Klare Ansagen zum Start – Niko Kovac trifft erste Entscheidungen

Lars Ricken und Sebastian Kehl nahmen Niko Kovac in die Mitte – und beide schienen sich damit sehr wohlzufühlen. Denn der neue Trainer, der am Dienstag im Presseraum des Stadions von Borussia Dortmund offiziell vorgestellt wurde, zog die komplette Aufmerksamkeit auf sich. Und das tat gut – nach Wochen der Gerüchte und Spekulationen bezüglich der zukünftigen Zusammensetzung der sportlichen Führung des Tabellenelften der Bundesliga.

Er habe schon in den vergangenen Tagen darauf hingewiesen, wie wichtig „externer Input“ für den BVB sei, eröffnete Ricken die gut einstündige Präsentation des neuen Übungsleiters. „Mit Niko haben wir den richtigen Mann gefunden – mit nationaler und internationaler Erfahrung. Er steht für Erfolg. Und er kennt sich mit schwierigen Situationen aus“, erklärte der ranghöchste Entscheider in Sachen Sport. Speziell letzteres sei von großer Bedeutung – denn die Probleme, die die Mannschaft in der laufenden Saison offenbar hat, sind vielschichtig.

An dieser Einschätzung hat sich auch nach den drei Pflichtspielen, in denen nach der Trennung von Nuri Sahin Interimstrainer Mike Tullberg eingesprungen war, nichts geändert. Aber immerhin konnte die Mannschaft unter dem Dänen, der wieder die U19 übernehmen wird, punkten: In der Bundesliga hatte es ein 2:2 gegen Bremen und einen 2:1-Sieg in Heidenheim gegeben – sowie ein 3:1 über Donezk in der Champions League, was die Dortmunder in die Play-Offs brachte. Das macht es Kovac, der am Dienstag seine erste volle Trainingseinheit leiten konnte, ein wenig leichter – aber seine Mission bleibt dennoch schwer genug. Er soll den BVB erneut in die Königsklasse führen.

„Ich bin neu hier, muss mir erst noch einen Eindruck verschaffen. Aber was sehr positiv ist, waren die letzten drei Spiele. Man sieht schon, dass die Mannschaft die nötige Qualität hat. Und sehr gute Spieler“, sagte Kovac, der es nicht versäumte, seinem Vorgänger zu danken. „Das war klasse, Mike hat es richtig gut gemacht. Die Jungs haben wieder gespürt, wie schön es ist, zu gewinnen“, erklärte der 53-Jährige, der vom BVB mit einem Vertrag bis Juni 2026 ausgestattet worden ist.

Noch weiter wolle er nicht zurückblicken, so der ehemalige Coach von Eintracht Frankfurt, Bayern München und dem VfL Wolfsburg. „Das, was war, ist völlig unwichtig – das, was wird, ist im Fußball und im Lebern das wichtigste“, so Kovac. Aber natürlich habe er den BVB in den vergangenen Jahren verfolgt – und natürlich kenne er auch die Diskussionen, die es immer wieder um die Mannschaft gab – gerade auch um die vermutete unzureichende Mentalität einiger Spieler. „Ich habe eine Mannschaft gesehen, die fußballerisch große Fähigkeiten hat, große individuelle Qualität – aber die in der laufenden Saison natürlich nicht alles abgerufen hat, was sie kann“, sagte er.

Can und Süle erste Gewinner

Deshalb wurde Kovac ja geholt – weil er sehr klare Vorstellungen hat, wie dem Team die Leistungsschwankungen auszutreiben sind. Das hat durchaus etwas mit Konsequenz zu tun, betonte er. Das Etikett, ein autoritärer Trainer zu sein, welches ihm seit Jahren anhängt, störe ihn nicht unbedingt, gab er zu verstehen. „Wo ich herkomme, ging nichts von alleine, sondern durch harte Arbeit. Deshalb glaube ich auch, dass ich hier ganz gut hinpasse. Ich habe gewisse Vorstellungen, was ich einfordere: Disziplin, Leidenschaft, Intensität. Dann gibt es vielleicht den einen oder anderen, der das gut findet, und den einen oder anderen, der sagt: Das ist aber etwas zu viel“, so Kovac. Das liege halt „immer im Auge des Betrachters.“

Fakt ist: Genau solch eine Herangehensweise haben sie sich in Dortmund gewünscht – und sie werden sie auch bekommen. Kovac wird für Klarheit sorgen – in Bezug auf die Kommunikation, die Spielweise und die Hierarchie im Team. So stellte er bereits klar: Emre Can bleibt Spielführer. „Ich sehe ihn als Führungsspieler. Er ist Nationalspieler, er hat für viele große Clubs gespielt. Er kriegt von mir das volle Vertrauen und bleibt Kapitän“, sagte er. Darüber habe er Can bereits informiert. Das muss Balsam auf die Seele des Routiniers sein, der in der Dortmund durchaus umstritten ist.

Auch freue er sich auf die Zusammenarbeit mit Niklas Süle – der beim BVB ebenfalls immer wieder in der Kritik stand. Von dem Innenverteidiger, den Kovac bereits in München trainiert hatte, halte er besonders große Stücke. „Wenn er gesund ist, dann, behaupte ich, ist er ein Spieler für die WM 2026“, erklärte er. Der vermeintlich harte Kovac kann also auch mit positiven Verstärkungen arbeiten.

Ricken und Kehl ließen jedenfalls keinen Zweifel aufkommen, dass sie dem neuen Mann – dem zehnten BVB-Trainer seit Beendigung der Ära Jürgen Klopp – volle Rückendeckung geben wollen. Schließlich würde es auch den Verantwortlichen helfen, wenn endlich mal wieder ein Coach dauerhaft Erfolg haben sollte.

Zu Meldungen, es könnte bald zu Umbesetzungen in der sportlichen Leistung des Clubs kommen – wie beispielsweise zu einer Trennung von Kaderplaner Sven Mislintat – wollte Ricken am Dienstag nichts sagen. „Ich muss sagen, dass in den vergangenen Wochen Mitarbeiter von uns arg diskreditiert wurden. Mit Sachen, die einfach nicht stimmen“, erklärte er. Während der Transferphase habe man gut zusammengearbeitet. Und grundsätzlich gelte: „Wenn wir etwas kritisch aufzuarbeiten haben, werden wir das intern belassen.“

Source: welt.de