Handelsstreit: EU bietet USA Abschaffung gegenseitiger Zölle hinauf Industriegüter an

Die Europäische Union hat den USA einen weitreichenden Vorschlag zur Beilegung des Handelsstreits unterbreitet. Wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, sei die EU bereit, sämtliche Zölle auf Industriegüter beidseitig abzuschaffen. „Wir haben Null-für-Null-Zölle für Industriegüter
angeboten“, sagte sie. „Europa ist immer zu einem guten Geschäft bereit.“

Die EU habe dieses Angebot wiederholt gemacht, auch mit Blick auf den Automobilsektor – bislang jedoch ohne Reaktion aus den Vereinigten Staaten.

Trotz der jüngsten Zollentscheidungen von US-Präsident Donald Trump setze die EU weiter auf eine Verhandlungslösung. Zugleich bereiten die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten Gegenmaßnahmen vor: Sollten die USA an ihrem Kurs festhalten, sollen ab Mitte April schrittweise Gegenzölle in Kraft treten. Bis Mitte Mai sollen dann weitere Aufschläge folgen.

Über mögliche Gegenmaßnahmen wurde auch bei einem Treffen der EU-Handelsminister in Luxemburg diskutiert. Der geschäftsführende Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck warnte dort vor überhasteten Reaktionen, sprach sich zugleich aber für die Vorbereitung von umfangreichen Gegenmaßnahmen aus. „Es geht aus meiner Sicht darum zu vermeiden, dass wir in einen Zollkrieg, Zollwettlauf einsteigen“, sagte Habeck.

EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič nannte die neue
US-Zollpolitik einen „Paradigmenwechsel im globalen Handelssystem“.

Vorgehen gegen Digitalkonzerne möglich

Als eine weitere mögliche Reaktion haben mehrere EU-Mitgliedstaaten ein stärkeres Vorgehen gegen US-Digitalkonzerne ins Spiel gebracht. Möglich wäre etwa die Aussetzung von US-Patenten, eine Blockade des US-Zugangs zu öffentlichen Ausschreibungen oder ein Verbot bestimmter digitaler Dienstleistungen. Die Möglichkeiten sind in den EU-Gesetzen vorgesehen, falls ein Handelskonflikt eskaliert. Allerdings müsste die EU den Einsatz der Maßnahmen ausführlich begründen. 

Zudem ist das Vorgehen unter den Mitgliedstaaten umstritten: Während sich Deutschland und Frankreich dafür ausgesprochen haben, die Maßnahmen vorzubereiten, warnte Irland vor einer „außerordentlichen Eskalation“. US-Konzerne wie Apple, Google und Meta haben in Irland ihren europäischen Sitz und profitieren dort von vergünstigten Steuersätzen.

20-Prozent-Zölle für EU-Importe

Trump hatte in der vergangenen Woche Sonderzölle auf Importe aus nahezu allen Ländern angekündigt. Die Maßnahmen erfolgen in zwei Stufen: Seit Samstag gelten pauschale Aufschläge von zehn Prozent auf die meisten eingeführten Waren. Ab diesem Mittwoch folgt der zweite Teil des Pakets. Dann wird etwa ein Aufschlag von 20 Prozent auf Güter und Dienstleistungen aus der EU verlangt.

Besonders betroffen ist die Industrie: Für Stahl- und Aluminiumprodukte sowie Autoteile gelten ab Mittwoch Strafzölle in Höhe von 25 Prozent. Für komplette Autoimporte ist dieser Satz bereits seit dem 3. April in Kraft.

Weltweite Börseneinbrüche

Weltweit haben Anleger mit Panikverkäufen
reagiert. Der Dax stürzte zum Wochenstart zu Handelsbeginn um fast zehn Prozent ein und fiel zwischenzeitlich auf weniger als 18.500 Punkte
– und somit unter das Niveau vom Jahresbeginn. Als Exportnation ist Deutschland besonders stark von Handelsbeschränkungen wie Zöllen betroffen. Teils drastische
Einbrüche gab es aber auch bei anderen europäischen Indizes sowie an den
asiatischen Börsen.

Es ist weiterhin unklar, ob Trump an einer Verhandlung über die Zollpolitik bereit ist: Einerseits signalisierte der US-Präsident zwar bereits die Bereitschaft, unter bestimmten Bedingungen mit Handelspartnern über eine Lockerung zu sprechen. Sein Handelsminister Howard Lutnick hatte zuvor aber angekündigt, dass die US-Regierung ihren harten Kurs mit hohen Einfuhrgebühren auf Waren aus fast allen Staaten durchziehen wolle.

Alle Entwicklungen zu den Auswirkungen der US-Zollpolitik können Sie in unserem Liveblog nachlesen.


OK, America? – Klaus Brinkbäumer und Rieke Havertz erklären die USA
:
Donald Trumps Zollwahnsinn