Liz Truss wird neue britische Premierministerin
Liz Truss wird neue Premierministerin von Großbritannien und damit Nachfolgerin von Boris Johnson. Die Mitglieder der regierenden konservativen Partei wählten die bisherige Außenministerin mit mehr als 81.000 Stimmen zu ihrer neuen Vorsitzenden. Truss zieht damit auch in den Regierungssitz Downing Street ein.

Die 47-Jährige setzte sich im internen Wahlkampf gegen den früheren Finanzminister Rishi Sunak durch, der rund 60.000 Stimmen erhielt, wie der Chef des zuständigen Fraktionskomitees, Graham Brady, in London mitteilte.
Königin Elizabeth II. wird Truss am Dienstag auf ihrem Schloss Balmoral in Schottland zur Premierministerin ernennen. Damit wird Truss die dritte Frau an der britischen Regierungsspitze nach Margaret Thatcher und Theresa May.
„Habe als Konservative Wahlkampf gemacht und werde als Konservative regieren“
Truss wird dem rechten Flügel der Partei zugeordnet. Im Wahlkampf hatte sie sich immer wieder auf die frühere Premierministerin Thatcher berufen, die an der Parteibasis bis heute verehrt wird. Die Außenministerin galt lange als entschiedene Gegnerin des Brexit. Dies bezeichnet sie heute als Fehler. Nach der Verkündung ihres Wahlsiegs würdigte sie den EU-Austritt Großbritanniens auch als wesentliches Verdienst ihres Vorgängers. „Boris, du hast den Brexit geschafft. Du hast Jeremy Corbyn niedergeschmettert, du hast den Impfstoff bereitgestellt. Und du hast dich Wladimir Putin entgegengestellt. Du wurdest bewundert von Kiew bis nach Carlisle.“
Das Votum der Parteimitglieder bezeichnete Truss als „Ehre“. Den Wählern sagte sie zu, zu „liefern“, was sie versprochen habe. „In diesem Wahlkampf um die Führung habe ich als eine Konservative Wahlkampf gemacht und ich werde als Konservative regieren“, sagte sie.
Steuersenkungen und höhere Militärausgaben
Johnson war Anfang Juli nach einer parteiinternen Revolte gegen seine Amtsführung als Parteichef zurückgetreten. Am Dienstag will er bei Königin Elizabeth II. offiziell seinen Rücktritt als Regierungschef einreichen.
Truss und Sunak hatten sich in mehreren Wahlgängen der Fraktion für die Stichwahl qualifiziert. Truss hatte im Wahlkampf vor allem mit ihrem Versprechen gepunktet, trotz enorm hoher Inflation sofort die Steuern senken zu wollen. Außerdem sammelte sie bei der Parteibasis – die deutlich älter, männlicher und wohlhabender ist als der Durchschnitt der britischen Bevölkerung – Punkte mit einer konfrontativen Linie gegenüber der EU und populistischen Äußerungen zu Flüchtlingen, Linken, Umweltaktivisten sowie gesellschaftlichen Minderheiten. Zu Truss‘ Wahlkampfversprechen gehörte auch die Aufstockung der Militärausgaben.
Als größte Herausforderung für die designierte Regierungschefin gelten die hohen Energiepreise. Es wird erwartet, dass Truss innerhalb weniger Tage ihre Pläne im Kampf gegen die steigenden Kosten für Strom und Gas vorstellt. Fraglich ist allerdings, ob sie es schaffen wird, die Torys nach einem harten Wahlkampf zu einen – in der Fraktion hatte Sunak mehr Unterstützer. In der Außenpolitik wird befürchtet, dass Truss den Streit mit der EU um Brexit-Regeln für Nordirland weiter eskaliert.