Justizreform in Israel: Benjamin Netanjahu ruft Demonstranten zu Gewaltverzicht auf

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat sich erstmals seit der Entlassung seines Verteidigungsministers öffentlich zu Wort gemeldet. Auf Twitter rief er angesichts massiver Proteste zur Einheit und gegen Gewalt auf. „Ich rufe alle Demonstranten in Jerusalem, von rechts und von links, dazu auf, verantwortlich zu handeln und keine Gewalt anzuwenden. Wir sind Brüder“, schrieb Netanjahu.
Zuvor war es landesweit erneut zu Massenprotesten gegen einen von seiner rechts-religiösen Regierung geplanten Umbau der Justiz
sowie die Entlassung von Verteidigungsminister Joav Galant gekommen. Tausende Menschen versammelten sich mit israelischen Flaggen und Schildern vor dem Parlament in Jerusalem.
Der Dachverband der Gewerkschaften hatte am Morgen zum „historischen“ Generalstreik aufgerufen. Am internationalen Flughafen Ben-Gurion bei Tel Aviv wurden umgehend die Abflüge eingestellt. Auch Präsident Izchak Herzog forderte einen „sofortigen Stopp“ des umstrittenen Vorhabens.
Eigentlich wollte sich Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zur Justizreform äußern, Medien berichteten von einem möglichen Stopp der Reform. Doch der Ministerpräsident verschob sein Statement – wegen Differenzen innerhalb der Regierungskoalition.
Bundesregierung befürwortet unabhängige Justiz
Die Bundesregierung zeigte sich besorgt über die Entwicklungen in Israel. „Als enge Freunde Israels mischen wir uns natürlich nicht in die inneren Angelegenheiten eines Staates ein, und trotzdem blicken wir natürlich mit Sorge auf das, was in den letzten Tagen und vor allem Stunden sich in Israel zuträgt“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe schon beim Besuch Netanjahus in Berlin intern und auch in der Pressekonferenz „zum Ausdruck gebracht, wie wichtig eine unabhängige Justiz ist für eine Demokratie.
Ungeachtet der Proteste billigte der Justizausschuss im israelischen Parlament am Montag ein Kernelement der umstrittenen Reform. Damit hat das Projekt eine weitere wichtige Hürde genommen.
Parteifreund Galant stellte sich gegen Netanjahus Vorhaben
Sonntagabend hatte Netanjahu seinen Verteidigungsminister und Parteifreund Joaw Galant entlassen, nachdem dieser das geplante Vorhaben kritisiert und die Regierung zum Dialog mit Reformgegnern aufgefordert hatte. Die Justizreform soll der Regierung Kontrolle über die Ernennung von Richtern am obersten Gerichtshof geben. Durch sie hätte die Regierung zudem die Möglichkeit, Gerichtsurteile auf der Grundlage einer einfachen parlamentarischen Mehrheit außer Kraft zu setzen.