Internationale Zusammenarbeit: Die Zukunft liegt im Süden

In
dieser Woche findet in Washington die Jahrestagung des Internationalen
Währungsfonds und der Weltbank statt. Für die Bundesregierung reisen
Finanzminister Lars Klingbeil und Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan
an. In der ZEIT skizzieren sie, wie eine neue Nord-Süd-Kommission die Rolle
Deutschlands in der Welt stärken soll.

Der Internationale Währungsfonds
und die Weltbank treffen sich in dieser Woche in Washington, D. C. zu einem Zeitpunkt,
an dem die alte, vom Westen dominierte Ordnung längst einer multipolaren Welt
gewichen ist. Autokratische Staaten gewinnen an Einfluss. Demokratie und offene
Märkte stehen unter Druck. Neue Machtzentren entstehen. Die internationalen
Krisen sind längst auch bei uns angekommen und bedrohen unsere Sicherheit und
unseren Wohlstand.

Das spüren wir durch Putins imperialistische
Großmachtphantasien und seinen brutalen Krieg in der Ukraine. Und das spüren
wir durch die Verwerfungen im Welthandel. Die US-Zölle, aber auch chinesische
Überkapazitäten
und Dumpingpreise schaden allen. All das trifft besonders die
deutsche Wirtschaft, die auf Exporte und freien Handel angewiesen ist.

Die Verunsicherung und die
Polarisierung, die aus diesen Krisen herrühren, sind für viele Menschen
spürbar. Spürbar, wenn der eigene Job bedroht ist. Und spürbar, wenn die Frage
drängender wird, wie unsere Kinder in einem freien und sicheren Europa
aufwachsen können.

Gerade jetzt brauchen wir neue Kooperationen

Für unsere Sicherheit gilt ebenso
wie für unsere Wirtschaft: In einer immer unsichereren und immer
unübersichtlicheren Welt brauchen wir starke Partnerschaften mit Staaten, die –
ebenso wie Deutschland – auf Kooperation statt Konfrontation setzen. Diejenigen,
die sich von diesem Prinzip verabschiedet haben, lassen große Lücken. Diese
Lücken müssen wir füllen.

Die Bedeutung internationaler
Zusammenarbeit sieht man aktuell am schwierigen Weg zum Frieden im Nahen Osten.
Nach dem Waffenstillstand und der Freilassung der Geiseln geht es jetzt darum, die Verhandlungen für einen
echten und dauerhaften Frieden weiterzuführen. Für die Zivilbevölkerung in Gaza
muss die Versorgung mit Lebensmitteln und Medizin massiv ausgeweitet werden, um
das Leid zu lindern. Deutschland wird dazu einen wesentlichen Beitrag leisten.
Und Deutschland steht gemeinsam mit Partnern für den Wiederaufbau
bereit.

Gerade jetzt brauchen wir neue
Kooperationen mit Staaten, die Institutionen, Regeln und freien Handel nicht
zerstören, sondern stärken wollen. Diese neuen Partnerschaften müssen wir vor
allem mit Staaten des Globalen Südens schließen. Sie stellen mittlerweile 40 Prozent
der globalen Wirtschaftsleistung. Sie sind Motoren für Wachstum und Innovation.
Fast zwei Drittel der Menschen im erwerbsfähigen Alter leben im Globalen Süden.
Partnerschaften mit dem Globalen Süden ermöglichen uns mehr Handel, Investitionschancen,
Zugang zu wachsenden Märkten und Talenten. Sie helfen uns, unsere Lieferketten
zu diversifizieren.

China, Russland und
andere haben dieses Potential längst erkannt. Wir haben hier einiges aufzuholen.
Wenn wir die Zukunft weiter mitgestalten wollen, brauchen wir
Partnerschaften mit den Ländern des Globalen Südens, die auf gegenseitigem
Respekt und gemeinsamen Interessen beruhen.