Kaschmirkonflikt: Indien und Pakistan greifen sich wechselseitig an

Die Kämpfe zwischen den Atommächten Indien und Pakistan um die Grenzregion Kaschmir weiten sich aus. Indien hat nach pakistanischen Militärangaben drei Luftwaffenstützpunkte des Nachbarlandes mit Raketen angegriffen. Darunter war nach Angaben eines Armeesprechers auch das Hauptquartier
der pakistanischen Armee, das rund zehn Kilometer von der Hauptstadt
Islamabad entfernt liegt.

Die Geschosse seien abgefangen worden und die pakistanische Luftwaffe sei unversehrt, sagte ein Militärsprecher und sprach von einer „unverhohlenen Aggression“ Indiens. Der Luftraum über Pakistan wurde übereinstimmenden Berichten zufolge bis 12 Uhr mittags Ortszeit gesperrt.

Kurz nach einer entsprechenden Ankündigung des Militärsprechers startete Pakistan einen Gegenangriff. Demnach wurden in Indien ein Raketenlager und ein Luftwaffenstützpunkt zerstört. Ein weiterer Flugplatz sei nun betriebsunfähig.

„Wir hoffen, dass Indien jetzt deeskaliert“, sagte der pakistanische Planungsminister Ahsan Iqbal Chaudhary der Nachrichtenagentur Reuters. Pakistan würde ungern sehen wollen, dass die Schwelle zum nuklearen Waffeneinsatz überschritten werde, fügte er hinzu. 

Pakistans Ministerpräsident Shehbaz
Sharif berief nach Angaben des Militärs für diesen Samstag eine Sitzung
der Nationalen Kommandobehörde ein. Diese ist das oberste für Sicherheitsbeschlüsse zuständige Gremium, das auch über das Atomwaffenarsenal des Landes entscheidet.

Die Länder der sieben führenden westlichen
Demokratien (G7) riefen beide Seiten zu größtmöglicher Zurückhaltung auf und forderten eine friedliche Lösung. US-Außenminister Marco Rubio habe dem pakistanischen Armeechef, General Asim Munir, in einem direkten Gespräch Hilfe bei Vermittlungsversuchen mit Indien angeboten. Auch Deutschland und die EU-Kommission riefen zur Deeskalation auf.

Drohnen auf Indien

Zuvor hatten erstmals Explosionen die den Sikh heilige Stadt Amritsar im indischen Bundesstaat Punjab erschüttert. Das indische Militär schoss dort nach eigenen Angaben pakistanische Drohnen vom Himmel. Auch in Jammu im indischen Teil Kaschmirs waren nach offiziellen Angaben sowie Augenzeugenberichten Geschosse und Lichtblitze am Nachthimmel zu sehen und der Strom fiel aus. Die indische Polizei meldete fünf Tote in Jammu.

Die indische Armee berichtete, sie habe Drohnen an 26 Orten gesichtet und abgefangen. Die Drohnenangriffe seien in einem weitläufigen Gebiet erfolgt, das sich von Kaschmir aus entlang der im Westen an Pakistan grenzenden Bundesstaaten bis hinunter zum Arabischen Meer erstreckt. 

Am Mittwochmorgen war der jahrzehntealte Kaschmirkonflikt militärisch eskaliert: Indien hatte mehrere Ziele in Pakistan bombardiert, Pakistans Armee erwiderte mit Artilleriefeuer. Seitdem wurden nach unbestätigten Angaben beider Seiten mindestens 50 Menschen getötet.

Auslöser für das erneute Aufflammen des Konflikts war ein Angriff radikaler Islamisten auf hinduistische Touristen im indischen Kaschmir am 22. April, bei dem 26 Menschen starben. Indien wirft Pakistan die Unterstützung des Anschlags vor, die pakistanische Regierung weist die Vorwürfe zurück.

Indien und Pakistan haben seit ihrer Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1947 bereits zwei ihrer drei Kriege um Kaschmir geführt. Sie verfügen dem International Institute for Strategic Studies zufolge gegenwärtig über je etwa 170 Atomsprengköpfe.