Hassrede: Bautzener Landrat irritiert mit Weihnachtsansprache

Der Bautzener Landrat Udo Witschas hat mit einer Weihnachtsbotschaft zur Unterbringung Geflüchteter Empörung verursacht. Es würde den sozialen Frieden gefährden, wenn Flüchtlinge in Turnhallen und leer stehenden Wohnungen untergebracht würden. In den sozialen Netzwerken gibt es darauf teils heftige Reaktionen – aus der Oberlausitz und auch bundesweit.

Der Bautzener Landrat Udo Witschas (CDU) hat mit einer Weihnachtsansprache auf seiner Facebookseite empörte Reaktionen verursacht. Witschas äußert sich in dem am Dienstag veröffentlichten Video zur Unterbringung Geflüchteter in Hoyerswerda. Weil der Kreistag Mitte Dezember die Einrichtung eines weiteren Asylbewerberheims in Hoyerswerda-Kühnicht abgelehnt hat, steht die Kreisverwaltung vor einem Problem. Sie muss unter Zeitdruck neue Unterkünfte für Asylbewerber organisieren.

In dem zweieinhalb-minütigen Video sagt Witschas „absichtlich vor dem Weihnachtsfest“: „Es ist nicht unsere Absicht, den Sport für diese Asylpolitik bluten zu lassen.“ Turnhallen sollen seiner Aussage nach also nicht wieder als Notunterkünfte genutzt werden. Aber auch die Nutzung leerer Wohnungen lehnt der Landrat ab.

Kritik an Witschas: Weihnachtsgeschichte nicht verstanden?
„Ich will auch nicht den Weg verfolgen, Menschen, die zu uns kommen, die unsere Kultur nicht kennen, die unsere Regularien nicht kennen, jetzt hier in frei stehenden Wohnungen unterzubringen und dafür die Gefährdung des sozialen Friedens in Kauf zu nehmen“, sagt Witschas.

In den sozialen Medien schlugen diese Aussagen hohe Wellen. Einige Kommentatoren werfen dem Bautzener Landrat eine menschenverachtende Grundhaltung vor. Seine Äußerungen in dem Video seien „unchristlich“ und „rassistisch“, heißt es dazu auf Twitter. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) twitterte, der Bautzener Landrat habe die Weihnachtsgeschichte nicht verstanden.

Sachsens Vize-Ministerpräsident: „Ungeheurer Vorgang“
Sachsens stellvertretender Ministerpräsident, Martin Dulig (SPD), kritisierte den Bautzener Landrat scharf: „Ich erwarte von Leuten, die Verantwortung haben, dass sie nicht mit einer Sprache arbeiten, die zündelt.“ Der SPD-Politiker wirft Udo Witschas vor „eine als Weihnachtsansprache getarnte Hassrede“ veröffentlicht zu haben. Dulig hält das für „einen ungeheuren Vorgang“.

„Ich erwarte von Leuten, die Verantwortung haben, dass sie nicht mit einer Sprache arbeiten, die zündelt“, Martin Dulig stellvertretender Ministerpräsident des Freistaates Sachsen.

Weil Udo Witschas mit seinen Aussagen schon mehrfach negativ aufgefallen sei, könne nun nicht zur Tagesordnung übergegangen werden. „Hier ist ein Wiederholungstäter unterwegs. Es geht darum, Schaden vom Freistaat Sachsen abzuwenden“, bekräftigt Martin Dulig. Deshalb fordert Dulig von der CDU eine klare Abgrenzung. „Friedrich Merz hat gesagt, dass er sich abgrenzen wird von allen rechtsextremen Aktivitäten. Ich erwarte das auch hier in Sachsen“, sagte Dulig MDR SACHSEN.

Eine Distanzierung der sächsischen CDU von Witschas‘ Äußerungen verlangt auch der Vorsitzende des DGB Sachsen, Markus Schlimbach:

Kretschmer sieht Äußerungen aus dem Zusammenhang gerissen
Doch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sieht Witschas‘ Aussagen verkürzt dargestellt, sagte er dem MDR SACHSENSPIEGEL. Man müsse den Kontext zur Asylunterkunft betrachten. „Es ist ganz offensichtlich, dass es eine Verkürzung gibt, ein Video, das völlig aus dem Zusammenhang gerissen ist“, meinte Kretschmer. Menschen, die nach Sachsen kämen, würden „anständig untergebracht“ und bekämen die Versorgung und Unterstützung, die notwendig sei.

Superintendent über Botschaft und Zeitpunkt verwundert
Der Superintendent des Kirchenbezirks Bautzen, Tilmann Popp, ist von den Aussagen des Bautzener Landrats überrascht. „Ich habe mich gefragt, ob die Frage der Flüchtlinge das größte Problem bei uns im Landkreis ist“, sagt Popp und verweist auf die Zahl der Asylbewerber im Landkreis. Im Jahr 2016 seien viermal mehr Geflüchtete aufgenommen worden als jetzt.

Der Superintendent beobachtet, dass sich im Landkreis Bautzen mehr Menschen wegen der Integration Geflüchteter Sorgen machen – mehr als in anderen Landkreisen. Er stellt aber auch fest, dass der Landkreis Bautzen „die mit Abstand geringste Zahl an dezentralen Unterkünften hat“. Popp habe in seiner Zeit als Studentenpfarrer im Austausch mit Asylbewerbern die Erfahrung gemacht, dass Begegnung bereichere, Vorurteile und Sorgen abbaue.

Deshalb hält der Superintendent eine Unterbringung von Asylbewerbern in Wohnungen für einen geeigneten Weg, Ängste zu nehmen. „Die dezentrale Unterbringung halte ich eher für eine Form um eine Befriedung herbeizuführen als dass es zu einer Eskalation führt“, erklärt Popp. Der Landkreis Bautzen schöpfe seine Möglichkeiten zur dezentralen Unterbringung Geflüchteter aber nicht aus, so der Eindruck des Superintendenten.

Landratsamt reagiert mit Statement
Das Landratsamt stellte am Mittwochnachmittag in einem Pressestatement zur Weihnachtsansprache des Landrats klar: „Der Landkreis wird seiner humanitären und gesetzlichen Aufgabe der Unterbringung natürlich nachkommen und Menschen aufnehmen, die berechtigt Schutz suchen.“ Das Landratsamt wies darauf hin, dass in den sozialen Netzwerken „eine stark reduzierte Fassung des Videos“ verwendet werde, die den eigentlichen Kontext ausspare.

MDR