Hier tauchen Sie ein in die Kultur welcher Maori

In und um Rotorua auf Neuseelands Nordinsel erleben Reisende die Traditionen der Maori-Ureinwohner mit allen Sinnen. Dabei steigen sie in Schlammpools und dampfende Jungbrunnen, begleitet von singenden Kriegern, die nach ihrer Vorführung Kräutertee reichen.
Badewannenwarm strömt Thermalwasser über Brust und Schultern, der heiße Kies des Bachbetts wärmt Po und Waden. Man legt den Kopf in den Nacken, schaut zum dampfenden Wasserfall und hinauf zu Baumfarnen und Keulenlilien, deren Blattsterne wie grünes Feuerwerk explodieren. Es ist eine höchst angenehme Art, buchstäblich einzutauchen in die Kultur der indigenen Einwohner Neuseelands.
Die Maori, die Neuseeland wahrscheinlich im 13. Jahrhundert von Polynesien her kommend besiedelt haben, nutzten die heißen Quellen von Rotorua schon lange, bevor die Briten die Thermalregion inmitten der Nordinsel entdeckten. 1885 eröffneten die damaligen Kolonialherren ein Sanatorium in dem Kurort, diverse Badehäuser und Spas kamen hinzu.
Inzwischen gehört das Land um Rotorua wieder den Maori, die ihre Traditionen pflegen und Besuchern nahebringen. Dank der Geschichte, aber auch dank neuer Attraktionen ist Rotorua ein perfektes Reiseziel, um Neuseelands indigene Kultur mit allen Sinnen zu erleben. Etwa beim Kunst-Bestaunen während einer Mountainbike-Tour durch den Whakarewarewa-Wald. Oder beim Tanzen, Kämpfen und Speisen im preisgekrönten Dorf der Traditionen.
Und natürlich beim Thermalvergnügen, das die Maori hier auf eine andere Stufe heben. „Wai Ariki“ heißt der neue Bade- und Schwitztempel, den der lokale Iwi (Maori für „Stamm“) im Juni 2023 eröffnet hat – in bester Lage am Ufer des Rotorua-Sees. Schon der Eingang beeindruckt mit einer Parade von sechs Schutzgeister-Statuen, geschnitzt und rot gefärbt, mit Paua-Muscheln als glänzende Augen. Das ebenfalls rote Portal um die Glastüren ist dem Eingang zu einem Wharenui nachempfunden, dem traditionellen Versammlungshaus der Maori. Darüber ragt das wellenförmig gezackte Dach auf.
Neuseeland gab den Maori das Land zurück
„Wir sind das einzige Spa in Neuseeland, das zu 100 Prozent einem Iwi gehört“, sagt David Tapsell, Vorsitzender der Pukeroa Oruawhata Group, die das Spa gebaut hat. Die neuseeländische Regierung gab dafür einen Kredit von umgerechnet knapp 30 Millionen Euro. „Wir investieren mit Blick auf viele Generationen“, sagt Tapsell. Gleich nebenan baut der Iwi ein Hotel.
Zuvor standen auf dem Filetgrundstück verschiedene staatliche Gebäude. In einem Vertrag von 1880 überließen die Maori das Land der Regierung, bis die es nicht mehr brauchen würde. Nun bekamen sie es zurück. „In den vergangenen fünf bis sechs Jahren hat sich dieses Ufer stark verändert“, sagt Tapsell, „es war zuvor keine attraktive Gegend.“ Auf Bitten der Maori legte die Stadt die Straße entlang des Ufers still und baute stattdessen eine Promenade, gesäumt von einheimischen Gräsern und Büschen – sehr zur Freude von Joggern und Spaziergängern.
Der Bau des Spas dauerte, verzögert durch die Pandemie, fünf Jahre. Für seine Ausrichtung habe man Elemente der besten Thermen der Welt übernommen und diese mit der lokalen Maori-Kultur gemischt, erklärt Tapsell. Das Thermalwasser, das mit 130 Grad aus dem Boden sprudelt, gehört für den Iwi seit jeher zum Alltag. Im heißen Wasser kochen die Maori ihr Essen und waschen ihre Kleidung. Auch die Massagen im Spa orientieren sich an historischen Praktiken der Indigenen, deren Anteil an der neuseeländischen Bevölkerung heute bei etwa 15 Prozent liegt.
Spiritualität ist Teil der Wellness-Zeremonie
Das Aushängeschild des Wellness-Tempels ist Wai Whakaora, die zweistündige „Erholsame Reise“. Die Gäste tauchen dabei tief in die Maori-Kultur ein, indem sie verschiedene Konzepte der Heilung kennenlernen: Hitze und Kälte, Schlamm und Eis. „Die Guides erklären, was man erleben wird, du kannst sie alles fragen“, sagt Tapsell. „Aber dann lassen sie dich in Ruhe die Reise genießen. Sie sitzen nicht am Becken und halten deine Hand.“
Spiritualität ist bewusst Teil der Zeremonie. Und so startet die Bademeisterin Maia Te Tuhi mit einem Gebet am Stein des Segens. Ihm könne man seine Sorgen und Ängste übergeben, sagt sie. Dann schickt sie den Gast durch eine Reihe von Wasserfällen. In der Feuer-und-Eis-Höhle soll der Reisende etwa fünf Minuten in jeder der drei Saunen verbringen. Dazwischen watet er durch ein Kaltwasserbecken, reibt sich mit Eis ein oder duscht sich mit einem Schwall Kaltwasser aus dem Holzzuber.
Alles hier ist neu, edel und stilvoll: die Saunen und das Dampfbad mit den dunklen Mosaiken, die vier Außenpools mit Blick auf den See und die neue Uferpromenade. Das Wasser der Thermalpools ist 34 bis 40 Grad heiß, einer ist mit den Kräutern Kawakawa und Koromiko angereichert.
Zum Abschluss reiben sich die Erholungssuchenden mit Heilschlamm ein, der mit Manuka-Honig verfeinert ist. Wichtig dabei: die Mischung trocknen lassen, damit die Mineralien einziehen können. Auch im Gesicht, rät Tuhi, „das lässt dich jünger aussehen“. Sobald die Haut spannt, legt man sich im Dampfbad auf das wohlig warme Hamam-Podest, damit die Kruste wieder aufweicht. Danach rubbelt man den Schlamm unter der Dusche ab – und fühlt sich tatsächlich magisch erholt.
Durch den Wald zum Pohutu-Geysir
Und wohin mit all der frischen Jugendlichkeit? Großen Spaß macht es, den nahen Whakarewarewa-Wald zu erkunden, auch Redwoods Forest genannt, berühmt für seine Küstenmammutbäume. 2008 wurde er dem örtlichen Maori-Stamm zurückgegeben. Entweder wandert man zu Fuß auf dem Pohaturoa Track, der zum spektakulären Pohutu-Geysir mit seinen bis zu 30 Meter hohen Wasserfontänen führt.
Oder man mietet sich ein E-Mountainbike und brettert über den neuen Whakarewarewa Forest Loop. Der 33 Kilometer lange Rundweg außerhalb der Stadt gehört zu den 23 „Great Rides“, den Premium-Radwegen Neuseelands.
Die Rundtour sei nicht nur ein Highlight der Region, sondern in puncto Abwechslung der beste Radweg der südlichen Hemisphäre, findet Sam Boesch, der für Mountainbike Rotorua arbeitet. „Hier gibt es alles, vom Anfänger-Trail bis zur Weltklasse-Abfahrt mit hohen Sprüngen – rund 200 Kilometer Trails.“
Als die ersten Mountainbiker hier Ende der 1980er-Jahre über die Waldwege jagten, stießen sie zunächst auf Widerstand. Aber sie räumten Müll weg, pflanzten Bäume, hielten die Wege instand, wurden schließlich akzeptiert. Heute reisen jedes Wochenende Radurlauber aus ganz Neuseeland an. Dank E-Bikes und Abkürzungsmöglichkeiten sei der Loop nun auch für Ältere, Kinder und mittelmäßig Fitte attraktiv, sagt Boesch.
Weiterer Pluspunkt: Radler können sich kaum verfahren. Der Weg ist eine Einbahnstraße und vorbildlich beschildert. Gleichmäßig schlängelt sich der Erdpfad bergan durch einen Dschungel aus Baumfarnen, über denen Küstenmammutbäume und Kiefern aufragen. Vorbei geht es an einem Tümpel voll blubberndem Schlamm, über dem Dampfschwaden wabern. Streckenweise werden die Kehren eng und steil, ohne E-Bike würde der Puls jetzt eskalieren. Einheimische Biker überholen, einige sind unmotorisiert. Gucken sie mitleidig? Egal.
Stärken können sich Besucher dann am Parkplatz Te Putake O Tawa, wo an einer Holzterrasse eine Reihe Foodtrucks steht. Ein Stück weiter ragt vier Meter hoch die geschnitzte Statue des legendären Häuptlings Umukaria auf, der vor 600 Jahren am Ufer des Lake Rotorua gelebt hat. Sie ist eines von fünf Werken, die lokale Künstler hier 2020 enthüllten. So erleben Besucher sogar vom Fahrradsattel aus indigene Kultur, die mittlerweile wieder fest mit diesem Land verwoben ist.
Auf der Fahrt zum Dorf wird ein Häuptling gekürt
Mehr Facetten davon lassen sich beim Besuch des Te Pa Tu knapp 15 Kilometer außerhalb des Zentrums von Rotorua erleben. Das Maori-Kulturdörfchen wurde 1989 eröffnet; im vergangenen Jahr hat die Familie, die es 2018 kaufte, das Programm interaktiver gestaltet und eine Performance-Gruppe aus der lokalen Highschool angestellt. Außerdem haben die neuen Besitzer den kulinarischen Anspruch heraufgeschraubt: von Buffet zu Fine Dining. Das Kulturerlebnis Te Pa Tu wurde mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit zwei Preisen der New Zealand Tourism Awards 2024.
Tatsächlich geht der Besuch des Te Pa Tu weit über bloßes Zuschauen hinaus. Schon im Bus zum Dorf wird unter Applaus ein Häuptling gekürt, der den Touristenstamm bei der Begrüßungszeremonie vertreten wird. Was das bedeutet, sieht der junge Amerikaner, dem diese ehrenvolle Rolle heute zukommt, gleich nach dem Aussteigen: Aus dem Palisadentor treten halb nackte tätowierte Männer, brüllen, schwingen Speere, rollen ihre Augen und strecken die Zunge heraus. Ein zünftiges „Grüß Gott“ auf Maori-Art.
Gleich danach reichen die Krieger lächelnd Kräutertee und Häppchen. Durch den Wald führen sie die Gruppe zu Hütten und Plattformen, wo die Gäste erfahren, nach welchen Prinzipien traditionelle Häuser gebaut wurden, wie man als Krieger den Stock schwingt – und elegant mit dem Poi tanzt. Diese Bälle an Schnüren waren ursprünglich mit Pflanzenfasern umwickelte Steine, mit denen die Krieger ihre Geschicklichkeit übten. Als Musketen Einzug hielten, übernahmen die Frauen die Poi und verfeinerten das Geschicklichkeitstraining zu einem Tanz.
Im Versammlungshaus mit den bemalten Balken tauchen die Gäste weiter ein in Geschichte, Lieder und Bräuche der Maori, die dem Mondkalender folgen. Wer mag, darf sich sogar beim Haka ausprobieren, dem Tanz, der durch Neuseelands Rugby-Nationalmannschaft weltberühmt wurde.
Dann wird aufgetischt – und zwar reichlich: Ente, mariniert mit Sternanis und Zimt, Rinderbäckchen und Tandoori-Hühnchen mit Süßkartoffeln aus dem Erdofen namens Hangi. Beste Maori-Fusion, gezaubert von Köchen aus Fidschi, Schottland und Indien. Und damit eine sehr zeitgemäße Kostprobe Neuseelands, wo Manaakitanga – die Gastfreundschaft – ein wichtiger Teil der Maori-Kultur ist.
Tipps und Informationen:
Anreise: Zum Beispiel mit Lufthansa und Air New Zealand von Frankfurt/Main via Singapur oder mit Emirates von mehreren deutschen Flughäfen via Dubai nach Auckland. Weiter per Bus (intercity.co.nz) oder Mietwagen in etwa vier Stunden nach Rotorua.
Unterkunft: Stilvolles Haus direkt am See: „Sudima Lake Rotorua“, Doppelzimmer ab 80 Euro (sudimahotels.com); das „Regent of Rotorua“ bietet Fifties-Flair, Doppelzimmer ab 95 Euro (regentrotorua.co.nz).
Aktivitäten: Wellness: Die zweistündige „Erholsame Reise“ im „Wai Ariki“ kostet umgerechnet 95 Euro (wai-ariki.co.nz). Günstiger ist das „Polynesian Spa“ am Seeufer, Anwendungen ab 24 Euro (polynesianspa.co.nz). Mountainbike-Touren: Der Whakarewarewa Forest Loop dauert je nach Fitness zweieinhalb bis fünf Stunden (rotoruanz.com/whakarewarewa-forest-loop), Leihräder gibt es vor Ort bei Mountain Bike Rotorua (mtbrotorua.co.nz). Dorf der Traditionen: Die Kulturshow Te Pa Tu kostet inklusive Dinner und Transfer rund 147 Euro (te-pa-tu.com).
Weitere Auskünfte: newzealand.com/de; rotoruanz.com; maoritourism.co.nz
Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von Tourism New Zealand. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter go2.as/unabhaengigkeit.
Source: welt.de