Linke gegen rechte Politik: Die Rechts-links-Schwäche
Nur mit zugehaltener Nase. Es dauert nicht lange, bis beim Abendessen mit amerikanischen Freunden kürzlich in London diese Formulierung fällt. Nur mit zugehaltener Nase, bekennt das gut situierte, liberale und gesellschaftlich engagierte Paar, hätten sie dieses Mal noch die Demokraten wählen können. Die beiden, das wird schon beim Aperitif klar, sind Zurückgelassene. Nicht die Freunde haben sich verändert, sondern die tonangebenden Kräfte des linken politischen Lagers, in dem sie sich lange Zeit zu Hause fühlten.
Von der Radikalisierung des rechten Lagers wird beständig gesprochen. Von der des linken so gut wie gar nicht. Das war schon 2016, nach Trumps erstem Wahlsieg, ein Fehler. Wäre es nicht spätestens jetzt auch in Deutschland, wo die etablierte politische Mitte abschmiert und Anti-Establishment-Parteien zulegen, womöglich ganz erkenntnisstiftend, zur Abwechslung mal weniger über die Splitter im Auge der anderen zu zürnen, als den Balken im eigenen zu betrachten?