Frankreich: Macron ernennt neue Regierung – Mehr Konservative beteiligt – WELT
Zweieinhalb Monate nach der Parlamentswahl hat Frankreich eine neue Regierung. Zwar hatte das Land mehrheitlich links gewählt, bekommt nun aber eine stärker rechts geprägte Regierung als zuvor.
Elf Wochen nach dem Wahlsieg des linken Lagers bei den Neuwahlen in Frankreich hat Präsident Emmanuel Macron eine stärker rechtsgerichtete Regierung ernannt. Sechs Minister gehören dem konservativen Lager an, unter ihnen Innenminister Bruno Retailleau, bislang Fraktionschef der Republikaner im Senat.
Außenminister wird der bisherige Europaminister Jean-Noël Barrot. Der 41-Jährige ist ein Befürworter einer gemeinsamen Schuldenaufnahme in der EU. Der ihm beigeordnete Europaminister Benjamin Haddad ist künftig für die deutsch-französischen Beziehungen zuständig. Neuer Wirtschaftsminister wird der 33-jährige Antoine Armand, ein Vertrauter Macrons.
Das linke Lager, das bei der Wahl die relative Mehrheit erreicht hatte, ist nur mit einem einzigen Minister in der Regierung vertreten: Der frühere sozialistische Abgeordnete Didier Migaud, der zuletzt die Transparenzbehörde leitete, wurde zum Justizminister ernannt. Mehrere linke Politiker hatten Angebote des konservativen Premierministers Michel Barnier ausgeschlagen, weil sie dessen politische Linie ablehnen.
Verteidigungsminister Sébastien Lecornu und Kulturministerin Rachida Dati bleiben im Amt. Die ebenfalls zum konservativen Lager gehörende bisherige Arbeitsministerin Catherine Vautrin wird Ministerin für regionale Angelegenheiten.
„Eine reaktionäre Regierung, die der Demokratie den Stinkefinger zeigt“
Auffällig ist, dass keiner der potenziellen Präsidentschaftskandidaten an der Regierung beteiligt ist und mehrere politische Schwergewichte nicht mehr beteiligt sind. Dafür soll Barnier ausdrücklich gesorgt haben. Sowohl der bisherige Innenminister Gérald Darmanin als auch der bisherige Wirtschaftsminister Bruno Le Maire haben die Regierung verlassen. Der konservative Fraktionschef Laurent Wauquiez lehnte nach eigenen Angaben das Wirtschaftsministerium ab.
Die Opposition reagierte empört. Die neue Regierung sei „weit entfernt von dem Wunsch nach Veränderung“, den die Wähler zum Ausdruck gebracht hatten, sagte die rechtspopulistische Fraktionschefin Marine Le Pen. „Diese Aufstellung ist weder rechtmäßig, noch erfolgversprechend. Wir werden sie schnellstmöglich abschaffen“, sagte der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon. Der sozialistische Parteichef Olivier Faure meinte: „Eine reaktionäre Regierung, die der Demokratie den Stinkefinger zeigt.“
Das neue Kabinett soll am Montagnachmittag zu seiner ersten Sitzung zusammentreten. Es wird erwartet, dass Barnier am 1. Oktober seine Regierungserklärung in der Nationalversammlung abgibt. Die Regierung müsste bis diesem Datum eigentlich auch den Haushaltsentwurf für 2025 vorlegen, so dass er bis zum Jahresende debattiert und verabschiedet werden kann.
Barnier hatte in den vergangenen Tagen betont, dass er keine generelle Steuererhöhung plane. Er hat bereits erkennen lassen, dass er sich Themen wie der Einwanderung und inneren Sicherheit annehmen will, die üblicherweise von den Rechtspopulisten besetzt werden.
AFP/shem
Source: welt.de