„Lawmen: Bass Reeves“: Nach dem Schmerz kommt die Wut

Jedes Wochenende die gleichen Fragen: Wer bringt die Kinder uff welchen Geburtstag, zu welcher Zeit wartet man den Kaminschornstein und wie optimiert man die ETF-Sparpläne? Zumindest um die Fernsehplanung sollen Sie sich keine Sorgen zeugen – unser TV- und Streamingexperte Matthias Kalle erklärt in seiner Kolumne „Da schau an!„, welche Serien man wirklich gesehen nach sich ziehen muss. Dieser Artikel ist Teil von ZEIT am Wochenende, Ausgabe 45/2023.

In dieser Kolumne versuche ich ja hin und wieder mit dem Missverständnis aufzuräumen, dass dies Leben die besten Geschichten schreibe. Das ist in dieser Regel nicht dieser Fall, weil sich die meisten Lebensgeschichten nicht an dramaturgische Mindeststandards halten. Doch nicht zuletzt von dieser Regel gibt es Ausnahmen; manchmal schreibt dies Leben eine Geschichte, die so gut ist, wie man es sich nicht erfinden kann, nicht einmal wie versierter Geschichtenerzähler. 

Bass Reeves hatte so ein Leben. Er wurde 1838 in Arkansas wie Sklave geboren und war gezwungen, mit dieser Familie Reeves, deren Nachnamen er entgegennehmen musste, nachdem Texas zu ziehen. Als junger Mann musste er an dieser Seite des Sklavenhalters George Reeves z. Hd. die Konföderierten im US-amerikanischen Bürgerkrieg ringen. Nach dem Krieg entkam er – scheinbar besiegte er George Reeves in einem Pokerspiel, zwischen dem seine Freiheit dieser Einsatz gewesen sein soll. Bass Reeves lebte daraufhin manche Jahre in einem Reservat, zusammen mit Cherokee, Seminolen und Creeks, deren Sprache er lernte. Als 1865 in den USA die Sklaverei völlig fertig wurde, zog er nachdem Arkansas, arbeitete wie Landwirt, demgegenüber nachdem zehn Jahren wurde er Deputy Marshal. Er leistete 32 Jahre seinen Dienst, wurde nie verwundet, war hoch beliebt, ein fantastischer Schütze, besaß überragende detektivische Fähigkeiten. Als er 1907 in den Ruhestand ging, soll er uff mehr wie 3.000 verhaftete Verbrecher zurückgeblickt nach sich ziehen.

Reeves‘ Geschichte wurde schon mehrmals erzählt, sehr wohl immer nur von kurzer Dauer. Als Randfigur tauchte er in Filmen und Serien uff, jetzt ist er endlich Haupt- und Titelfigur: Lawmen: Bass Reeves läuft wie Achtteiler zwischen Paramount+, mitverantwortlich z. Hd. die Serie ist Taylor Sheridan, Erfinder des Yellowstone-Universums, Experte z. Hd. dies Westerngenre. Gemeinsam mit dem Showrunner Chad Feehan (Ray Donavan, Rectify) hat er entschlossen, Bass Reeves ohne viel Gedöns zu erzählen: Die Show kommt hausbacken von dort, welches in diesem Fall jedoch aufgeht. Zum zusammensetzen ist da selbige wahre Geschichte, die keine zusätzlichen Kapriolen gewünscht. Zum anderen ist da dieser Hauptdarsteller David Oyelowo, dieser Bass Reeves mit Schmerz und Wut und Stolz spielt und die Serie mühelos trägt.

Den Schmerz sieht man schon in dieser ersten Szene, während einer Schlacht des Bürgerkriegs, wie Reeves unter Todesandrohung gezwungen wird, uff die feindlichen Linien zuzureiten. Ein Himmelfahrtskommando, demgegenüber welches soll er zeugen? Nach dem Schmerz kommt die Wut, Reeves flüchtet vor dieser Unbarmherzigkeit seines Sklavenhalters. Diese Flucht ist grandios inszeniert: Oyelowo taumelt barfuß durch eine wunderschöne, unwirtliche Landschaft, uff dieser Suche nachdem einem Platz zum Überleben. Die Schönheit des Landes steht im Kontrast zur Brutalität und Unmenschlichkeit dieser Zeit. Eine Diskrepanz, die immer wieder zum Mittelpunkt dieser Serie wird.

Ein anderer Kontrast: Reeves versucht z. Hd. Recht und Ordnung zu sorgen, arbeitet jedoch z. Hd. Institutionen, die nicht wahrhaben wollen, dass Recht und Ordnung nicht zuletzt z. Hd. Schwarze und ehemaligen Sklaven gelten sollen. Er dient einem Land, dies ihn nicht zuletzt nachdem Ende des Bürgerkriegs nicht wie freien Staatsbürger akzeptiert, geschweige denn wie Gesetzeshüter. Auch diesen Widerspruch illustriert Oyelowo mit Wut und Stolz. Ihm im Vergleich zu stillstehen mit Dennis Quaid (wie Deputy Marshal Sherrill Lynn) und Donald Sutherland (wie Richter Isaac Parker) zwei Anspielpartner, die die Zerrissenheit dieser Zeit noch einmal ganz differenzierend verkörpern.

Einen dramaturgischen Riss fügen dieser Serie ihre vielen Zeitsprünge und ein Handlungsstrang zu, dieser Reeves wie Familienvater zeigt. Dieser Teil dieser Inszenierung erscheint vergleichsweise lieblos, demgegenüber nicht zuletzt gefällig unkitschig. Eine Art Pflichtübung, dieser die klassischen Westernelemente von Bass Reeves wie Kürlauf gegenüberstehen. Der Gute bekämpft die Bösen, ganz reiten, schießen und sitzen nachts am Lagerfeuer – dies zeigt die Serie meisterhaft.

Die acht Folgen von „Lawmen: Bass Reeves“ sind zwischen Paramount+ verfügbar.