Hygiene auf dem Oktoberfest: Na sauber! Der Kampf um die Krüge auf der Wiesn
Generally, one would like to believe that the Munich Oktoberfest hosts would be happy to talk about their festival shortly before a new edition. That is why the 15 hosts of the big tents have appointed two spokespersons, Peter Inselkammer and Christian Schottenhammel. After all, the largest and most profitable folk festival in the world is truly a unique success story. Around six million visitors consume approximately six million liters of beer and generate billions in revenue for the city. However, this is far from the truth. In response to an interview request from Freitag, a dedicated press spokesperson for the hosts‘ spokespersons declines. „The Oktoberfest hosts naturally comply with all regulations issued by the authorities. Therefore, the hosts are not the right address to discuss state hygiene guidelines and regulations.“
The request was about the controversial cold rinsing of the beer mugs in the beer tents, which had caused significant criticism last year. Wiesn Chief Clemens Baumgärtner also declined to comment on the Wiesn hygiene when asked. Baumgärtner’s spokesperson stated that the city’s Department of Economic Affairs does not have its own expertise in terms of hygiene and referred to the responsibility of the Department of Health, which does not object to the common practice despite the existence of different scientific findings.
Maßkrüge mit Viren und Bakterien
After the headlines about the controversial cold rinsing of the beer mugs in 2022, one may wonder about the silence of the big three of the Oktoberfest. Last year, the author of this article revealed that temperatures above 65 degrees are necessary to deactivate most viruses and bacteria in the beer mugs, referring to an independent study by the Federal Institute for Risk Assessment (BfR). Professor Benjamin Eilts, who researches applied cleaning and hygiene at the Albstadt-Sigmaringen University of Applied Sciences, confirmed the BfR’s findings. His verdict: hygiene standards set by the city and the hosts are systematically undermined at the Oktoberfest. This is one of the reasons why there are more and more scientists who, despite the lack of studies, see poor mug hygiene as the main driver of the Oktoberfest flu, which thousands of visitors fall ill with every year. In Munich, a research group consisting of Ludwig Maximilian University, Technical University, and a start-up is working on deactivating viruses and bacteria in beer tents using concentrated UV-C light. A pilot project is planned for 2023 in a smaller Oktoberfest tent. The problem is significant and still unresolved.
Noch vor einem Jahr, als die Kritik an der Krughygiene aufkam, reagierten CSU-Mann Baumgärtner und die beiden Wiesn-Sprecher nicht mit Schweigen, sondern blitzschnell. Baumgärtner schnappte sich in einem Wiesnzelt sein Handy, stellte auf Videomodus und gab Inselkammer und Schottenhammel auf seinem Instagram-Kanal Gelegenheit, die Kritik an der Spülpraxis zu entkräften. Das hörte sich dann so an: Baumgärtner: „Da ist die berühmte Krugspülmaschine und um die ranken sich ganz viele Mythen. Ist Kaltspülen sauber, was sagts ihr zwei dazu?“ Antwort Inselkammer: „Die Krüge werden super desinfiziert, sind total sauber. (…) Da darf wirklich absolut niemand Bedenken haben.“ Antwort Schottenhammel: „Absolut! Wirklich keimfrei, wirklich jeder soll auf die Wiesn kommen und sich sicher fühlen.“ Baumgärtner schließt mit der Bemerkung: „Das waren mal zwei klare Statements. (…) Kommts auf die Wiesn, habts viel Spaß.“ Im Text unter dem Video schreibt Baumgärtner, dass die Gläserspülanlagen „höchsten hygienischen Standards genügen und dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen“. Eine ziemlich einhellige Meinung der drei, die nach eigenen Angaben über keine eigene Expertise in Sachen Hygiene verfügen. Tatsächlich sind die Aussagen Baumgärtners und der Wirtesprecher wissenschaftlich nicht haltbar.
The Porsche among dishwasher manufacturers.
If you want to learn about the actual hygiene at Oktoberfest, there is no way around the company Winterhalter. Winterhalter is the top manufacturer for commercial dishwashers. When asked, the company explains that they have 100 machines at Oktoberfest, including undercounter, hood, basket transport, or multi-tank belt transport dishwashers, as well as 40 mobile glass washers of the STF Bavaria type, the pride of the manufacturer from Meckenbeuren in the Bodenseekreis. Whether in the Schützenfesthalle, the Marstall, or the Ochsenbraterei, hardly any Wiesnzelt can do without the STF Bavaria.
Anders als der Wiesnchef und seine Wirte geht Winterhalter in diesem Jahr ungewöhnlich offensiv mit der Hygienewirkung seiner Oktoberfest-Maschinen in die Öffentlichkeit. Zum ersten Mal, so bestätigt eine Sprecherin, auch weil die Kaltspülung der Krüge immer wieder in der Kritik stehe. In einer Pressemitteilung und einem Linkedin-Blog spricht der Hersteller davon, dass er eigens „für die extremen Anforderungen auf dem Oktoberfest“ eine „spezielle Krugspülmaschine“ entwickelt habe, die „in einer Stunde bis zu 2.800 Maßkrüge hygienisch sauber“ spülen könne. Gemeint ist die STF Bavaria, die trotz Kaltspülung „die volle Hygiene-Sicherheit gemäß DIN 10511“ garantiere – die nationale Norm für gewerbliches Gläserspülen. Doch wie gelingt das?
30.000 Bierkrüge pro Stunde
In conversation, Verena Rist, Marketing Manager at Winterhalter, reveals that even the STF Bavaria is used for hot rinsing in regular operations, but at Oktoberfest, the rate of jug throughput per hour is so high that cold rinsing is necessary. Rist explains that during a typical washing cycle, the thick-walled beer mugs absorb so much heat that they cannot be immediately refilled. Winterhalter claims to fill 30,000 new beer mugs per hour. Nevertheless, the STF Bavaria still delivers „absolutely comparable“ results to hot rinsing and kills 99.999 percent of all germs, as required by the DIN standard.
Um zu belegen, dass die Winterhalter-Wundermaschine entgegen gängiger wissenschaftlicher Erkenntnis auch im Kaltspülmodus wirksam ist, schickt der Hersteller auf Anfrage ein mikrobiologisches Hygiene-Gutachten vom März 2023, in dem ein Labor bestätigt, dass die STF Bavaria „für die Reinigung von Maßkrügen unter den anwendungsspezifischen Bedingungen bedenkenlos geeignet“ sei. Anwendungsspezifisch heißt Kaltspülung. Benjamin Eilts, hierzulande einer der renommiertesten Forscher im Bereich der gewerblichen Hygiene, hat sich den Testbericht für den Freitag angesehen und seine Zweifel. Eilts kritisiert, dass für den Hygienetest die DIN-Prüfnormen verändert wurden. So wurde die Bavaria etwa nicht wie üblich mit hartnäckiger Magermilch-Prüfanschmutzung getestet, sondern nur mit einem nicht näher definierten Bieranschmutz, der offensichtlich viel leichter abzureinigen sei. Auch der Zusatz des hochkonzentrierten eigenen Aktivchlorreinigers F300 verwässere das Ergebnis, laut Prüfnorm wird mit dem simpelsten alkalischen Reiniger getestet ohne Zusatz von bioziden Wirkstoffen. Eilts ist „skeptisch“, dass der Chlorzusatz für die Maschinen im Alltagsbetrieb auf dem Oktoberfest angesichts des harten, kalkhaltigen Münchner Leitungswassers korrekt dosiert werden und die im Labor geprüfte Wirkung erzeugen könne. „Ich bezweifele, dass Lippenstifte, Speichelreste und andere hartnäckige Verschmutzungen damit beseitigt werden“, so Eilts.
Das BfR verweist auf seinen gesetzlichen Auftrag als Bundesinstitut, wonach Produkte und Gutachten einzelner Hersteller nicht bewertet werden dürfen, besteht aber auf seinen Ausführungen von vor einem Jahr: „Eine Änderung der wissenschaftlichen Sachlage hinsichtlich Kaltspülung mit chlorhaltigen Reinigern hat sich nicht ergeben.“