Kritik an „heute“-Bericht: Rückt dies Zweites Deutsches Fernsehen die Union in ein falsches Licht?

Im Fernsehen kommt es auf den richtigen Schnitt an, jeder einzelne Bildschnitt ist von Bedeutung. Ein Schnitt, den die ZDF-„heute“-Sendung am 3. Februar im Bericht über den Parteitag der CDU vornahm, sorgt für eine Kontroverse. Zu sehen ist unter anderem der Kanzlerkandidat Friedrich Merz, wie er sich und die Union von der AfD absetzt: „Es gibt keine Zusammenarbeit, es gibt keine Duldung, es gibt keine Minderheitsregierung. Sie ist der wichtigste Gegner für uns in diesem Wahlkampf. Wir wollen sie wieder klein machen, wir wollen sie wieder zu einer Randerscheinung machen, da, wo sie hingehört.“

Nach Merz’ letztem Wort zeigt das ZDF Parteitagsdelegierte, die mit verschränkten Armen auf ihren Plätzen sitzen und skeptisch schauen, dann ist von „trotziger Zustimmung“ die Rede, es folgen zwei Stimmen von Parteitagsdelegierten, die dies bestätigen.

Livebilder vermitteln einen anderen Eindruck

Schaut man auf diesen Ausschnitt, bekommt man den Eindruck, Merz’ Diktum, man wolle vor allem die AfD bekämpfen, werde von den eigenen Leuten mit Skepsis aufgenommen. Livebilder, wie man sie auf Phoenix sehen konnte, beweisen allerdings das Gegenteil: Nach Merz’ Angriff auf die AfD gab es Jubel im Saal, „Brandmauer“-Transparente wurden hochgehalten.

„Bei diesem ZDF-,heute‘-Beitrag“, sagt der Medienminister und Staatskanzleichef in NRW, Nathanael Liminski, auf Anfrage der F.A.Z., „handelt es sich nicht um eine kleine Unsauberkeit oder um ein zufälliges Versehen, sondern um eine bewusste Falschdarstellung. Hier wird die Realität dieses Parteitags ins komplette Gegenteil verdreht und der Zuschauer hart getäuscht. Das ist ein handfester Verstoß gegen jegliche journalistische Grundsätze und ein Schlag ins Gesicht all derer, die sich für einen starken und breit akzeptierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk einsetzen. Das Ganze wiegt umso schwerer, da wir aktuell einen breiten gesellschaftlichen Diskurs über die zunehmende Gefahr von Fake News und Desinformation im Netz führen. Der Sender muss nun erklären, welche Konsequenzen er aus diesem Fall zieht“, fordert Liminski, der Mitglied im ZDF-Fernsehrat ist. In diesem Aufsichtsgremium wolle er den Vorgang auch zur Sprache bringen.

ZDF weist Vorwürfe „scharf zurück“

Eine Erklärung des ZDF gibt es. Man weise den Vorwurf der Manipulation „scharf zurück“, teilt der Sender mit Blick auf den Beitrag eines Nutzers der Plattform X mit. Der von diesem gezeigte, „wenige Sekunden kurze Ausschnitt“ löse die Berichterstattung der „heute“-Sendung über den CDU-Parteitag „aus dem Kontext“ und verzerre die Berichterstattung „grundlegend“. Die „Jubel-Szene“, von der behauptet werde, sie sei im Beitrag nicht enthalten, sei enthalten: „Sie leitet den O-Ton Merz ein mit den Worten: ,Stehende Ovationen‘ und ,demonstrative Unterstützung‘ und macht die große Zustimmung für Friedrich Merz somit sehr deutlich.“

Direkt im Anschluss an den gezeigten Redeausschnitt heiße es im Beitrag: „Trotzige Zustimmung bei den Delegierten aus West und Ost: (O-Ton Delegierter Mario Karschunke, Sachsen-Anhalt): ,Auch mal zeigen, wo wir stehen und nicht auf den Wahltag zu warten, sondern zeigen, das ist unsere Richtung, da wollen wir hin. Ja, Friedrich Merz hat’s richtig gemacht.‘ (O-Ton Delegierte Marsha Weseloh, Niedersachsen): ,Wir nehmen wahr, dass Friedrich Merz ankommt, dass seine Aussage ankommt, dass wir uns für die Sicherheitspolitik einsetzen, dass wir uns für eine starke Asylpolitik einsetzen, für eine konkrete Asylpolitik.‘“

Es sei „sehr klar Applaus zu hören“

Auch an dieser Stelle werde, so das ZDF, „die Zustimmung für Merz’ Kurs in der Migrationspolitik ­deutlich, da das Wort ,trotzig‘ zustimmend im Sinne eines ,Jetzt-erst-recht‘ gebraucht wird, was die anschließenden O-Töne von Delegierten verdeutlichen“. Im Hintergrund der O-Töne sei „sehr klar Applaus für Friedrich Merz zu hören; lediglich auf dem Bild, das die Delegierten in einer Reihe zeigt, hört man diesen Applaus nicht, damit der Zuschauer den Off-Text verstehen kann, der die im Folgenden interviewten Delegierten ankündigt, wo der Applaus wieder hörbar ist.“ Schon Titel („CDU zeigt sich geschlossen“) und Teaser des Beitrags vermittelten einen zutreffenden Eindruck vom Parteitag der CDU.

Schaut man sich den Beitrag genau an, erkennt man, dass die Entgegnung ihre Punkte hat, doch ist die Kritik durchaus berechtigt: Das Jubelbild gab es im ZDF zwar – allerdings vor dem Redeausschnitt mit Merz, danach folgte das Bild mit den verschränkten Armen. Die zeitliche Abfolge stimmt also nicht, auch nicht die Abfolge von Rede und Reaktion. Und das macht sehr wohl einen Unterschied.

Source: faz.net