Inflation in Deutschland fällt im März auf 7,4 Prozent

Die Inflationsrate in Deutschland ist im März deutlich zurückgegangen. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Donnerstag nach einer ersten Schätzung mitteilte, lag die Rate bei 7,4 Prozent. Im Januar und im Februar hatte sie noch 8,7 Prozent betragen.

Dass es einen Rückgang der Rate im März gab, kam nicht ganz unerwartet. So macht sich insbesondere bei den Energiepreisen ein sogenannter statistischer Basiseffekt bemerkbar: Bei der Inflationsrate werden immer die aktuellen Preise mit denen aus dem Vorjahreszeitraum verglichen. Im vergangenen Jahr aber waren im März mit dem Beginn des Ukrainekriegs aus Angst vor Energieengpässen die Energiepreise in die Höhe geschossen.

In diesem Jahr werden daher von März an, anders als im Januar und Februar, die Energiepreise aus diesem Jahr mit den bereits hohen aus dem vorigen Jahr verglichen. Das lässt die Steigerungsraten geringer ausfallen.

Ökonomen hatten im Durchschnitt mit einem Rückgang der Inflationsrate auf 7,3 Prozent gerechnet.

Vorösterliche Reisefreude treibt die Reisepreise

Zahlen aus Nordrhein-Westfalen, die schon detaillierter veröffentlicht sind, verraten mehr zur Preisentwicklung bei einzelnen Gütern und Dienstleistungen. So haben im März offenbar Haushaltsenergie und Kraftstoffe zusammen erstmals einen negativen Beitrag zur Inflationsrate geleistet – beide waren im Schnitt etwas billiger als im vorigen Jahr unmittelbar nach Kriegsbeginn.

„Haushaltsenergie und Kraftstoffe kosten jetzt in NRW zusammengenommen 0,3 Prozent weniger als vor einem Jahr“, sagte Holger Schmieding, der Chefvolkswirt des Hamburger Bankhauses Berenberg. Im Februar hatte die Steigerung im Vorjahresvergleich noch stolze 18 Prozent betragen. „Dieser Trend wird sich in den kommenden Monaten fortsetzen“, meint Schmieding. Bundesweit stand bei Energie und Kraftstoffen auf Jahressicht noch ein Plus von 3,5 Prozent; im Februar aber waren das noch 19,1 Prozent gewesen.

Weiter gestiegen ist allerdings die Kernrate der Inflation, das ist die Teuerung ohne stark schwankende Preise wie die für Energie und Lebensmittel.

„Die Kerninflation ist nach unser Schätzung von 5,7 auf 5,9 Prozent gestiegen“, sagte Jörg Krämer, der Chefvolkswirt der Commerzbank. Der unterliegende Preisauftrieb habe sich weiter beschleunigt und sei sehr hoch. „Die Kerninflation sollte noch bis zum Herbst über 5 Prozent liegen und danach nur wenig sinken – schließlich rollt mit dem absehbaren starken Anstieg der Löhne eine neue Kostenwelle auf die Wirtschaft zu.“

Auch im Euroraum dürfte die Kerninflation nach Einschätzung des Ökonomen weiter etwas gestiegen, auf jeden Fall nicht gefallen sein.

Dass die Kernrate der Inflation im März weiter gestiegen ist, liege unter anderem an der Reiselust der Deutschen nach der Pandemie, meint Ökonom Schmieding. Vor Ostern zeige sich eine „vorösterliche Reisefreude“. Das nutzten die Unternehmen für Preiserhöhungen: Pauschalreisen waren im März immerhin 12,8 Prozent teurer als vor einem Jahr – im Februar hatte die Rate bei 8,1 Prozent gelegen.

Im vorigen Jahr war es umgekehrt gewesen. Da war die Gesamt-Inflationsrate stark gestiegen, aber die Kernrate nicht so. Jetzt geht die Gesamt-Inflationsrate zurück, aber die Kernrate steigt. Das zeigt: Es sind nicht mehr die Energiepreise, von denen die Inflation ausgeht, dafür steigen die Preise von Dienstleistungen, aber auch sonstige Waren verteuern sich zum Teil. EZB-Präsidentin Christine Lagarde sprach davon, aus einer „importierten Inflation“ sei eine „heimische Inflation“ geworden.

Damenbekleidung und Nahrungsmittel teurer

Auch Damenbekleidung ist teurer geworden, um 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr im März, nach einer Rate von 3,2 Prozent im Februar. Allerdings sind hier ebenso wie bei Pauschalreisen die monatlichen Schwankungen recht ausgeprägt.

Auch Nahrungsmittel haben abermals etwas mehr zur Inflation beigetragen. Der Preisanstieg hat sich im März im Vorjahresvergleich sogar auf 23,4 Prozent beschleunigt, nach 22,4 Prozent im Februar. Unter anderem ist Gemüse noch mal teurer geworden, das wird auch mit Ernteausfällen in einigen Lieferländern begründet. Der Preisanstieg gegenüber dem Vorjahr lag hier im März bei 30,3 Prozent, nach einer Rate von 21,8 Prozent im Februar.

In anderen europäischen Ländern ist die Inflationsrate im März ebenfalls zurückgegangen, die Effekte bei der Energie zeigen sich wohl mehr oder minder überall. So sank die Rate in Spanien kräftig von 6 auf 3,3 Prozent. Das ist innerhalb des Euroraums ein außergewöhnlich niedriger Wert. Die Kerninflation in Spanien lag aber weiterhin bei 7,5 Prozent und damit nur 0,1 Prozentpunkte unter dem Wert vom Februar.

Am Freitag will das europäische Statistikamt Eurostat die Zahlen für den gesamten Euroraum vorstellen.

„Das ist zwar ein gutes und wichtiges Signal, dass der Inflationsgipfel klar überschritten ist“, sagte Bayern-LB-Chefvolkswirt Jürgen Michels. „Für die EZB ist aber noch keine Entwarnung angesagt.“ Die Notenbank hatte im März die Leitzinsen um 0,5 Prozentpunkte angehoben. Die nächste Zinssitzung ist am 4. Mai. Zu der Frage, wie forsch die Notenbank angesichts der Finanzturbulenzen die Zinsen weiter anheben soll, dürfte es im EZB-Rat unterschiedliche Meinungen geben.

EZB-Chefvolkswirt Philip Lane hatte sich zuletzt in einem Interview zwar zuversichtlich geäußert, dass es einen „raschen Rückgang der Inflation“ geben werde. Im Supermarkt gebe es zwar immer noch viele steigende Preise, auf den vorgelagerten Stufen zeichne sich aber etwas Entspannung ab, die irgendwann auch bei den Verbrauchern ankommen werde.

Lane hatte gleichwohl gemeint, wenn sich das bisherige Basisszenario der EZB bestätige, brauche es weitere Zinserhöhungen, um die Inflation zum Ziel der Notenbank von 2 Prozent zu bringen.