„Joseph und seine Brüder“ : Die „Joseph“-Romane leuchten wie Gletscher im Sonnenlicht

„Tief ist der Brunnen der Vergangenheit. Sollte man ihn nicht unergründlich nennen?“ Mit diesen trügerisch ernsten Sätzen beginnt Thomas Manns Unternehmen einer heiteren Humanisierung des Mythos. Die Joseph-Tetralogie ist das künstlerische Schwesterwerk zu James Joyce‘ etwa zur gleichen Zeit geschriebenem Roman Finnegans Wake, viel lesbarer allerdings und dennoch fast ebenso wenig gelesen.

Thomas Mann unternimmt hier die nacherfindende Psychologie des vormodernen Menschen, der sich seiner Individualität noch nicht gewiss ist, der dazu neigt, überlieferte Geschichten für eigene Erlebnisse zu halten, und der sich immer wieder im Fluidum eines vorgeschichtlichen Zeiterlebens mit seinen eigenen legendären Vorfahren verwechselt. Mann erzählt das Archaische, aber, abgestoßen von allem Blut-und-Boden-Getue, tut er es nicht düster-wild, sondern souverän und leicht, in einem durchheiterten Ton nicht so sehr ironischer als fröhlicher Gelehrsamkeit.