Grüne Jugend: Oh Gott, äh … oh Marx!
Dieser Artikel ist Teil von ZEIT am Wochenende, Ausgabe 39/2024.
In Selbstzerlegung sind linke Organisationen traditionell gut, insofern lässt sich die Frage, ob die Grünen überhaupt noch links sind, falls sie es je waren, nach der letzten Woche durchaus bejahen. Und dann auch wieder nicht. Aber der Reihe nach.
Am Dienstagmorgen traten die Bundesvorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour zurück, am Dienstagabend folgte der Vorstand der Grünen Jugend – er trat auch gleich geschlossen aus der Partei aus und kündigte an, eine eigene, nämlich linke (!) Jugendorganisation gründen zu wollen. Wie die grob inhaltlich aufgestellt sein sollte, ließ sich schnell auf einer hübschen Website aus einem schwungvollen Manifest erfahren und hier vielleicht in aller Kürze, dazu etwas ketzerisch, mit dem schönen Wort gewerkschaftslinks zusammenfassen. „Wer aber wirklich etwas
verändern will, muss auch diejenigen erreichen, deren Recht auf ein gutes,
selbstbestimmtes Leben, frei von Abstiegsängsten und Armut jeden Tag verletzt
wird – Menschen, die systematisch überhört werden“, ist da zum Beispiel zu lesen. Das ist erst einmal zustimmungswürdig, ebenso richtig allerdings die Frage, ob in diesem Land irgendjemand auf junge linke Grüne gewartet hat, denen die Grünen nicht links genug sind und die sich jetzt auf 1.200 Wörtern in markigem Sozialreformertum und Antikapitalismus ergehen. Passend dazu gibt es bereits Absetzbewegungen von der Absetzbewegung und chaotische
interne Debatten, aber das nur ganz am Rande.