Inflation in Deutschland sinkt im September hinauf 1,6 Prozent

Die Inflation in Deutschland hat nach einer wilden Welle mittlerweile einen recht niedrigen Stand erreicht. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Montag aufgrund einer ersten Schätzung mitteilte, lag die Inflationsrate im September bei 1,6 Prozent. Im August hatte die Rate erstmals seit Langem wieder die Marke von 2 Prozent unterschritten und war auf 1,9 Prozent gefallen. Ihren Höhepunkt hatte die Inflation im Oktober 2022 mit mehr als 8 Prozent in Deutschland und mehr als 10 Prozent im Euroraum insgesamt erreicht.

Hinter der niedrigen Inflationsrate steckt in erster Linie der Preisrückgang bei der Energie. Heizöl, Erdgas und auch Kraftstoff waren vor einem Jahr deutlich teurer als jetzt. Die Energiepreisentwicklung liefert deshalb einen Beitrag zur Inflationsrate mit negativem Vorzeichen, sie drückt die Rate. Aber auch sonst ist die Inflation in vielen Teilen rückläufig. Bei Lebensmitteln hat sich der starke Preisanstieg wieder etwas beruhigt. Trotzdem sind viele Produkte weiterhin deutlich teurer als vor der Inflationswelle.

Starker Rückgang der Kraftstoffpreise

Insbesondere der starke Rückgang der Spritpreise in diesem Sommer war auffällig. Normalerweise pflegen die Kraftstoffpreise mit der Reisewelle regelmäßig in die Höhe zu klettern. In diesem Jahr aber sorgte die schwache Weltkonjunktur im Sommer dafür, dass Rohöl eher günstig war. Und die Wirtschaftsflaute in Deutschland verhinderte, dass die Mineralölunternehmen ihre Margen beim Benzin ausweiteten.

Hingegen steigen die Preise für Dienstleistungen weiter ganz ordentlich. Christine Lagarde, die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), nannte zuletzt vor allem die Preise im Tourismus und für Versicherungen.

Was genau alles teurer und billiger geworden ist, verraten die schon detaillierter veröffentlichten Zahlen für Nordrhein-Westfalen, die meistens relativ repräsentativ für Deutschland sind.

Gurken teurer, Fisch etwas billiger

So waren Kraftstoffe in NRW im September 4,1 Prozent billiger als im August. Im Vergleich zum Vorjahr gaben die Preise sogar um 12,5 Prozent nach. Diesel wurde 15 Prozent billiger, Benzin 11,9 Prozent.

„Das ist ein nochmals deutlich besseres Ergebnis als im August, als die Autofahrer 7,1 Prozent weniger für Kraftstoffe ausgeben mussten als im Vorjahresmonat“, kommentierte Holger Schmieding, der Chefvolkswirt des Hamburger Bankhauses Berenberg. Heizöl verbilligte sich auf Jahressicht um 13,8 Prozent, Erdgas um 5,9 Prozent. Die viel gepriesene Fernwärme dagegen wurde 31,5 Prozent teurer.

Bei den Dienstleistungen blieb der Preisanstieg in NRW mit 3,7 Prozent im Vorjahresvergleich so hoch wie im August. Bei den Preisen für Versicherungen hat sich der Preisauftrieb gegenüber dem Vorjahr beschleunigt, von 12,3 Prozent im August auf 12,6 Prozent im September. Zur hohen Dienstleistungsinflation dürften auch kräftig gestiegene Personalkosten in der Pflege sowie die höheren Personal- und Materialkosten für Fahrzeugreparaturen beigetragen haben.

Die Preise beim täglichen Einkaufen entwickelten sich unterschiedlich. Auf Jahressicht deutlich teurer wurden beispielsweise Gurken (plus 56,9 Prozent), Butter (plus 27,6 Prozent) und Orangensaft (plus 21,1 Prozent). Obst stieg im Schnitt 5,4 Prozent im Preis, Gemüse 1,1 Prozent. Etwas billiger wurden zum Beispiel Fisch und Meeresfrüchte mit minus 0,2 Prozent. Auch Möbel, Leuchten und Teppiche wurden billiger (minus 2,2 Prozent). Telekommunikationsdienstleistungen gaben 0,6 Prozent im Preis nach.

Zwischen August 2024 und September 2024 sanken die Preise für Kartoffeln um 14,5 Prozent.

Höhere Raten im Oktober, November, Dezember erwartet

Zu früh freuen sollten sich Verbraucher nicht: Die Inflationsraten dürften in den nächsten Monaten wieder steigen. Dafür könnte allein schon ein sogenannter Statistischer Basiseffekt sorgen, ein rein technischer Vorgang. Im vorigen Jahr war Energie im Sommer recht teuer gewesen, entsprechend entlastend wirkte sich der Preisverfall auf Jahressicht in den vergangenen Monaten bis einschließlich September auf die Inflationsrate aus. Im Oktober, November und Dezember vergangenen Jahres aber war die Energie dann deutlich günstiger. Entsprechend höher dürften im Jahresvergleich in den nächsten drei Monaten bis zum Jahresende die Raten ausfallen.

Wie es aktuell bei den Energiepreisen weitergeht, ist nicht so ganz klar. Die Preise für Benzin und Diesel waren zuletzt wieder leicht gestiegen, wie der ADAC in der vorigen Woche in seiner Auswertung der Preise von mehr als 14.000 Tankstellen berichtete. Super E10 kostet aktuell im Schnitt 1,605 Euro, Diesel 1,528 Euro je Liter. Der Rohölpreis schwankt stark in Abhängigkeit von Sorgen um die politischen Entwicklungen im Nahen Osten und damit das Ölangebot auf der einen Seite sowie Sorgen um die Weltkonjunktur und damit die Ölnachfrage auf der anderen Seite. Aktuell ist er mit 71 Dollar je Barrel (Fass zu 159 Liter) für die Nordseesorte Brent eher wieder niedrig.

Nächste EZB-Zinssitzung am 17. Oktober

Am Dienstag soll die Inflationsrate für den Euroraum insgesamt veröffentlicht werden. Auch sie dürfte zumindest nicht weit vom EZB-Ziel von 2 Prozent entfernt sein. Im August hatte die Rate bei 2,2 Prozent gelegen.

Die niedrigen Inflationsraten sind auch interessant für die nächste Zinssitzung des EZB-Rates in der übernächsten Woche am 17. Oktober. Eigentlich hatten die meisten Ökonomen angenommen, dass die Notenbank bei dieser Sitzung die Füße stillhalten und die Zinsen erst wieder in ihrer Dezembersitzung senken würde. Im November gibt es keine Zinssitzung der EZB.

Zuletzt kamen aber Diskussionen auf, ob schwache Frühindikatoren für die Wirtschaft doch schon jetzt für eine Zinssenkung sprechen könnten. 

„Angesichts der schwachen Konjunkturdaten kommt die Europäische Zentralbank unter Druck, ebenso wie die US-Notenbank die Zinsen schneller zu senken“, kommentierte Ulrich Kater, Chefökonom der Dekabank: „Die EZB braucht aber nicht in Zinssenkungspanik zu verfallen, da ihre Leitzinsen bereits deutlich unter den US-Zinsen liegen.“

Source: faz.net