Insolventer Warenhauskonzern: Galeria bekommt die nächste letzte Chance
Auf der Gläubigerversammlung der insolventen Galeria soll es an diesem Montag um die Zukunft dieses letzten deutschen Warenhauskonzerns gehen, doch die Aussichten derer, die darüber zu entscheiden haben, sind trübe. „Vom Zukunftskonzept kann ich nicht viel erkennen“, sagt Michael Fraas, Stadtrat und Wirtschaftsreferent von Nürnberg. Auch wenn es für die Stadt nur um 20.000 Euro geht, hat er sich mit zwei Dezernenten-Kollegen der bayerischen Städte Erlangen und München auf den Weg zur Messe in der Ruhrgebietsstadt gemacht, um den Sanierern und der Geschäftsführern seine Meinung zu sagen.
Alle drei Städte sind von den Schließungsplänen betroffen, 47 der noch 129 Warenhäuser sollen zumachen, um den Konzern noch eine Überlebenschance zu geben. Damit, viel Geld wiederzusehen, rechnet hier ohnehin niemand, schon im Vorfeld stand fest: Wenn die Gläubiger dem Insolvenzplan zustimmen, verzichten sie auf eine Milliardensumme. Schon wieder, wie damals bei der letzten Insolvenz im Jahr 2020. Schon damals wurden rund 40 Filialen geschlossen, etwa 4000 Stellen abgebaut und mehr als 2 Milliarden Euro an Schulden abgebaut. Der größte Gläubiger bei der abermaligen Insolvenz ist übrigens der deutsche Staat, hat doch der Wirtschaftsstabilisierungsfonds Galeria mit insgesamt 680 Millionen Euro unterstützt.
Gläubiger stimmen Sanierungsplan zu
In der Messe stimmen am Montag gleichwohl die rund 40 Gläubigervertreter dem Sanierungsplan zu. „Ich bin frohen Mutes und habe die Hoffnung, dass es jetzt weiter geht“, sagt der Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz am Nachmittag. Spätestens Anfang Mai soll das Insolvenzverfahren aufgehoben werden. Die Gläubiger verzichten auf mehr als eine Milliarde Euro an Forderungen und bekommen einen „Befriedungsbeitrag“ in Höhe von 50 Millionen Euro. Die Insolvenzquote beträgt damit zwischen 2 und 3,4 Prozent. Nun sollen die verbleibenden 82 Warenhäuser in drei bis vier Jahren umgebaut werden. „Die Attraktivität auf der Fläche soll erhöht werden“, sagte Geiwitz. „Damit soll sich auch die Kundefrequenz im Warenhaus verbessern.“
Abermals rund 4300 Stellen will der Warenhauskonzern nun streichen, nach dem abgeschlossenen Schutzschirmverfahren übernimmt der Vertriebsvorstand Olivier Van den Bossche den Vorsitz der Geschäftsführung. „Das zukünftige Management und die Verantwortlichen bei Galeria müssen alles daransetzen, dass die Standorte und die Arbeitsplätze erhalten bleiben“, fordert Stefanie Nutzenberger, die als Vorstand für den Bereich Handel von Verdi auch an der Gläubigerversammlung teilgenommen hat. Draußen vor der Messe hatten Gewerkschaftsvertreter einen Sarg aufgebaut mit den Namen der zu schließenden Filialen, und zahlreiche Protestschilder aufgestellt. „Benko ein Arbeitsplatz- und Steuergeldvernichter“, steht auf einem Schild. Auch Nutzenberger hat an den Immobilienunternehmer und Besitzer des Warenhauskonzerns eine Botschaft. „Um die Zukunft von Galeria zu gestalten, sind Investitionen notwendig und unumgänglich. Hierbei trägt der Eigentümer eine soziale Verantwortung.“
„Ein Tod auf Raten“
Neben den Arbeitnehmern, Lieferanten, Vermietern und dem Staat haben auch die Städte für den Erhalt des angeschlagenen Warenhauskonzerns gestimmt, um wenigstens einzelne Filialen zu retten. Gleichwohl herrscht Pessimismus vor. „Das ist ein Tod auf Raten“, sagt Münchens Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner. „Wir sind immer wieder hingehalten worden mit dem Versprechen, dass der Rest eine Überlebenschance hat, wenn zahlreiche Häuser zumachen. Aber da gehört doch mehr dazu.“ Für die Städte gehe es darum, wie man mit der Immobilie umgehe. „Unser Ansinnen ist eine funktionierende Innenstadt, wenn ein Kaufhaus wegfällt, sind wir die Gelackmeierten“, sagt Baumgärtner. Eine Büroimmobilie könne die Magnetwirkung nicht entfalten, das habe auch Auswirkungen auf den anderen Handel, die Gastronomie und die Attraktivität der Innenstadt generell.
Ausgerechnet in Essen, dem Heimatstandort von Galeria, soll mit der abermaligen Insolvenz auch das letzte verbliebene Warenhaus der Kette in der Stadt dichtmachen. An dem Standort, der bei der letzten Sanierung geschlossen wurde, kann man erahnen, was die Zukunft aber bringen könnte. Dort baut die Eigentümerin, die Koerfer-Gruppe, das Gebäude derzeit um, in der Mitte des Hauses ist ein Atrium reingeschlagen worden. Für Büros und eine Markthalle, die das gesamte Erdgeschoss füllen soll, braucht es Tageslicht. „Da fällt viel Fläche weg, aber das ist notgedrungen“, sagt Daniel Schild aus der Geschäftsführung der Koerfer-Gruppe.
Wie neue Immobilien aussehen könnten
Für das Untergeschoss hat die Immobiliengesellschaft schon Aldi und einen türkischen Supermarkt als Mieter gewinnen können, in den oberen Etagen soll es teilweise Büros und Angebote wie etwa Arztpraxen geben. Von der Überlegung, Wohnungen zu bauen, hat sich der Eigentümer inzwischen wieder verabschiedet.
Die Trennung zwischen Galeria und Koerfer war hart, nachdem es schon zu Zeiten von Horten eine langjährige Vermiet-Beziehung gab. Als das Haus Ende Oktober 2020 übergeben wurde, war das gesamte Inventar noch drin. Der verärgerte Eigentümer lud einen Teil davon aus Protest vor der Galeria-Zentrale in Essen ab. Im Blick zurück ist die Gesellschaft erleichtert, angesichts der steigenden Baukosten und Zinsen schon so weit fortgeschritten zu sein, im kommenden Jahr soll das Haus neu eröffnet werden. „Wir sind froh, dass wir 2020 angefangen haben, für andere wird das jetzt schwieriger“, sagt Schild.