Huthi-Miliz im Jemen: Mit iranischen Waffen gegen Israel und den Westen

Mit dem Gazakrieg begann die jemenitische Huthi-Miliz damit, Handelsschiffe im Roten Meer zu attackieren. Zudem feuert sie regelmäßig Drohnen und Raketen in Richtung Israel ab.
Mehrere Großreedereien fuhren das Rote Meer zeitweise nicht mehr an, internationale Lieferketten wurden unterbrochen. Nachdem die USA und ihre Verbündeten wiederholt Stellungen und Infrastruktur der vom Iran unterstützten Miliz angegriffen hatten und auch Israels Luftwaffe wiederholt Angriffe geflogen hatte, attackierte nun auch die israelische Marine erstmals direkt Ziele im Jemen: Von Raketenschiffen aus wurde der von den Huthis kontrollierte Hafen von Hodeida beschossen.

Wichtige Fragen und Antworten zu der jemenitischen Miliz im Überblick

Wer sind die Huthis?

Die Huthis sind eine religiöse und politische Gruppierung im Jemen. Als Miliz kämpfen sie dort seit Beginn des 21. Jahrhunderts in einem Krieg gegen die Regierung. Dabei konnten sie wiederholt militärische Erfolge erzielen und den Nordwesten des Landes größtenteils unter ihre Kontrolle bringen. Inzwischen ist das Kampfgeschehen zwischen den Huthis und der Koalition um Saudi-Arabien, die die jemenitische Regierung stützt, weitestgehend abgeklungen.

Gegründet wurden die Huthis unter dem Namen Ansar Allah, arabisch für „Helfer Gottes“. Seit dem Tod eines ihrer wichtigsten Anführer – Hussein Badreddin al-Huthi – setzen sie ihren Kampf unter dessen Namen fort. Der Miliz gehören heute mehrere Zehntausend bewaffnete Kämpfer an, einige Schätzungen gehen gar von bis zu 200.000 Kämpfern aus.

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Sind die Huthis Schiiten?

Die Huthis sind
Zaiditen. Zwar sind auch die Zaiditen ein Zweig des schiitischen Islam,
allerdings unterscheiden sie sich deutlich von der größten schiitischen
Strömung, der sogenannten Zwölfer-Schia. Die Zaiditen erkennen den obersten geistlichen
und politischen Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, nicht als ihr religiöses Oberhaupt an. Somit gibt es wichtige religiöse Differenzen zwischen ihnen und den schiitischen
Muslimen in Ländern wie dem Iran, Irak, Bahrain oder Libanon. Mit mehr als 30 Prozent der Bevölkerung stellen
die Zaiditen
eine große Minderheit im mehrheitlich sunnitischen Jemen.

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Wie eng sind die Verbindungen zwischen dem Iran und den Huthis?

Offiziell hat der Iran eine Zusammenarbeit mit den Huthis in der Vergangenheit wiederholt zurückgewiesen. Dennoch sind sich zahlreiche Experten einig: Das iranische Regime ist der wichtigste Verbündete der Huthis. Vielen gelten die Huthis gar als ein sogenannter Proxy des Iran, vergleichbar mit der Hisbollah-Miliz im Libanon, die bis zum Krieg mit Israel 2024 den Süden des Libanons kontrolliert hatte. Dass die iranische Führung die Huthis trotz religiöser Differenzen unterstützt, lässt sich über die gemeinsame politische Ideologie erklären, in der die USA, Israel und das sunnitische Saudi-Arabien die Hauptfeinde darstellen.

Der Iran unterhält primär auf zwei Wegen enge Kontakte zu den Huthis: zum einen über die Al-Kuds-Brigaden – eine Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarden, die etliche paramilitärische Gruppierungen und Terrororganisationen im Nahen Osten und der Golfregion unterstützt, zum anderen über die Hisbollah.

Hisbollah und Al-Kuds-Brigaden halfen den Huthis in der Vergangenheit unter anderem durch Ausbildung, Geheimdienstinformationen und Geld. In erster Linie jedoch unterstützt der Iran die jemenitische Miliz durch Waffenlieferungen.

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Welche Waffen stehen den Huthis zur Verfügung?

Teil der außenpolitischen Strategie des Irans ist es, Waffen an verschiedene Gruppierungen in anderen Ländern zu liefern. Im
Gegenzug setzen diese Gruppen nicht nur ihre eigenen Interessen durch, sondern
auch die des Regimes in Teheran. Prominentestes Beispiel für diese sogenannte
Proxystrategie des Iran ist die inzwischen deutlich geschwächte Hisbollah im Libanon. Mit keiner anderen
Gruppe in der Region ist die Politik des Irans so sehr verwoben, keine andere
Gruppierung erhielt so viele und so moderne iranische Waffen.

Vor diesem Hintergrund sorgten die jüngsten
Lieferungen des iranischen Regimes an die Huthis für Aufsehen, da die
gelieferten Raketen und Waffensysteme auf einem militärtechnischen Niveau sind,
wie das bislang lediglich bei der Hisbollah der Fall war. So stehen der
jemenitischen Miliz unter anderem Lang- und Mittelstreckenraketen sowie Drohnen
zur Verfügung. Durch Eroberungen von der regulären jemenitischen Armee verfügen
die Huthis zudem über schwere Artilleriewaffen und Panzer.

Was ihre Ausstattung angeht, spielen die
Huthis mit ihren präzisionsgesteuerten Raketen inzwischen „an vorderster
Front mit“, sagt der Militärexperte Fabian Hinz vom International
Institute for Strategic Studies im Gespräch mit ZEIT ONLINE. So sei zu beobachten, dass die Miliz modernste iranische Waffen besitze; etwa Raketen, die der Iran selbst erst vor wenigen Jahren der Öffentlichkeit präsentierte. In der
Lieferung von Schnellbooten und Seeminen sieht Hinz zudem den Versuch des Irans,
die Huthis auch für die maritime Kriegsführung auszustatten.

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Welche politischen Ziele verfolgen die Huthis?

Die Ideologie der Huthi-Miliz ist islamistisch, antiwestlich und antisemitisch. Ihr Slogan lautet übersetzt: „Gott ist groß, Tod den USA, Tod Israel, verflucht seien die Juden, Sieg dem Islam!“ Neben der fundamentalen Gegnerschaft zu Israel und den USA ist Saudi-Arabien der Hauptfeind der Huthis.

Innenpolitisch sehen sich die Huthis einerseits als Vertreter der zaiditischen Minderheit und andererseits als nationale Befreiungsbewegung. So wollen sie den Jemen von vermeintlicher Einflussnahme und Kontrolle aus dem Ausland befreien. Ziel der Huthis ist es, das gesamte Land zu kontrollieren und die Regierung zu stürzen, weshalb sie oft verharmlosend als „Rebellen“ bezeichnet werden.

Spätestens, seit die Golfmonarchie Saudi-Arabien 2015 direkt in den Krieg im Jemen eingegriffen hat, gilt dieser auch als Stellvertreterkrieg: Über die Huthi-Miliz trägt der Iran auf jemenitischem Boden einen Konflikt gegen Saudi-Arabien aus, seinen stärksten Rivalen um regionale Hegemonie im Nahen Osten.

Die Angriffe der Huthis gehen über jemenitisches Staatsgebiet hinaus. In der Vergangenheit führte die Miliz wiederholt Raketenangriffe auf Ziele in Saudi-Arabien aus. Zudem greifen die Huthis seit dem 7. Oktober auch Handelsschiffe an, die zwischen dem Roten Meer und dem Golf von Aden verkehren und dabei eine Meeresstraße zwischen dem Jemen und den ostafrikanischen Ländern Dschibuti und Eritrea durchfahren müssen.

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Wie agieren die Huthis seit dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober?

Zwischen der Ideologie den Terrorgruppen Islamischer Dschihad und Hamas im Gazastreifen sowie jener der Huthis gibt es große Unterschiede. Diese Differenzen werden jedoch überbrückt durch die gemeinsame Feindschaft gegenüber Israel. Das Ziel, den jüdischen Staat zu vernichten, eint sunnitisch-palästinensische Terrororganisationen mit der Huthi-Miliz und dem Regime der Islamischen Republik Iran.

Schon kurz nach dem 7. Oktober äußerten die Huthis ihre Unterstützung für die Hamas und feuerten Drohnen und Raketen in Richtung Israel ab. Besondere Aufmerksamkeit erhielten die Angriffe der Miliz auf Schiffe im Roten Meer. Die Schifffahrtsroute vor dem Jemen ist von großer Bedeutung. Etwa zehn Prozent des gesamten Welthandels laufen über das Rote Meer.

Die Huthis drohten damit, alle Schiffe anzugreifen, die sich auf dem Weg nach Israel befinden. Ihre Angriffe begründen sie mit der humanitären Lage im Gazastreifen. Sie galten jedoch wiederholt auch Schiffen, die sich nicht auf dem Weg von oder nach Israel befanden. Mehrere internationale Handelsunternehmen zogen aus den Angriffen der Huthis zeitweise die Konsequenz, mit ihren Schiffen das Rote Meer nicht mehr anzufahren.

Als Reaktion auf die Angriffe der Huthis bildete
sich im Dezember 2023 unter Führung der USA eine internationale Militärkoalition. Ihr Einsatz solle die „Freiheit der Seefahrt für alle
Länder“ sichern, hatte der damalige US-Verteidigungsminister Lloyd Austin bei der
Gründung der „multinationalen Sicherheitsinitiative“ mitgeteilt. Die Militärkoalition flog seit ihrer Gründung zahlreiche Luftangriffe auf Huthi-Stellungen im Jemen. Ziel der Angriffe waren insbesondere Raketen, Raketenabschussrampen und Drohnen der Huthis sowie Häfen.

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