Freigabe der EU: Deutschland kann 31 Chipprojekte mit 4 Milliarden Euro fördern

Um bei der Entwicklung von Mikroelektronik und Chips unabhängiger von den USA und China zu werden, hat die EU ein milliardenschweres Beihilfe-Programm genehmigt. Damit sollen Dutzende Projekte, viele davon in Deutschland, möglich werden, umriss EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Donnerstag in Brüssel die Pläne. Mikrochips seien das Rückgrat der Wirtschaft, Europa müsse hier die eigenen Fähigkeiten erhöhen. „Wir müssen Pioniere werden“, sagte Vestager.
Deutschland kann dank grünem Licht aus Brüssel 31 Halbleiterprojekte in 11 Bundesländern mit Staatsgeld fördern. Das teilte das Bundeswirtschaftsministerium am Donnerstag in Berlin mit. Es gehe um Projekte in elf Bundesländern. „Insgesamt investieren deutsche Unternehmen mehr als zehn Milliarden Euro, unter anderem für innovative Produktionsanlagen, Fertigungsstätten und für die Entwicklung von Halbleiterchips. Dabei sollen sie mit insgesamt rund vier Milliarden Euro gefördert werden, wovon 70 Prozent durch den Bund und 30 Prozent durch die Länder bereitgestellt werden.“
Die EU-Kommission, die Wettbewerbsverzerrungen in Europa durch übermäßige Subventionen verhindern soll, hatte zuvor eine europaweite Initiative zur Förderung der Branche gebilligt. Insgesamt geht es dabei um rund 100 Projekte.
Minister sieht Meilenstein erreicht
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sprach von einem wichtigen industriepolitischen Meilenstein. Nun könne es zügig an die Umsetzung gehen. Die Projekte umfassen laut Ministerium die gesamte Wertschöpfungskette in der Chipbranche, unter anderem die Materialherstellung, das Chipdesign und die eigentliche Produktion von Halbleitern. Die EU will die Schlüsselbranche ausbauen und so den großen Abstand zu den USA sowie Asien verringern.
Im Rahmen des sogenannten „Important Projects of Common European Interest“ (IPCEI) werden nach EU-Angaben Beihilfen in Höhe von 8,1 Milliarden Euro genehmigt. Zusätzlich investierten private Unternehmen noch einmal bis zu 13,7 Milliarden Euro, so dass es sich um eine Gesamtinvestition von rund 21,8 Milliarden Euro handele. An dem Projekt beteiligen sich neben Deutschland 13 weitere EU-Staaten, darunter Frankreich, Österreich, die Niederlande und Spanien.
Zahlreiche der Projekte und Partner, die von dem Programm profitieren, sitzen in Deutschland. Die 31 Projekte in Deutschland sind mit den europaweit 68 Projekten, von denen die EU-Kommission spricht, nicht unmittelbar vergleichbar – so redet das Ministerium von rund 100 Projekten europaweit. Das liege an unterschiedlichen Zählweisen, erläuterte das Ministerium: Während die EU-Kommission Rechtseinheiten aufliste, zähle das Wirtschaftsministerium unterschiedliche Projekte von Firmen wie Bosch oder Infineon einzeln. Nach Zählweise der EU-Kommission komme man für Deutschland auf 23 Förderprojekte.
Viele Projekte in Bayern und Sachsen
Neben großen Unternehmen seien in Deutschland auch kleine und mittelständische Unternehmen, sowie Start-ups beteiligt. Viele Projekte gibt es nach einer Übersicht des Wirtschaftsministeriums in Bayern und Sachsen. Geförderte Unternehmen werden demnach unter anderem Infineon mit Standorten in Bayern, Sachsen und Nordrhein-Westfalen sein sowie Bosch mit Standorten in Baden-Württemberg und Dresden. Die Projekte reichen von der Materialherstellung über das Chipdesign bis zur Erstellung von neuen Produkten und Anwendungen.
Laut BMWK hat das Investitionsprogramm das Ziel, bei Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien vor allem dort aufzuholen, wo Europa zum Teil technologisch abhängig von Drittstaaten geworden ist. Die Förderung der Mikroelektronik solle dazu beitragen, dass in Deutschland moderne Chip-Fabriken entstehen und leistungsfähigere Komponenten entwickelt werden, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Man gehe davon aus, dass die geförderten deutschen Unternehmen zusätzlich private Investitionen in Forschung und Entwicklung, Produktionsanlagen und Gebäude im zweistelligen Milliardenbereich umsetzen werden. Gleichzeitig würden durch die nationalen Projekte mehr als 4000 direkte neue Arbeitsplätze geschaffen.
Es ist bereits die zweite große Mikroelektronik-Offensive der EU, die bereits 2018 ein ähnliches Programm genehmigt hatte. Damals hatten nach Angaben von EU-Kommissarin Vestager unter anderem eine Chip-Fabrik von Bosch in Dresden und Carl Zeiss in Baden-Württemberg profitiert. Die EU-Kommission muss wichtige nationale Förderprojekte genehmigen, damit es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den EU-Staaten kommt.