Kitas in Baden-Württemberg: Städtetag will Hilfskräfte auf Personalschlüssel anrechnen

Kindergartengruppe mit Erzieherinnen (Symbolfoto): »Mehr Beinfreiheit«

Kindergartengruppe mit Erzieherinnen (Symbolfoto): »Mehr Beinfreiheit«


Foto: Marijan Murat / dpa

Fehlende Erzieherinnen und Erzieher sind ein Hauptproblem in den Kitas. In einigen Städten hat der Personalmangel schon zu verkürzten Öffnungszeiten geführt.  Um die Lage zu verbessern, legen die Kommunen in Baden-Württemberg nun einen gewagten Vorschlag vor, inklusive Gesetzesänderung.

Das neue Konzept heißt »Zukunftsparagraf«. Die Kitas bräuchten »mehr Beinfreiheit statt enger Vorgaben«, sagte Städtetag-Geschäftsführer Ralf Broß am Donnerstag in Stuttgart. Ziel sei es, dass die Kitas vor Ort mehr Flexibilität bekommen. So könnte es eine Möglichkeit sein, in den Teams auf fachfremde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu setzen, die das Kitapersonal entlasten – etwa Hauswirtschaftskräfte oder Helfer ohne pädagogische Ausbildung, die eine Nachmittagsbetreuung übernehmen.

Aktuell würden diese Zusatzkräfte nicht beim gesetzlich vorgeschriebenen Mindestpersonalschlüssel mitgezählt. Das sei der »Knackpunkt«, sagte eine Sprecherin des Städtetags gegenüber dem SPIEGEL. Die Kommunen würden dies gerne ändern, ermöglicht durch eine Änderung im Landesrecht. Die dort geregelten Rahmenbedingungen sollen gelockert werden. Die Verantwortlichen sagen aber auch: das Bundesrecht bleibe unangetastet. Das bedeutet, dass es weiterhin eine Betriebserlaubnis und die Sicherstellung von Unfallschutz und Kindeswohl brauchen würde.

Kultusministerium zeigt sich gesprächsbereit

Der Städtetag will durch die neue Regelung individuelle Lösungen ermöglichen. Jede Kommune müsse mit dem Kitapersonal und den Eltern vor Ort schauen, welche Möglichkeiten sich jeweils anbieten: seien es andere Betreuungsangebote, veränderte Gruppenstrukturen oder auch neue Öffnungszeiten.

Einigen Eltern dürfte dennoch nicht ganz wohl bei dem Gedanken sein, dass fachfremdes Personal ihre Kinder betreuen könnte. Es sei rechtlich abgesichert, dass in jeder Einrichtung auch eine Fachkraft sein müsse, betonte Broß. Außerdem schlagen die Kommunen vor, die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Fortbildungen zu schulen.


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Das Kultusministerium signalisierte durchaus Offenheit und Gesprächsbereitschaft. »Der Vorschlag eines Zukunftsparagrafen des Städtetags enthält interessante Ideen. Wir prüfen deshalb, wie sich das rechtskonform umsetzen lässt«, sagte Staatssekretär Volker Schebesta. Klar sei, dass sich das nur auf Einzelfälle beziehen könne. »Da es darum geht, innovative Konzepte auszuprobieren und zu sehen, wie es wirkt, und nicht Standards durch die Hintertür abzusenken.«

Städtetag-Chef Broß plant nun, sich sehr bald mit allen Beteiligten an einen Tisch zu setzen: »Wir sind uns alle darüber im Klaren, dass wir zeitnah eine Perspektive benötigen.« Er rechne noch in diesem Jahr mit ersten Ergebnissen.


kfr/dpa