Kosovo: Nato stockt nach Unruhen im Kosovo Truppen auf

Die Nato stockt nach den gewaltsamen Protesten ihre Truppen im Kosovo auf. „Als Antwort auf die jüngsten Unruhen und
die Verletzung von 30 Mitgliedern der Nato Kosovo Force, hat die
Nato die Stationierung ihrer Operational Reserve Forces (ORF)
für den Westlichen Balkan angeordnet“, teilte das Verteidigungsbündnis mit. Aus Militärkreisen in Brüssel hieß es, es handele sich um ein Kontingent von etwa 700 Menschen.

Die Stationierung zusätzlicher Nato-Soldaten im Kosovo sei eine Vorsichtsmaßnahme, „um sicherzustellen, dass die KFor über die Fähigkeiten verfügt, die sie zur Aufrechterhaltung der Sicherheit gemäß unseres UN-Sicherheitsratsmandats benötigt“, teilte der Nato-Kommandeur Stuart B. Munsch mit.

Hintergrund der Unruhen ist der wieder aufgeflammte Konflikt zwischen serbischer und albanischer Bevölkerung im Kosovo. Im Norden des Kosovo hat die serbische Bevölkerung die Kommunalwahlen am 23. April boykottiert. Serben sind im Kosovo eine Minderheit, im nördlichen Landesteil stellen sie allerdings die Mehrheit. Infolge des Wahlboykotts gewannen auch in
mehrheitlich serbisch bewohnten Gemeinden albanische
Bürgermeisterkandidaten. Seit Freitag gibt es heftige Proteste der serbischen Bevölkerung in mehreren Städten. Bei Ausschreitungen waren am Montag 30 Nato-Soldaten und 52 Serben verletzt worden.  

Serbiens Präsident fordert Abzug der „falschen Bürgermeister“

Kosovos Ministerpräsident Albin Kurti machte das Nachbarland Serbien für die Unruhen verantwortlich. Bei den Demonstranten handle es sich zum Großteil um „einen Haufen Extremisten unter Anleitung des offiziellen Belgrads“, sagte Kurti. Serbien wiederum sieht die Schuld für die Eskalation bei der kosovarischen Regierung. Kosovos „einseitige Entscheidungen“ führten zu „Gewalt gegen die serbische Gemeinschaft, was uns von einem dauerhaften Frieden und Stabilität in der Region entfernt“, teilte Serbiens Präsident Aleksandar Vučić auf dem Onlinedienst Instagram mit.

Er forderte einen schnellen Abzug der „falschen Bürgermeister und der Mitglieder der sogenannten Spezialeinheiten aus Pristina“, der Hauptstadt Kosovos. Nach einem Treffen mit westlichen Diplomaten kündigte er zudem an, sich mit den Repräsentanten der Verbündeten Russland und China treffen zu wollen.

Russland und China haben in dem Konflikt Partei für serbische Bevölkerung im Kosovo ergriffen. Beide Länder erkennen die Unabhängigkeit der ehemaligen serbischen Provinz nicht an. Eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums sagte, die Nato müsse die Souveränität der Länder in der Region achten. Russland forderte vom Westen, seine „trügerische Propaganda“ einzustellen.

Das Auswärtige Amt in Berlin verurteilte die
Angriffe
auf Nato-Soldaten „auf das Schärfste“. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell rief die Konfliktparteien auf, unverzüglich alles dafür zu tun, um zu deeskalieren. Konkret forderte Borrell von den kosovarischen Behörden, die Polizeieinsätze einzustellen, und von den militanten Serben, sich zurückzuziehen. „Wir haben schon jetzt zu viel Gewalt in Europa. Wir können uns keinen weiteren Konflikt leisten“, sagte er. Der EU-Chefdiplomat versucht derzeit, zwischen den Regierungen Serbiens und des Kosovos zu vermitteln.

Nato-Soldaten seit 1999 im Kosovo stationiert

Die Konflikte im Nord-Kosovo ziehen sich seit Jahren hin, seitdem das Kosovo, eine ehemalige serbische Provinz, 2008 seine Unabhängigkeit erklärt hatte. Serbien hat diesen Schritt bis heute nicht anerkannt und verlangt das Land zurück.

Nach einem bewaffneten Aufstand der Kosovo-Albaner und einer Nato-Intervention gegen Serbien 1999 hatte die UN-Administration Unmik das Land verwaltet. Die Nato-geführte Kosovo-Schutztruppe KFor wurde 1999 von den UN damit beauftragt, für die Sicherheit im Kosovo zu sorgen. Sie hat heute noch etwa 3.800 Soldaten dort stationiert, unter ihnen knapp 70 Deutsche.