„Ich weinte, während sie noch stocherten und Proben aus meiner Brust holten“
Tennis-Ikone Martina Navratilova hat vorerst den Krebs besiegt. „Soweit sie es wissen, bin ich krebsfrei“, verriet die 18-malige Grand-Slam-Turniergewinnerin in einem emotionalen Interview in der TV-Talkshow des britischen Starmoderators Piers Morgan. Für zwei weitere Wochen müsse sie noch präventiv an der Brust bestrahlt werden, „dann sollte ich wieder fit sein“.
Die 66 Jahre alte Tschechin, die auch die US-Staatsbürgerschaft besitzt, hatte kurz nach dem Jahreswechsel ihre erneute Krebserkrankung öffentlich gemacht. Bei ihr waren Kehlkopf- und Brustkrebs jeweils im Anfangsstadium diagnostiziert worden. Ein geschwollener Lymphknoten hatte sie zu Tests veranlasst.
„Ich bemerkte, dass mein linker Lymphknoten vergrößert war, und ich dachte, es käme von einer Gürtelrose-Impfung, die ich eine Woche zuvor erhalten hatte. Aber ein paar Wochen später ging es nicht weg, also rief ich den Arzt an“, sagte sie im Gespräch mit Morgan. 2010 war bei ihr bereits ein nicht invasiver Brustkrebs festgestellt worden, nach einer halbjährigen Behandlung galt die frühere Weltranglisten-Erste damals als krebsfrei.
Der erneute gesundheitliche Rückschlag habe sie für drei Tage „in totale Panik“ versetzt, wie Navratilova nun erzählte. So lange habe es gedauert, bis feststand, wo sich der Krebs in ihrem Körper eingenistet habe. Sie befürchtete, „ich könnte das nächste Weihnachten nicht erleben“. Sie habe sogar an eine sogenannte „Bucket List“ gedacht und überlegt, welche Dinge sie vor ihrem Tod noch tun wolle. „Das mag sehr oberflächlich klingen, aber ich dachte mir ,Okay, welches geile Auto will ich wirklich fahren, wenn ich nur noch ein Jahr lebe?‘“, berichtete sie.
„Du kannst es kaum erwarten, die Glocke zu läuten“, berichtet Navratilova
Als ihre Bestrahlungsbehandlung begann, musste sie die Tränen unterdrücken, als das Pflegepersonal „I’m Still Standing“ von Sir Elton John spielte. Navratilova musste während des Protonentherapieverfahrens eine speziell angepasste Maske tragen, eine unangenehme Prozedur, die viel Disziplin abverlangt. Um die Zeit während der Bestrahlung etwas entspannter zu gestalten, wird Musik im Raum gespielt. „Einmal habe ich Elton John ausgesucht und dann hat er angefangen „I’m Still Standing“ zu singen, das er mir bei einem Konzert in Paris während der French Open in den 80-er Jahren gewidmet hat. Also, wenn ich in dieser Maske bin und dieses Lied kam, dann dachte ich: ‚Oh toll, also kann ich nicht wirklich weinen, weil ich nicht schlucken kann und ich mich nicht bewegen darf‘.“
Während des Interviews zeigte Morgan ein Video, in dem Navratilova in der Klinik eine Glocke läutete, um das Ende ihrer Behandlung zu signalisieren. Unter Tränen kommentierte sie die Szene: „Ich weine, wenn ich es mir noch einmal ansehe, weil du es kaum erwarten kannst, die Glocke zu läuten.“ Ihre Zeit als Athletin habe während der Leidenszeit enorm geholfen, sie nennt es den „Tennismodus“: „Es ist in solchen Situationen ziemlich praktisch, eine Spitzensportlerin gewesen zu sein, um gleich wieder umschalten zu können. Ich dachte nur ,Okay, also was machen wir jetzt?‘“
Alles in allem aber sei sie „durch die Hölle“ gegangen, es sei ein „fortwährendes Auf und Ab“ gewesen. „Sie finden erst heraus, dass es Kehlkopfkrebs ist, ich glaubte, ich könnte sterben. Aber dann finde ich heraus, nein, es ist durchaus behandelbar. Als ich dann die Biopsie an der rechten Brust hatte, sagte der Arzt: ‚Das sieht nicht gut aus‘. Da fing ich an, auf dem Tisch zu weinen, während sie immer noch stocherten und Proben aus meiner Brust holten. Und ich dachte so bei mir: ‚Oh toll, jetzt habe ich zwei Krebsarten gleichzeitig, die nicht miteinander verwandt sind. Wer hat schon zwei Krebsarten gleichzeitig?‘“, sagte Navratilova.
Die neunmalige Wimbledon-Siegerin hat mit dem ehemaligen Model Julia Lemigova zwei Töchter, Victoria, 21, und Emma, 17. Navratilova und Lemigova warteten in der Zeit vor dem Befund auf einen Anruf, um ein weiteres Kind adoptieren zu können. Als dann die erneute Krebs-Diagnose kam, legten sie den Plan auf Eis. Und ich glaube nicht, dass es noch passieren wird. Ich denke, es ist einfach zu kompliziert und ich habe gerade nur so viel Energie, nicht mehr“, sagte Navratilova.
Sie sei sich zwar bewusst gewesen, dass der Heilungsprozess schwer werden würde, „aber ich wusste nicht, dass es so schwer werden würde, wie es wirklich war. Ich liebe es zu essen und das Essen war der schwierigste Teil dieser ganzen Behandlung. Ich habe 15 Pfund abgenommen, nicht weil ich wollte, sondern weil ich einfach nicht genug Nahrung in meinem Körper bekommen konnte. Die Strahlung wirkt sich auf den Hals und Mund aus, die sich zu schließen beginnen. Ich konnte nicht einmal gähnen oder niesen“, berichtete sie.
Neue Therapieansätze machen Hoffnung im Kampf gegen Krebs
Fast jeder Zweite erkrankt in Deutschland im Laufe seines Lebens an Krebs. Doch die Heilungschancen steigen. Unternehmen forschen an immer innovativeren Behandlungsmöglichkeiten. Mit dabei: die mRNA-Technologie.
Quelle: WELT / Viktoria Schulte
Durch Zufall wurde sie in derselben New Yorker Klinik behandelt wie ihre einst großer Tennis-Kontrahentin Chris Evert. Vergangenes Jahr hatte die 68 Jahre alte Evert, ehemals die Nummer eins der Welt, sechs Chemotherapie-Sitzungen zur Behandlung von Eierstockkrebs über sich ergehen lassen müssen. Auch sie gilt als vorerst geheilt. Navratilova sagte: „Unsere Karrieren sind immer miteinander verflochten gewesen und dann folgen wir einander auf diese Weise. Das kann man sich nicht einfach ausdenken. Die Parallelen sind unglaublich. Gleicher Ort. Einige der gleichen Krankenschwestern. Sie hat mich dabei so sehr unterstützt, wie ich sie vor einem Jahr unterstützt habe. Wir waren und sind immer füreinander da, egal was passiert.“
Sie fühle sich „immer noch nicht großartig, aber ich fühle mich jeden Tag besser. Endlich fange ich an, Dinge zu schmecken“. Für die Zukunft plant Navratilova Urlaube in Kenia und auf den Galapagos-Inseln – die standen auch auf ihrer „Bucket List“.
Vorsorgeuntersuchungen
Vorsorgeuntersuchungen können Leben retten – insbesondere im Fall von Krebserkrankungen. Trotzdem werden sie oft vernachlässigt. Häufige Gründe: Unwissenheit, Terminmangel, Angst vor dem Befund. In dieser Folge WELT GESUNDHEIT fassen Hendrik Streeck und Franca Lehfeldt die wichtigsten Check-Ups zusammen.
Quelle: WELT
Source: welt.de