Lage in welcher Ukraine: Ein neuer Großangriff zeichnet sich nicht ab
177 Quadratkilometer ukrainischen Territoriums hat Russland im April besetzen können – 0,03 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets, knapp sechs Quadratkilometer pro Tag. Das sind zwar mehr als die 4,3 Quadratkilometer pro Tag im März, aber dennoch scheinen die Zahlen zu bestätigen, was sich bereits zum Ende des Winters abzeichnete: Die Donbass-Offensive ist beendet, aussichtsreiche Durchbrüche sind selbst am Horizont nicht zu erkennen.
Die inzwischen fast täglichen Aufforderungen der Ukraine an Russland, einer sofortigen Waffenruhe zuzustimmen, haben ihre Ursache zwar auch im Druck der neuen US-Regierung, Zeichen der Friedensbereitschaft zu senden. Doch als Russland im Herbst und Winter jede Woche fast so weit vorstieß wie jetzt pro Monat, hätten derartige Statements Verzweiflung ausgestrahlt. Nun aber scheint die Regierung in Kyjiw auf Grundlage der fast stabilisierten Frontlinie zu hoffen, Wladimir Putin könnte sich inzwischen womöglich nicht mehr viel von einer langfristigen Fortsetzung des Krieges versprechen.
Die bisherige Weigerung des russischen Präsidenten, darauf einzugehen, zeigt: Ganz so weit ist es derzeit wohl noch nicht. Gerade falls die USA, wie angedroht, tatsächlich aus den Gesprächen mit Russland aussteigen – man wolle künftig nicht mehr „auf Zuruf um die Welt fliegen, um Treffen zu vermitteln“, teilte am Donnerstag das US-Außenministerium mit –, wäre die Ukraine schlecht beraten, nicht mit weiteren russischen Angriffen zu rechnen. Und was den Schauplatz einer denkbaren neuen russischen Offensive betrifft, hat Putin gleich mehrere Möglichkeiten.
Gebiete mit schweren Kämpfen, letzte 24h
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Einen bedeutenden Teil ihrer April-Vorstöße erzielte die russische Armee südlich von Pokrowsk. Allein in der letzten Woche des vergangenen Monats ereigneten sich dort nach Angaben des ukrainischen Generalstabs mehr als ein Drittel aller russischen Bodenangriffe entlang der fast 1.200 Kilometer langen Frontlinie. Anders als im Winter, als Russland versuchte, die strategisch wichtige Stadt frontal anzugreifen, verlagerten sich die Kämpfe zuletzt jedoch in Gebiete deutlich südlich von Pokrowsk.
Das russisch kontrollierte Gebiet erweiterte sich dabei nicht in Richtung der Stadt, also nach Norden, sondern nach Westen, nur noch wenige Kilometer entfernt von der Grenze zur Region Dnipropetrowsk. Am Dienstag begann die dortige Regionalregierung damit, sieben frontnahe Dörfer zu evakuieren. Für Russland wäre ein Überschreiten der Grenze zwischen den Regionen weniger militärisch als vielmehr symbolisch von Bedeutung: Dnipropetrowsk wurde seit Kriegsbeginn von keinem russischen Soldaten betreten.
Dieses Szenario war lange absehbar. Bereits im vergangenen Herbst warnten ukrainische Offiziere öffentlichkeitswirksam in großen Telegramkanälen davor, Dnipropetrowsk als kampfferne Zone zu betrachten, und riefen dazu auf, auch dort Verteidigungsanlagen zu errichten. Wie Satellitenbilder zeigen, folgte die Militärführung dem Rat (wenngleich sie die Verteidigung von Pokrowsk priorisierte). So entstanden neue Schützengräben nahe Nowopawliwka, einer Siedlung in Dnipropetrowsk, in deren Richtung Russland im April der größte Vormarsch in diesem Frontabschnitt gelang. Die Ortschaft liegt an einem Fluss, der wenige Kilometer hinter der Regionalgrenze verläuft und eine wichtige Rolle bei der Verteidigung gegen russische Angriffe spielen könnte.
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Gefährlicher als die Situation nahe Dnipropetrowsk scheint für die Ukraine die Lage in einem Gebiet etwa 60 Kilometer weiter östlich zu sein – am Frontabschnitt um die Stadt Torezk, auf den ebenfalls ein bedeutender Teil der russischen Zugewinne im April entfällt. Im Februar hatte Russland vorschnell die Einnahme der Stadt verkündet, später drängten ukrainische Truppen die Angreifer leicht zurück. Doch ein Großteil von Torezk ist besetzt, und westlich der Stadt drang Russland entlang einer Autobahn mehrere Kilometer weit vor.
Torezk ist dabei die Südspitze eines gedachten Dreiecks von Frontstädten. Dessen Eckpunkt im Nordosten bildet die seit einem Jahr umkämpfte und inzwischen ebenfalls größtenteils besetzte Stadt Tschassiw Jar. Die nordwestliche Spitze des Dreiecks dürfte das mutmaßlich eigentliche Ziel der russischen Angriffe in dieser Region darstellen: Kostjantyniwka. Die Stadt ist für die ukrainische Truppenlogistik im östlichen Donezk ähnlich wichtig wie Pokrowsk im westlichen Teil der Region. Schon der Sturm auf Tschassiw Jar im vergangenen Frühjahr galt der Vorbereitung eines Angriffs auf Kostjantyniwka.
Ein möglicher Grund: Nördlich der Stadt liegt der Ballungsraum Kramatorsk-Slowjansk. Es sind die letzten größeren Städte in Donezk, die noch unter ukrainischer Kontrolle sind. Falls sich Putin nicht die Blöße geben will, das erklärte Minimalziel des Krieges – die vollständige Eroberung des Donbass – zu verfehlen, muss seine Armee beide Städte einnehmen. So geht etwa auch der ukrainische Militärbeobachter und Ex-Offizier Konstantin Maschowez, der regelmäßig detaillierte Lageberichte verfasst, davon aus, dass zwischen Torezk und Tschassiw Jar im Sommer der Hauptschauplatz der russischen Angriffe zu erwarten sei – womöglich gar auf Kosten von Angriffen im Abschnitt südlich von Pokrowsk.
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Besonders unangenehm für die Führung in Kyjiw dürfte ein möglicher russischer Angriff an einem weit entfernten Frontabschnitt sein: ein Vorstoß in die nordöstliche Grenzregion Sumy. Dort waren russische Soldaten am ersten Tag des Krieges einmarschiert, wenige Wochen später mussten sie sich zurückziehen. Es war letztlich die Ukraine, die bei ihrem Einmarsch in die russische Region Kursk, an die Sumy grenzt, die nordöstliche russisch-ukrainische Grenze wieder zur Kampfzone machte.
Aus Kursk hat Russland die ukrainischen Truppen inzwischen wieder weitgehend vertrieben. Stattdessen laufen seit Wochen Kämpfe in der Nähe mehrerer Grenzdörfer auf ukrainischem Gebiet. Einige von ihnen sind nach ukrainischen Angaben mittlerweile, wenn nicht unter russischer Kontrolle, dann zumindest inmitten der Kampfzone zwischen den Fronten.
Während der monatelangen Präsenz der Ukraine in Kursk baute Russland zudem in der Region einen Verband von Zehntausenden Soldaten auf. Dieser könnte aufgelöst und in andere Frontabschnitte verlegt werden – oder aber dauerhaften Druck auf Sumy ausüben und ukrainische Truppen dort binden. Die Front wäre damit dauerhaft noch länger und für ukrainische Einheiten noch schwieriger zu verteidigen.
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Außerdem können Offensivversuche an anderen Abschnitten nicht ausgeschlossen werden. Über einen Großangriff in Saporischschja wird seit Monaten spekuliert. An der Grenze zwischen Charkiw und Luhansk meldet das ukrainische Militär ebenfalls anhaltend schwere russische Angriffe, deren Intensität in den vergangenen Tagen zugenommen haben soll. Allerdings erfordern die kleinen russischen Brückenköpfe westlich des Oskil-Flusses dauerhafte Nachschublieferungen, was im Drohnenkrieg besonders gefährlich ist und beispielsweise für die Ukraine in Kursk zu vielen Verlusten führte.
Doch kommt es überhaupt zu einer neuen russischen Offensive? Das Kapital, das Putin aus dem fast anderthalbjährigen Donbass-Feldzug geschlagen hat, ist angesichts der eigenen Verluste nicht besonders hoch. Auch die demonstrativen Versuche Russlands, seine Territorialforderungen politisch durch Verhandlungen und nicht militärisch durchzusetzen, scheinen dafür zu sprechen, dass Putin bei dem Adressaten dieser Versuche – Donald Trump – mehr Flexibilität vermutet als bei ukrainischen Verteidigungsanlagen.
Und sollten diese Versuche misslingen, so könnte Putin statt einer neuen Offensive einfach auf anhaltenden Druck entlang der gesamten Front setzen; auf einen Abnutzungskrieg ohne Bindung an bestimmte Schwerpunkte. Die größte Schwachstelle der Ukraine ist derzeit ohnehin nicht ein bestimmter Frontabschnitt, sondern es sind die deutlich niedrigeren Rekrutierungszahlen als in Russland. Dort wirbt Putin weiterhin etwa 30.000 Soldaten pro Monat an.
Kriegsmüdigkeit lässt sich die Führung in Moskau daher zumindest öffentlich nicht anmerken. Weiterhin fordert sie als Bedingung für ein Ende des Krieges die vollständige Kontrolle über die 2022 annektierten Regionen. Am Mittwoch sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow, die ursprünglichen Kriegsziele würden unverändert verfolgt. Und weiter: „Es ist unsere Pflicht, siegreich zu sein.“
1164 Tage
seit Beginn der russischen Invasion
Das Zitat: Eine späte Bestätigung
Im vergangenen Herbst bestätigten die USA und Südkorea die Entsendung nordkoreanischer Soldaten nach Russland, vor der zuvor ukrainische Geheimdienste gewarnt hatten. Kurz darauf nahmen die Truppen Kim Jong Uns an den Kämpfen in der russischen Grenzregion Kursk teil, wo die Ukraine zuvor einmarschiert war. Russland hielt sich in den Angaben dazu bedeckt, russische Propagandisten leugneten das monatelang.
Am vergangenen Samstag durften Letztere miterleben, wie ihre Behauptungen, es gebe keine nordkoreanischen Truppen in Kursk, von höchster Stelle widerrufen wurden: von Walerij Gerassimow, dem russischen Militärchef, in einem Lagebericht an Wladimir Putin.
Soldaten und Offiziere der Koreanischen Volksarmee haben beim Kampfeinsatz Schulter an Schulter mit russischen Soldaten eine hohe Professionalität gezeigt sowie Standhaftigkeit, Mut und Heldentum bewiesen.
Gerassimow erinnerte dabei an das im vergangenen Jahr geschlossene Militärabkommen zwischen Russland und Nordkorea. Der Einsatz der Nordkoreaner sei in dessen Rahmen erfolgt. Das lässt Raum für die begründete Annahme, dass auch Kampfeinsätze unmittelbar auf ukrainischem Gebiet möglich sind: Die besetzten ukrainischen Gebiete sind nach russischer Verfassung ebenso russisch wie Kursk. Dagegen spricht allerdings: Anders als in den vier „neuen Regionen“ galt Kursk nicht als „Zone der militärischen Spezialoperation“. Die russische Gegenoffensive in der Grenzregion hatte Putin stattdessen als Antiterroroperation einstufen lassen.
Die wichtigsten Meldungen: Ressourcendeal, Pressefreiheit, getötete Journalistin
Ressourcenabkommen: Nach monatelangen Verhandlungen haben die USA und die Ukraine das im vergangenen Herbst von Wolodymyr Selenskyj vorgeschlagene und später von Donald Trump eingeforderte Ressourcenabkommen geschlossen. Gegenüber dem Ursprungsentwurf der US-Regierung fällt der am Mittwoch unterzeichnete Deal deutlich milder aus: Weder werden bisherige Hilfspakete der USA zu Krediten umdeklariert, noch muss die Ukraine Einkünfte aus bereits vergebenen Schürflizenzen mit den USA teilen.
Auch bezieht sich das Abkommen nicht, wie die USA zunächst forderten, auf ukrainische Energie- und Infrastrukturanlagen. Ein gemeinsamer Fonds soll zudem von beiden Ländern zugleich verwaltet werden. Der Deal ist aufgrund der erwarteten geringen Einnahmen wirtschaftlich von nachrangiger Bedeutung, ist aber ein wichtiges Zeichen der politischen Wiederannäherung zwischen den Regierungen in Washington und Kyjiw.
Pressefreiheit: Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) hat ihre jährliche Rangliste der Pressefreiheit aktualisiert. Die Ukraine hat sich darin gegenüber vergangenem Jahr um einen Rang auf Platz 62 verschlechtert – die Lage der Pressefreiheit wird dort damit weiterhin als problematisch, die mittlere von fünf RSF-Wertungen, gewertet. Ein Grund: das Wegfallen von Förderungen unabhängiger Medien infolge des Zahlungsstopps der weitgehend geschlossenen Entwicklungsbehörde USAID. Recherchen unabhängiger Medien würden dadurch gefährdet, da viele von ihnen auf die Finanzierung angewiesen waren.
Mit Rang 62 liegt die Ukraine in etwa auf demselben Niveau wie beispielsweise Südkorea und Brasilien, und vor einigen EU-Mitgliedern wie Bulgarien, Zypern, Griechenland und Ungarn. Russland verschlechterte sich in der RSF-Wertung gegenüber dem vergangenen Jahr um neun Plätze auf Rang 171 von insgesamt 180. RSF wertet die Lage der Pressefreiheit dort somit das vierte Jahr in Folge als „sehr ernst“. Auch hier wird die Bedrohung unabhängiger Exilmedien als ein Grund dafür angegeben. In der höchsten der fünf Kategorien, „gut“, bewegen sich in der diesjährigen Liste nur sieben Länder, alle von ihnen in Europa.
Getötete Journalistin: Tausende Ukrainerinnen und Ukrainer in russisch besetztem Gebiet sind seit Kriegsbeginn in Folterkammern der Besatzer verschwunden. Um das System dahinter aufzuklären, reiste die ukrainische Journalistin Viktoriia Roshchyna mehrmals in die besetzten Gebiete, wo sie im Juli 2023 verschwand. Im Oktober 2024 erfuhr ihre Familie vom russischen Verteidigungsministerium, dass sie in russischer Haft gestorben ist.
Im Februar wurden die Leichen von 757 Menschen an die Ukraine übergeben. Erst in dieser Woche wurde nach DNA-Analysen sicher festgestellt, dass auch Roshchynas Leiche unter ihnen war. Untersuchungen der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft wiesen zahlreiche fehlende Organe nach, darunter Teile des Gehirns und der Augäpfel. Auch weist die Leiche demnach Folterspuren auf, wie Blutergüsse am Kopf und Verbrennungen.
Waffenlieferungen und Militärhilfen: Hinweis auf US-Lieferungen und verspätete Panzer
Export statt Hilfspaket: Die USA liefern auch unter Donald Trump weiter Waffen an die Ukraine – allerdings nur Material, das von der Vorgängerregierung zugesichert wurde. Zu neuen Waffenlieferungen kam es bisher nicht. Auch ukrainische Angebote, Waffen zu kaufen, lehnte Trump bislang ab. Letzteres jedoch könnte sich mit dem Unterzeichnen des Mineralienabkommens, das Trump eingefordert hatte, geändert haben: Wie aus öffentlichen Angaben des US-Kongresses ersichtlich ist, will die US-Regierung Lieferungen militärischen Materials an die Ukraine im Wert von mehr als 50 Millionen Dollar bewilligen. Konkrete Waffentypen sind nicht genannt. Anders als bei bisherigen Lieferungen soll es sich hierbei um eine Exportlizenz handeln – also einen Verkauf. Zuvor berichtete die Kyiv Post unter Berufung auf Diplomatenkreise, dass sich die USA für solche Verkäufe öffnen wollten.
Australische Panzer: Im vergangenen Herbst sagte Australien der Ukraine zu, 49 US-amerikanische M1-Abrams-Kampfpanzer zu liefern. Es wäre damit die größte Einzellieferung westlicher Kampfpanzer seit Kriegsbeginn. Doch ein halbes Jahr später sollen die Panzer laut Berichten australischer Medien nach wie vor in Australien lagern. Als möglicher Grund gilt demnach die Befürchtung, die älteren Panzer seien nicht ausreichend gegen Drohnen geschützt und würden womöglich nur eingeschränkt eingesetzt werden können. Zuvor soll Australien dem Sender ABC zufolge Widerstand des Herstellerlandes, der USA, befürchtet haben, nachdem Trump kurzzeitig Waffenlieferungen an die Ukraine gestoppt hatte. Wie der Sender unter Verweis auf das australische Verteidigungsministerium berichtet, wird die Lieferung aber weiterhin für dieses Jahr anvisiert.
Warum denken Sie das? – Zwei Menschen, zwei Meinungen – und der Versuch, einander zu verstehen:
„Ich glaube nicht, dass mehr Waffen Frieden schaffen“
Unterm Radar: Ein ungewöhnlicher F-16-Transport
Die Niederlande und Dänemark haben seit vergangenem Spätsommer F-16-Jets an die Ukraine geliefert, erwartet werden noch Lieferungen aus Belgien und Norwegen. Doch die USA, Herstellerland und mit Abstand größter Betreiber der F-16, sagten der Ukraine keine Lieferungen des Kampfjets zu. Umso ungewöhnlicher war ein Transportflug, der sich Flugdaten zufolge am vergangenen Wochenende ereignete: Eine Transportmaschine des ukrainischen Typs Antonow-124 landete am Sonntag im polnischen Flughafen Rzeszów-Jasionka, dem wichtigsten Umschlagplatz für westliche Waffenlieferungen an die Ukraine. An Bord: augenscheinlich auseinandergebaute F-16-Jets.
Bekannt wurde der Flug mehrere Tage später, als sich in sozialen Netzwerken Fotos des Transportflugzeugs auf dem Davis-Monthan-Luftwaffenstützpunkt im US-Staat Arizona verbreiteten. Dort lagern ausgemusterte Flugzeuge des US-Militärs. Die Fotos zeigten F-16-Teile, wie sie in den Transportjet geladen werden.
Doch um die erste Lieferung kampffähiger F-16-Jets aus den USA handelte es sich dabei nicht. Wie das Portal The War Zone von einem Sprecher der US-Luftwaffe erfuhr, beinhaltete die Lieferung flugunfähige Jets, denen wichtige Komponenten fehlten. Demnach sollen sie als Ersatzteile für die ukrainischen F-16-Jets dienen, die derzeit im Einsatz sind. Von den fast 100 F-16-Flugzeugen, die europäische Länder der Ukraine zugesagt hatten, soll ebenfalls eine nicht genau bekannte Anzahl flugunfähig sein und für Ersatzteile bereitstehen.
Der Ausblick: Feuerpause und Militärparade
Am kommenden Donnerstag soll eine dreitägige Feuerpause beginnen, die Putin am vergangenen Montag angekündigt hat. Aufforderungen der Ukraine und der USA, mit der Regierung in Kyjiw eine längere Waffenruhe zu vereinbaren, fruchteten bislang nicht. Nachdem bereits eine 30-stündige Feuerpause über Ostern die Intensität der Kämpfe nur geringfügig gesenkt hatte, erwartet die Ukraine nun ein ähnliches Szenario für kommende Woche. Zudem fällt die Feuerpause wohl kaum zufällig auf den 9. Mai – den Tag, an dem Putin angesichts des 80. Jahrestags des Sowjetsieges über Nazideutschland eine Militärparade in Moskau abhalten lässt.
Die Parade wird die vierte seit Kriegsbeginn sein. Die Ukraine warf Russland vor, die Feuerpause nur aus Angst vor ukrainischen Luftangriffen verkündet zu haben: Russland mache sich „zurecht Sorgen“, dass die Feierlichkeiten „unter Fragezeichen“ stünden, sagte etwa Wolodymyr Selenskyj. Tatsächlich gab es bei den Paraden der vergangenen Jahre keine ukrainischen Angriffe.
Der Fokus von Beobachtern dürfte am kommenden Freitag daher vor allem auf Putins Auftritt in Moskau liegen. 2022 hatte er die Parade genutzt, um den Angriff auf die Ukraine als Präventivschlag darzustellen; 2023, um den Westen eines „echten Krieges“ gegen sein Land zu beschuldigen – und im vergangenen Jahr nutzte Putin den Auftritt für atomare Drohungen. In diesem Jahr könnte Russlands Staatschef, der 2022 noch allein auf der Bühne stand, mit der Veranstaltung vor allem Geschlossenheit unter seinen Verbündeten demonstrieren: Unter den geladenen Staatschefs ist unter anderem Chinas Präsident Xi Jinping. Insgesamt soll Putin in Moskau 17 Staatschefs empfangen. Mehr waren es zum letzten Mal 2015.
Den Rückblick auf die vergangene Woche finden Sie hier.
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