„Ich hoffe, dass unsrige Regierung einlenkt“ – hier ist Trumps Einmischung willkommen

US-Präsident Donald Trump hat Südafrika sämtliche Mittel gestrichen. Als Grund dafür nennt er eine Landreform, die er als Enteignung der Weißen im großen Stil interpretiert. Die Regierung in Pretoria zürnt – doch es gibt auch Profiteure, die mit Trump eine bestimmte Hoffnung verbinden.

Als Wannie Scribante die Aussagen von Donald Trump zur gerade in Kraft getretenen Landreform in Südafrika las, da dachte der Farmer aus der Nähe der Hauptstadt Pretoria: Diese Politik des starken Mannes ist eine gute Sache. Die vom US-Präsidenten suspendierten Mittel für Südafrika, zuletzt stolze 440 Millionen Dollar jährlich, würden vielleicht ein ähnliches Nachgeben verursachen wie jüngst im Fall von Kolumbien.

„Dort haben sie sich auch dagegen gewehrt, dass ihre illegal eingereisten Migranten zurückgeschickt werden“, sagt der 68-jährige Scribante im Telefongespräch mit WELT. Es habe dort ja auch großes Geschrei gegeben, aber als Trump mit Strafzöllen gedroht habe, sei die kolumbianische Regierung eingeknickt und habe innerhalb von 24 Stunden gar das Präsidentenflugzeug geschickt: „Ich hoffe, dass unsere Regierung auch einlenkt.“

Stein des Anstoßes ist ein neues Gesetz, das Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa Ende Januar unterschrieben hat. Es soll die Besitzverhältnisse des Agrarlandes gerechter machen, das auch 31 Jahre nach dem Ende der Apartheid mehrheitlich der weißen Minderheit gehört.

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Das bisherige Prinzip „Williger Käufer, williger Verkäufer“ änderte das nur langsam, besonders Wohnraum in der Nähe der Städte ist rar. Das nun geltende Enteignungsgesetz soll mehr Druck auf die Verkäufer machen – und in bestimmten Ausnahmefällen tatsächlich auch Enteignungen ohne Entschädigungen ermöglichen.

Und an ebendiesem Passus entlud sich Trumps Wut. Südafrikas Regierung „konfisziert das Land, behandelt dabei bestimmte Klassen sehr schlecht“, begründete der Politiker auf seiner Plattform „Truth Social“ die Streichung der US-Mittel – und meinte natürlich die Weißen. Genau genommen mache die südafrikanische Regierung noch „weit schlimmere Dinge“, schob er gegenüber Journalisten hinterher.

Letztere Andeutung bezog sich offenbar auf die Morde an weißen Farmern, denen die Regierung weißen Lobby-Verbänden zufolge nicht entschieden genug begegnet. Schon während seiner ersten Amtszeit hatte sich Trump über die „groß angelegte Tötung von Farmern“ in dem Land ausgelassen.

Ein Blick auf die Statistik relativiert diese Behauptung. So lag die Zahl dieser sogenannten Farmmorde zwischen den Jahren 1994 und 2020 bei durchschnittlich 69. Im Jahr 2023 vermeldete die Regierung 54 Morde – der einflussreichste Lobby-Verband der Weißen, AfriForum, gar nur 49. Noch immer eine hohe Zahl, aber doch ein signifikanter Rückgang. Und das, obwohl die enorm hohe Gesamtzahl aller Morde in Südafrika zuletzt auf 27.000 jährlich deutlich anstieg.

Die Behauptung von gezielten, von der Regierung geduldeten Massenangriffen auf die weiße Minderheit ist angesichts dieser Zahlen schwer zu rechtfertigen, zumal in der Statistik der Farmmorde natürlich nicht nur Weiße erfasst werden. Den Rückgang dieser Morde räumt auch Farmer Scribante ein, führt ihn aber auf verbesserte Verteidigungsmechanismen der Farmer zurück.

Er selbst ist Teil einer Bürgerwehr, hat zudem einen Alarmdienst abonniert. Um sein von einem Elektrozaun gesichertes Haus hat er gerade Kameras installiert. Sobald diese Menschenumrisse erkennen, bekommt er eine Push-Nachricht aufs Handy. Abends verlässt er sein Grundstück dennoch nur selten, und wenn, dann mit Pistole. „Schießen musste ich nie“, sagt er. Aber es habe Situationen gegeben, in denen es gut war, eine Waffe zu haben.

Viele Angriffe auf Farmen

Farmer wie er seien wachsamer geworden, sagt Scribante. Die Zahl der Angriffe auf Farmen sei derweil weiter hoch, in den Tagen seit Inkrafttreten des Enteignungsgesetzes habe es sechs gegeben. „Tote gab es nicht, aber einige schwere Verletzungen“, so der Farmer. „Die Propaganda der Politiker wirkt sofort; sie vermittelt den Menschen ein grünes Licht und eine Rechtfertigung.“

Die gibt es seiner Meinung nicht, Scribante hält die Entschädigungsmechanismen der vergangenen Jahre für Dunkelhäutige, die während der Apartheid von ihrem Land vertrieben wurden, für gerecht – eine Einschätzung, die viele im Land anders sehen. Interessant ist, dass nicht nur die größte Regierungspartei, der African National Congress (ANC), Trump widersprach, sondern auch dessen wichtigster Koalitionspartner: die von zahlreichen Weißen gewählte Democratic Alliance (DA).

Deren Vorsitzender John Steenhuisen, als Landwirtschaftsminister von den Folgen des Gesetzes betroffen, spielte das Gesetz herunter – wohl wissend, dass scharfe Töne das für die Wirtschaft so wichtige Bündnis zwischen den beiden Parteien gefährden würde. Also teilte Steenhuisen mit, dass es zwar Bedenken gäbe bezüglich des Gesetzes. Aber es sei „nicht wahr, dass es dem Staat erlaube, Land willkürlich zu beschlagnahmen, wie von Lobbyisten behauptet“.

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Repräsentanten von AfriForum und anderen, noch konservativeren Verbänden sind in den vergangenen Jahren mehrfach in die USA gereist, um im Trump-Umfeld Unterstützung einzuholen – auch in diesem Januar noch. Dort stoßen sie auf offene Ohren.

Schließlich ist Südafrika Mitglied der von Trump regelrecht gehassten Staatenvereinigung BRICS, in der China die Strippen zieht und die in den vergangenen Jahren zudem immer wieder mit antiwestlicher Rhetorik auffiel. Auch das Aus eines für Südafrika wichtigen Freihandelsabkommens mit den USA wird immer wahrscheinlicher.

Farmer Scribante hält die Lage für dramatischer, als von der DA dargestellt; verweist auf entsprechende Formulierungen des Gesetzes. Dort heißt es, es gehe unter anderem „um die Identifizierung bestimmter Fälle, in denen die Gewährung von keiner Entschädigung gerecht und angemessen sein kann für Enteignungen im öffentlichen Interesse“.

Das sei bewusst vage gehalten, so der Farmer. Die bisherigen Gesetze zu Enteignungen hätten die juristisch enger gefasste Formulierung „öffentlicher Zweck“ benutzt. Viele Farmer fürchten, dass es künftig schlicht auf die Wertung von Politikern ankommen wird.

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Scribante besitzt eine mittelgroße Farm von 200 Hektar, was 280 Fußballfeldern entspricht. Sie ist voll ausgelastet, was ihm wenig Sorgen vor einer Enteignung macht – laut ANC betrifft die Reform hauptsächlich die Nutzung brachliegender Flächen. „Ich glaube nicht, dass sie nach Belieben enteignen werden“, sagt der Farmer. Aber das werde nicht überall so vernommen.

In der Nähe der Stadt Polokwane im Norden des Landes gab es tatsächlich zuletzt Landinvasionen. Bewohner eines Townships begannen mit der Errichtung von Hütten auf einem unbebauten Privatgrundstück und verwiesen trotz Warnungen der Gemeindeverwaltung explizit auf das neue Gesetz. Scribante verfolgt den Fall mit großer Aufmerksamkeit: „Meine Farm liegt fünf Kilometer von einem Township entfernt“, sagt er. Das komme ihm in diesen Tagen sehr nah vor.

Christian Putsch ist Afrika-Korrespondent. Er hat im Auftrag von WELT seit dem Jahr 2009 aus über 30 Ländern dieses geopolitisch zunehmend bedeutenden Kontinents berichtet.

Source: welt.de