Konflikt mit Aserbaidschan: Armenien bittet Internationalen Gerichtshof um Hilfe
Armenien hat sich wegen des jüngsten Konflikts mit seinem Erzfeind Aserbaidschan an den Internationalen Gerichtshof gewandt. Armenien habe das UN-Gericht in Den Haag ersucht, Aserbaidschan anzuweisen, „jegliches Personal abzuziehen, das seit dem 23. April 2023 auf oder entlang des Latschin-Korridors stationiert ist“ und dessen Stationierung dort zu unterlassen, erklärte der IGH am Mittwoch.
Der Latschin-Korridor ist die einzige Verbindungsstraße von Armenien in die umstrittene Grenzregion Bergkarabach, einer mehrheitlich von Armeniern bewohnten Enklave. Die Spannungen zwischen den beiden verfeindeten Kaukasusrepubliken hatten sich erneut verschärft, als Aserbaidschan Ende April dort einen Kontrollpunkt einrichtete. Daraufhin war es entlang der Grenze zu mehreren tödlichen Zusammenstößen gekommen.
Vergangene Woche teilte die Regierung in Jerewan mit, ein armenischer Soldat sei durch aserbaidschanische Streitkräfte getötet und zwei weitere seien verletzt worden. Einen Tag zuvor waren ein aserbaidschanischer Soldat getötet und vier armenische Soldaten verletzt worden. Der IGH entscheidet zwar über Konfliktfragen zwischen Staaten, hat aber keine Befugnis, seine geltenden Entscheidungen durchzusetzen.
Aserbaidschan und Armenien streiten seit dem Zerfall der Sowjetunion um Bergkarabach und lieferten sich bereits zwei Kriege um das Gebiet. Nach den jüngsten Kämpfen im Jahr 2020 hatte Russland ein Waffenstillstandsabkommen vermittelt, das Armenien zur Aufgabe großer Gebiete zwang.
Nach den jüngsten tödlichen Zusammenstößen hatten die USA und die EU zuletzt vermehrt die Initiative bei der Vermittlung übernommen. Mitte Mai hatten sich Vertreter Armeniens und Aserbaidschans nahe der US-Hauptstadt Washington zu Gesprächen getroffen. Kurz darauf kamen der armenische Regierungschef Nikol Paschinjan und der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew in Brüssel zu Gesprächen unter Vermittlung von EU-Ratspräsident Charles Michel zusammen.
Für 1. Juni ist ein weiteres Gespräch der beiden unter Beteiligung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron geplant.