaskar war bis 1960 französische Kolonie. Bis heute machen viele Menschen die ehemalige Kolonialmacht zumindest teilweise für die katastrophale wirtschaftliche Lage im Land verantwortlich. Rajoelina hat neben der madagassischen auch die französische Staatsbürgerschaft, bei den Protesten wurde er als Marionette Frankreichs bezeichnet.

Berichten zufolge wurde Rajoelina am Sonntag von einer französischen Militärmaschine aus Madagaskar ausgeflogen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lehnte am Montag ein Statement dazu ab und äußerte lediglich „große Besorgnis“ über die Lage in Madagaskar. Zuvor hatte Macron mitgeteilt, dass die verfassungsmäßige Ordnung gewahrt bleiben müsse. Die Anliegen der Jugend seien zwar verständlich,
dürften aber nicht von militärischen Gruppen ausgenutzt werden, fügte er hinzu.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, dass Andry Rajoelina seit 2009 an der Macht gewesen sei. Zwischen 2014 und 2019 war er jedoch nicht Präsident. 

Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP, Reuters und epd

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