Kommunen sollen Wärmewende umsetzen

Der Streit um die Frage, wie Häuser künftig mit Wärme (und perspektivisch auch Kälte) versorgt werden sollen, geht in die nächste Runde. Jetzt wurden Details aus einem Gesetzentwurf bekannt, welcher als entscheidender Baustein für die Umsetzung der Wärmewende gilt. Darin verpflichtet der Bund die Länder, verbindliche und systematische Pläne zur Wärmeversorgung aufzustellen. Die Länder wiederum können diese Pflicht auf die Kommunen übertragen. Es um das „Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze“, das Bundesbauministerin Klara Geywitz demnächst vorlegen möchte. Der F.A.Z. liegt ein Referentenentwurf vom 3. Mai vor, der sich derzeit in der Ressortabstimmung befindet.

Hanna Decker

Redakteurin in der Wirtschaft.

Demnach sollen die Kommunen zunächst eine Art Kataster erstellen. Hier werden für jedes Gebäude Daten unter anderem zum Endenergieverbrauch hinterlegt sowie zu Art, Größe und Alter der Heizungsanlage und zu Nutzung und Baujahr des Hauses. In einem zweiten Schritt sollen die Kataster die Potentiale zur Erzeugung erfassen und auf Basis dieser Daten dann Pläne und Maßnahmen entwickeln, welche Gebiete sich für welche Art der Wärmeversorgung eignen. Für Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern sollen die Wärmepläne bis 31. Dezember 2026, für Städte mit mindestens 10.000 Einwohnern bis Ende 2028 vorliegen.

Außerdem, so heißt es im Gesetzentwurf, sollen Betreiber bestehender Wärmenetze verpflichtet werden, diese bis 2030 mindestens zur Hälfte mit Wärme zu speisen, die aus erneuerbaren Energien oder „unvermeidbarer Abwärme“ stammt. Für neue Wärmenetze wird – wie im geplanten Gebäudeenergiegesetz – ein Anteil von 65 Prozent verlangt. Bis 2045 soll der Anteil jeweils auf 100 Prozent steigen.

Zwei große Vorteile von Nah- und Fernwärme

Derzeit werden etwa 8 Prozent aller Haushalte mit Nah- oder Fernwärme versorgt. Forscher erwarten jedoch, dass die Bedeutung von Fernwärme in Zukunft deutlich zunehmen wird. So könnte die erzeugte Menge laut diverser Szenarien von derzeit 130 Terawattstunden je Jahr bis 2045 auf 160 Terawattstunden ansteigen. Heutzutage stammt der Großteil der Wärme, die in Wärmenetze eingespeist wird, noch aus fossilen Quellen, etwa Kohle oder Gas.

„Bei Nah- und Fernwärme gibt es zwei große Vorteile“, sagt Martin Pehnt, Geschäftsführer des Instituts für Energie- und Umweltforschung (ifeu) in Heidelberg. „Zum einen lässt sich damit Wärme aus vielen erneuerbaren Quellen einsammeln, zum Beispiel aus Umweltwärme, Solarthermie und Biogasanlagen oder auch Abwärme aus Industrieanlagen. Zum anderen wird es für Hausbesitzer deutlich einfacher. Sie müssen ihre Heizungsanlagen nicht mehr warten, keinen Schornsteinfeger mehr bestellen und sich keine Gedanken über eine neue Heizungstechnologie machen“, sagt Forscher Pehnt. Deshalb würden Wärmenetze künftig deutlich an Attraktivität gewinnen. Aus seiner Sicht „kommt dieses Gesetz zehn Jahre zu spät, aber besser spät als gar nicht.“ Bislang gibt es nur in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hessen gesetzliche Verpflichtungen zur kommunalen Wärmeplanung.

Komplementär zum geplanten Gebäudeenergiegesetz

Die Ampel streitet seit Wochen über das von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geplante Gebäudeenergiegesetz, wonach vom kommenden Jahr an neue Heizungen mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. SPD und Grüne wollen es noch vor der Sommerpause im Bundestag verabschieden. Der Anschluss an ein Wärmenetz wäre für Hausbesitzer in diesem Zusammenhang eine Option. Deshalb gilt das geplante Gesetz für die Wärmeplanung als wichtige Ergänzung zum geplanten Gebäudeenergiegesetz.

Die parallele Verabschiedung beider Gesetze sei „elementar für die Akzeptanz der Wärmewende“, hatte der Präsident des Deutschen Städtetags und Oberbürgermeister der Stadt Münster, Markus Lewe (CDU), am Dienstag auf der Hauptversammlung in Köln mitgeteilt. Eine Garantiepflicht für den Anschluss an ein Wärmenetz bis 2035 sei in der Fläche jedoch nicht realisierbar.

Kritik bezüglich Datenschutz

Michael Kruse, energiepolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, sagte der F.A.Z.: „Es ist klug, erst eine kommunale Wärmeplanung zu machen und dann ein Gebäudeenergiegesetz darauf aufzubauen. Diesen Fehler sollte die Ampel im parlamentarischen Verfahren heilen.“ Widerstand seiner Fraktion kündigte er jedoch gegenüber Details des Gesetzes für die Wärmeplanung an: „Die Datensammelwut des Staates bis ins kleinste Detail ist für die Energieversorgung der Zukunft nicht erforderlich.“

Auch der Energieverband BDEW kritisierte die „Fülle an Daten“, die erhoben werden sollen. Ansonsten seien die Pläne der Bundesregierung „ein sinnvoller und durchdachter Rahmen für eine bundeseinheitliche und flächendeckende Wärmeplanung“. Die Umsetzungsfristen seien „ambitioniert, aber aufgrund des hohen Zeitdrucks angebracht“. Jens Spahn, Vize-Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, nannte den Vorschlag „bürokratisch und übergriffig“, er würde die Kommunen „massiv belasten“.