Krankenkassenchef Ralf Hermes will Zahnbehandlungen nicht mehr bezahlen

Zahnbehandlung (Symbolfoto)

Zahnbehandlung (Symbolfoto)


Foto: imagebroker / IMAGO

Um die Last milliardenschwerer Defizite in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abzubauen, hat IKK-Krankenkassenchef Ralf Hermes drastische Ideen für Einsparungen. Er fordert Leistungskürzungen in drei Bereichen: zahnärztliche Behandlungen, Zahnersatz und Homöopathie. »Der Lage angemessen wäre es, die komplette zahnärztliche Versorgung aus dem Leistungskatalog zu streichen«, sagte Hermes, dessen Kasse rund 300.000 Versicherte hat, dem »Handelsblatt«. Die steigenden Gesundheitsausgaben brächten das System an seine Grenzen. Leistungskürzungen dürften deshalb »kein Tabu sein, sondern sind alternativlos«.

Für zahnärztliche Behandlungen gab die GKV vergangenes Jahr knapp 13 Milliarden Euro aus, darunter fallen Zahnfüllungen, Wurzelkanalbehandlungen und Vorsorgeuntersuchungen. Insgesamt steigen die Ausgaben des Gesundheitssystems in Deutschland, im vergangenen Jahr auf 263,41 Milliarden Euro. Deutschland leistet sich eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt, doch Experten kritisieren, dass es deshalb nicht auch eine bessere Versorgung hat. Einsparpotenziale werden vor allem bei Krankenhäusern gesehen, etwa weil viel mehr stationär als ambulant behandelt wird, was zumeist günstiger wäre.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach  (SPD), der an einer Krankenhausreform und an einer GKV-Finanzreform feilt, erteilte Leistungskürzungen wie den von Hermes vorgeschlagenen eine Absage. »Leistungskürzungen werden nicht kommen«, antwortete er auf dem Nachrichtendienst Twitter. Auch andere Kassen schwenken nicht auf die Linie des IKK-Chefs ein.

https://t.co/SHf5ERhecx

— Prof. Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) May 31, 2023

“ class=“hidden“ x-effect=“if ($store.ThirdpartyConsent.accepted) { $el.classList.remove(‚hidden‘); initEmbedContent(); }“ x-subscribe.third_party_consent_changed=“if (!$store.ThirdpartyConsent.accepted) window.location.reload(true)“ data-sara-component=“{"name":"social","title":"Twitter","type":"embed"}“>

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter,
der den Artikel ergänzt und von der Redaktion empfohlen wird. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen
und wieder ausblenden.


Externer Inhalt

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden.

Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Hermes argumentiert, es werde »immer mehr Geld für das System« bereitgestellt, was dringend notwendige Strukturreformen verzögere. Zahnärztliche Behandlungen seien etwa stark durch Prävention beeinflussbar, diese sollten Kassen grundsätzlich »stärker in den Blick nehmen«. Unverschuldete Unfälle und schwere Erkrankungen seien Ausnahmen, bei denen die Kosten von der GKV weiterhin übernommen werden sollen, sagt Hermes. Wer sich im Wesentlichen zweimal am Tag ordentlich die Zähne putze, bekomme »fast keine Probleme«. Zudem bleibe Versicherten die Möglichkeit, sich privat abzusichern.

Zahlen des GKV-Spitzenverbands zeigten laut »Handelsblatt« indes, dass sich die Finanzlage der Kassen im kommenden Jahr entspanne. Der Verband geht von einem Defizit zwischen 3,5 und sieben Milliarden Euro im Jahr 2024 aus, statt der bislang in der Ampelkoalition erwarteten etwa acht Milliarden Euro. Ohne weitere Maßnahmen würde dies einen Anstieg der Zusatzbeitragssätze von 0,2 bis 0,4 Prozentpunkte bedeuten. Im laufenden Jahr beträgt die Finanzierungslücke voraussichtlich 17 Milliarden Euro.


Mehr zum Thema

»Wir sind uns in der Regierungskoalition einig, dass wir an den grundsätzlichen und evidenzbasierten medizinischen Leistungen nichts kürzen können, wollen und dürfen«, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP , Andrew Ullmann, dem »Handelsblatt«. Ob die Kassen Kosten für »Maßnahmen übernehmen sollten, deren Wirkung nicht nachgewiesen worden ist oder nicht nachgewiesen werden kann, sollte keine offene Frage mehr sein«, legte er mit Blick auf Homöopathie nach.

Überdies sollen laut Koalitionsvertrag GKV-Beiträge für Bürgergeldempfänger vom Bund übernommen werden, wovon sich die Kassen bis zu zehn Milliarden Euro Einsparungen erhoffen. Doch das Projekt stockt am Widerstand in der Koalition. Chefs anderer Krankenkassen wiederum drängen darauf, Kosten bei Arzneimitteln zu dämpfen und damit Gewinne auf Kosten der GKV.


kig